| # taz.de -- Betrug bei Coronasoforthilfen: Tausende Euro an fiktive Firmen | |
| > Mit schnellen Hilfszahlungen wollte die Bundesregierung Firmen | |
| > unterstützen. Offenbar wurden hierbei auch unrechtmäßig Beiträge | |
| > ausgezahlt. | |
| Bild: Coronasoforthilfe-Anträge wurden vom Angeklagten in meheren Bundeslände… | |
| München taz | Die unterschiedlichen [1][Coronahilfen] ziehen offenbar auch | |
| viele Kriminelle an. In München hat am Montag vor dem Landgericht der | |
| Prozess gegen einen Mann begonnen, der in einem bislang einzigartig großen | |
| Ausmaß versucht haben soll, Corona-Soforthilfe zu beantragen und | |
| einzustreichen. | |
| Dem 31 Jahre alten T. Y. wirft die Staatsanwaltschaft vor, 91-mal zu | |
| Unrecht Geld beantragt zu haben, angeklagt ist er wegen Subventionsbetrugs. | |
| Für die Anträge habe er die Namen teils von existierenden und teils von | |
| fiktiven Firmen verwendet. In München etwa habe er für eine „Backparadies | |
| GmbH“ 49.000 Euro und für eine „Antriebsysteme GmbH“ 35.000 Euro bekomme… | |
| In Berlin wiederum sollte eine „Manufaktur GmbH“ zweimal je knapp 15.000 | |
| Euro bekommen. Insgesamt wollte der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft so | |
| rund 2,5 Millionen Euro eintreiben. | |
| Die Betrugsmasche in großem Stil sei von dem gebürtigen Gelsenkirchener | |
| akribisch ausgetüftelt worden. Die Anträge habe er in den Bundesländern | |
| Bayern (23 Fälle), Nordrhein-Westfalen (32), Baden-Württemberg (2), | |
| Saarland (4), Hessen (6) sowie Berlin (24) gestellt, und zwar ziemlich | |
| schnell: Der erste Antrag sei in NRW am 29. März gestellt worden, der | |
| letzte in Berlin am 14. April. Allein in München habe Y. laut | |
| Ermittlungsergebnissen an einem einzigen Tag, dem 5. April, die | |
| Corona-Soforthilfe für 21 Firmen beantragt. | |
| Dafür habe er unterschiedliche Identitäten verwendet, er soll eine Vielzahl | |
| an Kopien von Personalausweisen und Reisepässen von unterschiedlichen | |
| Personen besessen haben. Das Geld sollte auf das Konto des Angeklagten bei | |
| der Sparkasse Dortmund eingezahlt werden. In drei Fällen sei er damit auch | |
| erfolgreich gewesen, sodass knapp 68.000 Euro auf seinem Konto eingingen. | |
| Die Bank wurde stutzig und meldete die Vorgänge den Ermittlern. | |
| ## Betrugsversuche aus dem Gefängnis | |
| Auch habe Y., dessen letzter Wohnsitz in London war, detailliert geplant, | |
| wie er die erhofften 2,5 Millionen Euro waschen wollte: Von der Dortmunder | |
| Bank aus habe er schon 36.500 Euro auf ein ausländisches Konto der | |
| Kryptowährungsbörse LiteBit weitergeleitet, dort wiederum in | |
| unterschiedliche Kryptowährungen getauscht. In mindestens zehn weiteren | |
| Fällen habe der Angeklagte schon Bewilligungsbescheide erhalten, weitere | |
| Auszahlungen standen unmittelbar bevor. | |
| Nachdem die mutmaßlichen massiven Betrugsabsichten aufgeflogen waren, | |
| landete Y. am 15. Mai 2020 in Untersuchungshaft in München-Stadelheim, wo | |
| er bis jetzt einsitzt. Selbst von dort aus soll er laut Anklage versucht | |
| haben, auf kriminelle Weise weiter an Geld zu kommen: Er wollte fiktive | |
| Mahnbescheide über Summen von 250.000 bis 1,7 Millionen Euro verschicken – | |
| ausgerechnet an seinen Pflichtverteidiger, den zuständigen Staatsanwalt und | |
| die damals ermittelnden Kripobeamten. Die Briefe wurden vom JVA-Personal | |
| abgefangen, der Verteidiger ist nun ausgewechselt. | |
| Die [2][Coronapandemie] bietet Kriminellen so ein weiteres Betätigungsfeld. | |
| Künftig werden sich die Gerichte häufiger mit Betrug bei Corona-Hilfs- und | |
| Unterstützungszahlungen beschäftigen müssen. Laut Bundeskriminalamt nutzen | |
| Kriminelle die Notlage aus, „um sich finanziell zu bereichern“. Bundesweite | |
| Zahlen gibt es derzeit nicht. Für Bayern berichtet das Landeskriminalamt | |
| von 1.400 Verdachtsfällen und das Justizministerium von knapp 850 | |
| Ermittlungsverfahren. | |
| Bis Mai 2020 hatte man die Soforthilfen beantragen können. Sie wurden dann | |
| eingestellt und durch die bundesweiten Überbrückungshilfen ersetzt. | |
| 11 Jan 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Soforthilfen-in-der-Coronakrise/!5726711 | |
| [2] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746 | |
| ## AUTOREN | |
| Patrick Guyton | |
| ## TAGS | |
| Betrug | |
| Wirtschaftskrise | |
| Finanzpolitik | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Michael Müller | |
| Freiberufler | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Urteil in Betrugsprozess: Haft für dreisten Coronabetrug | |
| Der Plan mutet stümperhaft an. Ein 31-Jähriger beantragte bundesweit Hilfen | |
| für 91 Firmen – doch das ganze Geld sollte auf sein Konto fließen. | |
| Senat diskutiert neue Corona-Beschlüsse: Selbst für den Senator zu schwierig | |
| Kultursenator Lederer (Linke) durchschaut Regeln zu | |
| Corona-Wirtschaftshilfen nicht. Regierungschef Müller (SPD) appelliert, | |
| Kinder selbst zu betreuen. | |
| Freiberufler in der Coronakrise: Langsam geht’s an die Substanz | |
| Das Jahr über haben wir sechs Soloselbstständige befragt, wie sie die | |
| Coronakrise überstehen. Eine Bestandsaufnahme im trüben November. | |
| Coronahilfe der Bundesregierung: Zuschüsschen für Selbstständige | |
| Mit der „Neustarthilfe“ will der Bund Soloselbstständigen zum ersten Mal | |
| seit Beginn der Coronakrise helfen. Betroffene sagen, das reicht nicht. |