# taz.de -- Fernsehbranche nach dem Brexit: Brücken fürs britische TV | |
> Der Austritt Großbritanniens mischt die europäische Fernsehwelt auf. | |
> Internationale Koproduktionen werden wohl von nun an komplizierter. | |
Bild: Große Unternehmen wie Dazn haben sich bereits Sendelizenzen in den EU-St… | |
Durch den [1][Austritt Großbritanniens] verlässt auch ein relevanter Teil | |
des TV-Marktes die Europäische Union. Das bedeutet vor allem für Werber: 14 | |
Prozent des europäischen Fernsehwerbemarktes, 11 Prozent ihrer | |
Pay-TV-Abonnenten und 23 Prozent ihrer SVoD-Abonnenten sind erst einmal | |
raus aus der EU. Außerdem produzierte das Vereinigte Königreich die meisten | |
High-End-[2][Serien] in Europa und ist mit Abstand der größte Exporteur von | |
EU-Serien: 61 Prozent der EU-Serientitel, 68 Prozent der Staffeln und 64 | |
Prozent der Folgen, die außerhalb der EU verfügbar sind, stammen aus dem | |
Vereinigten Königreich. Und rund die Hälfte aller Sender, die EU-weit | |
ausstrahlen, hatten bisher ihren Hauptsitz auf der Insel. | |
Aber worum geht es eigentlich für Medienunternehmen, wenn Großbritannien | |
nicht mehr Mitglied ist? Vor allem um die Sendelizenzen. Grundsätzlich | |
gilt: Wer eine Sendegenehmigung in einem EU-Land erhält, darf auch in allen | |
anderen EU-Ländern sein Angebot verbreiten. Die Anbieter, die eine Lizenz | |
der britischen Regulierungsbehörde [3][Ofcom] erhalten haben, benötigen nun | |
eine neue aus einem anderen EU-Staat, um ihre Produkte weiterhin in der | |
Europäischen Union zu anzubieten. Das haben große internationale | |
Unternehmen wie Dazn, Discovery oder Turner bereits am Standort Deutschland | |
gemacht. In Nordrhein-Westfalen hat sich etwa Pluto, ein Streamingdienst | |
von NBC Universal, um eine Zulassung bemüht. | |
Und vor Kurzem, im Dezember, hat das Prime-Video-on-Demand-Angebot von | |
Amazon seine Zulassung für die Europäische Union von der Bayerischen | |
Landeszentrale für neue Medien erhalten. „Für den Freistaat bedeutet die | |
Entscheidung eine weitere Stärkung des Medienstandorts“, sagt deren Chef | |
Siegfried Schneider. | |
Beliebt als neue Standorte waren vor allem Amsterdam sowie Luxemburg, wo | |
auch BBC World eine Lizenz erhalten hat. Es sei regelrecht zu einem Exodus | |
bedeutender Medienunternehmen in die benachbarten Staaten gekommen, sagt | |
[4][Tobias Schmid], Direktor der Landesanstalt für Medien NRW. „Das war | |
aber eigentlich kein großer Aufwand, man muss letztlich nur einige | |
Managementfunktionen umsetzen, denn das europäische Medienrecht ist ja | |
weitgehend harmonisiert.“ | |
## Förderung könnte abnehmen | |
Komplizierter sieht es allerdings bei der internationalen Zusammenarbeit | |
aus, wenn es um die Produktion von Inhalten geht. Das bestätigt | |
beispielsweise Benjamin Benedict, der Geschäftsführer von UFA Fiction. UFA | |
Fiction produziert etwa die [5][Charlotte-Link]-Reihe in England. Die | |
Auswirkungen ließen sich zwar zurzeit noch nicht absehen: „Aber es wird | |
sicherlich Veränderungen im Fördersystem geben. Ob der Filmförderungsfonds | |
des Europarates, Eurimages, nach wie vor Koproduktionen zwischen | |
Großbritannien und Deutschland fördert, ist derzeit noch nicht bekannt. In | |
den Regularien der Filmförderungen gibt es auch noch keine eindeutigen | |
Richtlinien.“ | |
Das EU-Förderprogramm Creative Europe zum Beispiel hat seit seiner | |
Einführung im Jahr 2014 bis 2018 hunderte in Großbritannien ansässige | |
Kultur- und Kreativorganisationen sowie audiovisuelle Unternehmen mit fast | |
90 Millionen Euro unterstützt und 190 britische Filme in andere europäische | |
Länder vertrieben. | |
Ab April 2021 soll es einen neuen Global Screen Fund geben, um die | |
unabhängige britische Filmbranche im Wettbewerb auf dem internationalen | |
Markt zu unterstützen. Dafür werden im ersten Pilotjahr 7 Millionen | |
britische Pfund bereitgestellt – deutlich weniger Mittel als bislang. | |
Tobias Schmid in NRW mutmaßt, dass aufgrund der wegfallenden | |
EU-Förderungen, die britische Regierung landeseigene Produktionen stärker | |
unterstützt und es zu einem Marktdumping kommen könnte. „Es gibt ja sowieso | |
eine große Präsenz englischsprachiger Produktionen, das könnte dann noch | |
stärker ein Problem werden“, schätzt er. Trotzdem ist er sich sicher, dass | |
in einem globalisierten Medienbusiness der Brexit vor allem für das | |
Vereinigte Königreich selbst negative Folgen hat: „Angesichts einer | |
globalisierten Medienbranchemarktes und der Stärke des EU-Binnenmarktes | |
werden vermutlich immer mehr Unternehmen aus Großbritannien abwandern.“ | |
5 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Wilfried Urbe | |
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