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# taz.de -- Wien-Tatort „Unten“ im Ersten: Da, wo die Geschichten sind
> Wie aus einem vermeintlich durchsichtigen Plot dann doch ein spannender
> Sozialkrimi wird. Team Wien mal wieder in Topform.
Bild: Eisner (Harald Krassnitzer), Fellner (Adele Neuhauser) und Stadtstreicher…
Wieder was gelernt, wie so oft im ORF-„Tatort“ aus Wien. „Sandler“ nennt
man dort also die Menschen, die aus ihren Wohnungen fliegen und auf der
Straße landen. Um solche Schicksale dreht sich der neue Fall von [1][Bibi
Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer)], der
Krimi trägt den bezeichnenden Titel „Unten“. Das ist anfangs wörtlich,
später immer mehr im übertragenen Sinn zu nehmen.
Auf einem stillgelegten Industriegelände wird ein toter Mann gefunden,
ein Wohnungsloser, er ist offensichtlich zu Tode gestürzt. Ein junges Paar
hat die Polizei gerufen, die beiden leben auch auf der Straße und kannten
den Toten gut. Alles sieht nach einem Streit mit Todesfolge aus, es ging
wahrscheinlich um Geld oder Alkohol, ganz typisch in dem Milieu, ist sich
Moritz sicher und will den Fall schnell zu den Akten legen.
Aber Bibi guckt mal wieder so komisch.
Und es dauert auch nur eine kleine Weile, bis sie es zugibt: Es handelt
sich bei dem Toten um einen früheren Informanten. Der Mann hatte mit der
Zeit immer mehr getrunken und angefangen, Geschichten zu erfinden. Bibi
hatte noch vor einer Woche Kontakt mit ihm.
## Auf Abstand gedreht
Langsam tritt die Lebensgeschichte des Toten zutage. Und damit verschiedene
Auseinandersetzungen – sprich: Motive. Eifersucht, eine
Lebensversicherungspolice und auch Drogen. Die Auflösung ist dann etwas
hanebüchen, auch wenn sie im Bereich des Möglichen liegt. Die Rede ist
dabei ständig von Verschwörungstheorien. Das wirkt etwas aufgesetzt in
diesen an [2][Verschwörungsmythen] reichen Zeiten. Nur so viel sei
verraten: Zwanzig Wohnungslose werden vermisst.
Auch das wird anfangs abgetan. So von wegen: Es verschwindet ja immer mal
einer von denen …
„Unten“ erzählt gleich mehrere traurige Geschichten. Und schafft es, aus
einem vermeintlich durchsichtigen Plot einen spannenden Sozialkrimi zu
weben. Am Ende wird das ganz große Besteck aufgefahren – wiederum im
wörtlichen wie im übertragenen Sinn.
Ach so: Mit dem Dreh war schon im Frühjahr begonnen worden, dann kam der
erste harte Lockdown, auch in Wien. Im Sommer weitergedreht, spielten die
neue Szenen meist im Freien. Doch das fällt nicht weiter auf; nicht einmal,
dass alle Beteiligten auf Abstand gehen. Man hat sich halt schon dran
gewöhnt. Nur die alten Szenen, wo Menschen ganz nah beieinander sind,
wirken schon jetzt wie aus der Zeit gefallen.
20 Dec 2020
## LINKS
[1] /Tatort-aus-Wien/!5719872
[2] /Expertin-ueber-Verschwoerungsmythen/!5726760
## AUTOREN
Andreas Hergeth
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