# taz.de -- Von der Demo in die Zelle: Gewahrsam war nicht rechtens | |
> Demonstranten gegen einen AfD-Parteitag in Braunschweig wurden zu Unrecht | |
> festgesetzt. Das Gericht hat jetzt seine eigene Entscheidung korrigiert. | |
Bild: Vier Demonstranten gegen den AfD-Parteitag in Braunschweig wurden in Gewa… | |
GÖTTINGEN taz | Am 12. September 2020 [1][demonstrierten in Braunschweig | |
Hunderte gegen einen Landesparteitag der niedersächsischen AfD]. | |
Vielfältige Blockaden verzögerten den Beginn der Veranstaltung in der | |
Braunschweiger Millenium-Halle, AfD-Delegierte kamen zu spät. | |
Vier Nazigegner aus Braunschweig, Goslar und Wanzleben waren bereits am | |
frühen Morgen auf den Beinen. Gegen acht Uhr versuchten sie, in der Nähe | |
einer Kleingartenkolonie zu einem Kundgebungsplatz zu gelangen. Die dort | |
postierten Polizisten besprühten die Demonstranten mit Reizgas, rangen sie | |
zu Boden und verbrachten sie anschließend in Gewahrsam. | |
Nach Vorführung bei einem Braunschweiger Amtsrichter wurde in allen Fällen | |
ohne Einzelfallprüfung Gewahrsam bis 18 Uhr angeordnet. Doch diese | |
freiheitsentziehenden Maßnahmen waren von Anfang an rechtswidrig, wie aus | |
in dieser Woche veröffentlichten Beschlüssen des [2][Amtsgerichts | |
Braunschweig] hervorgeht. | |
Nach Auffassung der mit der Beschwerde betrauten Kammer war dem | |
Polizeibericht kein individuelles Verhalten der Betroffenen zu entnehmen, | |
das eine Freiheitsentziehung hätte begründen können. Die von der Polizei | |
behaupteten Straftaten, nämlich Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und | |
schwerer Landfriedensbruch, würden konkret nicht benannt. Der Versuch, auf | |
eine bestimmte Straße zu gelangen, sei mit Blick auf den hohen Rang der | |
Freiheit der Person nicht ausreichend, um mehrstündigen Freiheitsentzug zu | |
begründen. | |
## Anwalt pocht auf Schmerzensgeld | |
Das Amtsgericht Braunschweig habe am fraglichen Tag selbst als | |
Kontrollinstanz für polizeiliche Freiheitsentziehungen versagt, ärgert | |
sich der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der die vier Nazigegner | |
vertritt. Diese seien verletzt, zu Unrecht festgesetzt und rechtswidrig | |
eingesperrt worden. | |
Immerhin sei es erfreulich, dass dieser Fehler durch das Gericht selbst | |
nachträglich korrigiert worden sei. Gegenüber der Polizei will Adam für die | |
vier Betroffenen nun jeweils Schmerzensgeld erstreiten. | |
8 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /AfD-Landesparteitag-in-Braunschweig/!5709535 | |
[2] https://www.amtsgericht-braunschweig.niedersachsen.de/startseite/ | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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