# taz.de -- Anbindung des Flughafens BER: Gericht beanstandet Taxi-Regelung | |
> Nur wenige Berliner Taxis dürfen am BER Gäste abholen. Doch die | |
> entsprechende Regelung ist fehlerhaft, sagt ein Gericht. Und was heißt | |
> das jetzt? | |
Bild: Eigentlich wollen alle Berliner Taxis hier starten und laden: Protest im … | |
BERLIN taz | Das Verhältnis zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg ist | |
bisweilen kompliziert, man kennt das vom Mit- oder Gegeneinander zwischen | |
Geschwistern. Der Flughafen BER ist dafür ein gutes Beispiel, selbst nach | |
seiner [1][unspektakulären Inbetriebnahme Ende Oktober]. Etwa, was die | |
Taxen angeht. Während Tegel ein gutes Geschäft für die Berliner | |
Taxifahrer*innen war, gilt das für den Airport im märkischen Sand nur noch | |
bedingt. Denn offiziell heißt es: Taxen dürfen nur in jener Gemeinde | |
bereitgehalten werden, in der das Taxiunternehmen seinen Sitz hat. Das | |
sieht das Personenbeförderungsgesetz so vor. | |
Damit nun nicht alle Berliner Taxen leer aus Schönefeld zurückfahren | |
müssen, hatte die Berliner Senatsverwaltung für Verkehr schon vor der | |
BER-Eröffung mit dem Landkreis Dahme-Spreewald eine Vereinbarung getroffen, | |
wonach bis zu 550 Taxen aus Berlin am BER Gäste aufnehmen dürfen. Derzeit | |
sind es wegen der Pandemie nur 300. Die Verhandlungen zwischen Verwaltung | |
und Landkreis werden im Nachhinein allgemein als intensiv bezeichnet; die | |
übliche Umschreibung dafür, dass eine Lösung nur sehr schwer zu finden war. | |
Am Montagnachmittag verkündete nun das Berliner Verwaltungsgericht seine | |
Eilentscheidung, dass das „Verfahren zur Zulassung gemeindefremder Taxen am | |
Flughafen BER fehlerhaft“ war (VG 11 L 384/20). Und die Reaktionen aus der | |
Politik ließen nicht lange auf sich warten. | |
„Die Aufhebung der Vorfahrt für Berliner Taxis am BER ist ein Desaster, das | |
Grünen-Verkehrssenatorin Günther verbockt hat“, kritisierte Oliver | |
Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Und auch der | |
Koalitionspartner SPD schlug zu: „Ich erwarte von der zuständigen | |
Verwaltung eine zeitnahe und rechtssichere Neuregelung des | |
Zulassungsverfahrens!“, twitterte Tino Schopf, der verkehrspolitische | |
Sprecher der Fraktion. Auch er wollte damit wohl die grüne | |
Verkehrssenatorin Regine Günther angesprochen wissen. | |
## Sonderregelungen im Prinzip weiter möglich | |
Doch was ist nun eigentlich Sache? Dürfen Berliner Taxis nicht mehr vom BER | |
aus starten? Handelt es sich um ein umweltpolitisches Desaster? Es ist | |
kompliziert. | |
Prinzipiell seien solche Sonderregelungen auch nach der | |
Gerichtsentscheidung möglich, darauf verwies die Verkehrsverwaltung in | |
einer Stellungnahme. Überhaupt sei die mit dem Brandenburger Landkreis | |
geschlossene Vereinbarung zum Laderecht von Berliner Taxen vom Gericht gar | |
nicht beanstandet worden. Und nach Auffassung der Verkehrsverwaltung sind | |
jene den Berliner Taxiunternehmen bereits erteilten Laderechte zwar | |
rechtswidrig, jedoch nicht nichtig. Die gute Nachricht für die | |
([2][zugegebenermaßen wenigen]) Berliner Fluggäste lautet also, so Dorothee | |
Winden, Sprecherin der Verkehrsverwaltung, auf Anfrage der taz: „Die Taxen | |
fahren weiterhin.“ | |
Zuständig sei zudem das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten | |
(Labo), das auch alle Lizenzen für Taxis vergebe, und nicht nur der | |
Verkehrs-, sondern auch der Innenverwaltung unterstehe. Und schließlich | |
handle es sich bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bisher | |
lediglich um eine Eilentscheidung. „Das Labo wird prüfen, ob es | |
Rechtsmittel gegen den Beschluss einlegen wird“ beim | |
Oberverwaltungsgericht, kündigte Günthers Verwaltung an. Man werde dem Labo | |
dabei „beratend zur Seite stehen“. | |
Also alles nur ein sprichwörtlicher Sturm im Wasserglas zwischen den | |
Jahren, der einige Politiker aus der trägen Weihnachtsmüdigkeit geweckt | |
hat? Nicht ganz. Laut dem Verwaltungsgericht sind die Grundlagen für das | |
vom Labo organisierte Interessenbekundungsverfahren „aufgrund | |
schwerwiegender und offensichtlicher Fehler nichtig“, das angewandte | |
Losverfahren rechtswidrig. Das Landesamt müsse „das gesamte | |
Zulassungsverfahren neu regeln“. Laut der Verkehrsverwaltung werde das Labo | |
deshalb nun „in jedem einzelnen Fall prüfen, ob die Zuteilung | |
zurückzunehmen ist“. | |
## Kein Anspruch auf Laderecht | |
Es gibt noch eine weitere Merkwürdigkeit in dem Verfahren: Der Kläger, ein | |
Taxiunternehmer aus Berlin, hatte sich an diesem Verfahren des Labo gar | |
nicht beteiligt; das Verwaltungsgericht wies auch seinen Antrag zurück – um | |
im gleichen Zug die Chance zu nutzen, das gesamte Verfahren zu kassieren. | |
Vor diesem Hintergrund wies die Verkehrsverwaltung darauf hin, dass „weder | |
der Antragsteller, noch andere Taxiunternehmen einen unmittelbaren Anspruch | |
auf die Gewährung von Laderechten am BER“ haben. Immerhin gibt es rund | |
7.000 lizensierte Taxen in Berlin. Erst zur Eröffung hatten viele | |
Taxifahrer*innen dafür demonstiert, eine generelle Ladeerlaubnis zu | |
bekommen. | |
Hinweisen sollte man aber noch auf eine ganz andere Entscheidung des | |
Verwaltungsgerichts, von der ebenfalls Verkehrssenatorin Günther betroffen | |
war. Anfang September entschied es, dass ein Großteil der in der Pandemie | |
angelegten PopUp-Radwege nicht zulässig seien, weil ihr Bau nicht | |
ausreichend begründet worden sei. Einen Monat später kassierte die | |
[3][nächste Instanz] diese Entscheidung. | |
29 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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