# taz.de -- Berlins Linke nominiert Klaus Lederer: Ein Roter fürs Rote Rathaus | |
> Die Linke stellt Klaus Lederer als Spitzenkandidaten für das Amt des | |
> Regierenden Bürgermeisters auf. Ihm gehe es nicht darum, „auf Platz zu | |
> spielen“. | |
Bild: Klaus Lederer, Spitzenkandidat der Linken zur Abgeordnetenhauswahl 2021 | |
Berlin taz | Für den rot-rot-grünen Dreikampf um die Spitzenposition bei | |
der Wahl zum Abgeordnetenhaus im September liegen nun alle Karten auf dem | |
Tisch. Nachdem sich SPD und Grüne mit [1][Franziska Giffey] und [2][Bettina | |
Jarasch] bereits auf ihre Spitzen- und damit Bürgermeisterkandidatinnen | |
festgelegt hatten, zog am Dienstagabend die Berliner Linke nach. Wenig | |
überraschend nominierte der Landesvorstand den aktuellen Kultur- und | |
Europasenator [3][Klaus Lederer]. Die Entscheidung sei „in großer | |
Einhelligkeit“ gefallen, sagte die Landesvorsitzende Katina Schubert bei | |
einer Pressekonferenz am Mittwochmorgen in der Parteizentrale am | |
Rosa-Luxemburg-Platz. | |
Dass die Auseinandersetzung der Parteien untereinander jetzt noch kein | |
bestimmendes Thema ist, machte Lederer in seinem Statement gleich zu Beginn | |
klar. „Die Pandemiebekämpfung beschäftigt Berlin, nicht der Wahlkampf“, | |
sagte er. Und damit dürfte er recht haben: Ein Dreivierteljahr Arbeit | |
wartet noch auf Senat und Abgeordnetenhaus; und die Baustellen, die sich | |
aus der aktuellen Krise ergeben, sind kaum zu überschauen. Auch wenn viele | |
Medien auf das Spektakel der politischen Konfrontation warten: Rot-Rot-Grün | |
ist gut beraten, sich über Sachfragen zu verständigen, statt sich jetzt | |
schon möglichst schrill voneinander abzugrenzen. | |
Der wie immer ganz in schwarz gekleidete Lederer ist dafür der richtige | |
Mann: ein Homo politicus, einer, der die intellektuelle, sachliche | |
Auseinandersetzung mehr schätzt als großes Zampanogehabe und populistische | |
Phrasen. In einer immer mehr an persönlicher Performance orientierten | |
Gesellschaft erklärt das nicht, warum Lederer zu den beliebtesten | |
Politikern der Stadt zählt. | |
Dafür entscheidender ist sein Vermögen, auch harte Forderungen – wie etwa | |
die nach Enteignungen – zu formulieren, ohne dabei als Radikalinski | |
wahrgenommen zu werden. Und er ist nahbar: Mit Lederer am Tresen sitzen | |
(wenn das denn wieder möglich sein wird) dürfte vergnüglicher sein als etwa | |
mit Franziska Giffey. Auch weil Lederer, obwohl er mit 46 Jahren vier Jahre | |
älter ist als seine Konkurrentin, deutlich agiler daherkommt. | |
## Ausbaufähige Umfrageergebnisse | |
Seine Partei, im Bundestrend bei mageren 8 Prozent, liegt auch in Berlin | |
derzeit hinter ihren Möglichkeiten. Mit 15 und 16 Prozent bei den letzten | |
Meinungsumfragen ist sie ein gutes Stück von CDU und Grünen entfernt, die | |
stabil auf jeweils über 20 Prozent kommen. Ob Lederer, der sagt: „Ich gehe | |
nicht in die Auseinandersetzung, um auf Platz zu spielen“, das wettmachen | |
kann, hängt nicht zuletzt an der bundespolitischen Stimmung und der | |
Verfassungsgerichtsentscheidung über den Mietendeckel. | |
Lederer wird es also mit politischer Überzeugungsarbeit versuchen müssen, | |
und zumindest die Skizze seines Wahlprogramms trug er am Mittwoch vor, so | |
schnell gesprochen, wie es in Berlin nur er kann, womöglich auch Ausdruck | |
des Stresses, dem er und die politische Klasse in diesen Coronazeiten | |
ausgesetzt sind. Zentral dabei ist für ihn die Stärkung des „öffentlichen | |
Gemeinwesens“, von „Schulen und Kitas, Polizei und Feuerwehr, Gesundheits- | |
und Jugendämtern“. | |
Trotz der finanziellen Belastungen infolge der Pandemie dürfe Berlin nicht | |
noch einmal an der Infrastruktur sparen. Stattdessen gelte es, zu | |
investieren, in den sozialökologischen Umbau, mehr Krankenhauspersonal | |
oder die Unterstützung der Kulturlandschaft – summa summarum: „Eine Stadt, | |
in der niemand zurückgelassen wird.“ | |
## Entscheidende Frage: Mieten | |
Weiterhin entscheidend bleibe die Frage von Mieten und Wohnen. „Der | |
Ausverkauf der Stadt ist noch nicht vorbei“, sagte Lederer und verwies | |
darauf, dass das Versprechen der Linken im letzten Wahlkampf, „Die Stadt | |
gehört euch“, nicht in fünf Jahren einzulösen sei. Zur anstehenden | |
Gerichtsentscheidung über den Mietendeckel sagte er: „Wir wussten, dass wir | |
ins Risiko gehen.“ Kein Wort darüber, wie groß das Risiko für ihn | |
persönlich ist. Ein Schlappe in Karlsruhe dürfte die Hoffnungen auf einen | |
Wahlsieg der Linken minimieren. Da hilft auch Lederers Nachsatz nicht, dass | |
man sich dann „etwas Neues einfallen“ lassen müsse. | |
Für die Linke ist die Fortsetzung einer Koalition mit SPD und Grünen, egal | |
in welcher Reihenfolge, die einzige Machtoption. Beide versuchten jedoch, | |
„sich alle Optionen offenzuhalten“. Insbesondere Aussagen von Giffey – | |
womöglich ihre ablehnende Position zum Mietendeckel – hätten ihn irritiert. | |
„Die SPD muss klären, ob sie zurück in die 1990er Jahre will oder in | |
Richtung 2021/22“, sagte er. Teuren Wunschprojekten wie einem Ausbau des | |
U-Bahn-Netzes erteilte er eine Absage, ebenso Maximalforderungen wie der | |
nach einer autofreien Stadt – ohne die Voraussetzung eines Ausbaus des | |
öffentlichen Nahverkehrs, der die Mobilität aller ermöglicht. | |
Trotz alledem steht aber erst mal die Bewältigung der Krise auf Lederers | |
Plan. Vermutlich schon nächsten Dienstag werde der Senat „härtere | |
Maßnahmen“ zur Bekämpfung der Pandemie beschließen. | |
9 Dec 2020 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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