| # taz.de -- Historienkrimi „Die Taschendiebin“ auf 3sat: Stolz und Fehlurte… | |
| > Mit „Die Taschendiebin“ hat Chan-wook Park einen historischen Krimi | |
| > inszeniert. Er ist voller Täuschungen und erotischer Verwirrspiele. | |
| Bild: Der falsche Graf Fujiwara (Ha Jung-woo) versucht Lady Hideko (Kim Min-hee… | |
| Die übliche Kritikerroutine, drei Viertel Inhaltsnacherzählung, ein | |
| bisschen Schauspielerlob plus eine Schippe moralischer Überlegenheit, lässt | |
| sich auf den Film „Die Taschendiebin“ nicht anwenden. Zumindest, wenn man | |
| es gut meint mit der Leserschaft. | |
| Es wäre unfair, allzu viel von der Handlung zu verraten, denn die hält eine | |
| Fülle an unabsehbaren Wendungen bereit. Der literarischen Vorlage | |
| „Fingersmith“ der walisischen Schriftstellerin Sarah Waters folgend, teilen | |
| Regisseur Chan-wook Park und Drehbuchautorin Seo-kyeong Jeong, die das | |
| Geschehen aus dem viktorianischen Britannien in das japanisch besetzte | |
| Korea der 1930er verlegen, die Geschichte in drei Kapitel. | |
| Die zierliche Sook-he (Kim Tae-ri) ist in kriminellem Umfeld aufgewachsen. | |
| Ihre Ziehmutter raubt Babys und verkauft sie. Der falsche Graf Fujiwara (Ha | |
| Jung-woo) borgt Sook-he aus, um sie als Zofe in den Haushalt des reichen | |
| Kouzuki (Cho Jin-woong) einzuschleusen. Der perfide Hochstapler plant, | |
| Kouzukis Nichte Hideko zu verführen, zu heiraten, ihr üppiges Erbe zu | |
| kassieren, sich ihrer dann zu entledigen. Sook-he soll ihm als Komplizin in | |
| die Hände spielen. | |
| Wir lernen Sook-he als schüchternes Persönchen kennen, das allerdings, es | |
| bleibt nicht lange verborgen, über einen ziemlich unflätigen Wortschatz | |
| verfügt. Ihre neue Herrin Hideko (Kim Min-hee) hat das Grundstück noch nie | |
| verlassen, erscheint weltfremd und labil. In Sook-he findet sie eine | |
| hingebungsvolle Dienerin. | |
| Erotische Wallungen | |
| Eine feinfühlig eingerichtete Szene sei vorweggenommen: Hideko klagt über | |
| einen schrundigen Zahn, der beim Kauen ihr Zahnfleisch verletzt. Sook-he | |
| rückt dem Übel mit einem Fingerhut zu Leibe. So sanft und liebevoll, dass | |
| der dentale Eingriff erotische Wallungen auslöst. Eine lesbische | |
| Liebesgeschichte also? Am Ende gar aus Männerwarte für männliche Augen in | |
| Szene gesetzt? | |
| Sagen wir mal so: Die preisgekrönte Sarah Waters schreibt Romane mit | |
| lesbischen Heldinnen und hat sich im Rahmen ihrer Dissertation mit | |
| viktorianischer Pornografie befasst. Ein Motiv, das Chan-wook Park klug | |
| variiert, so wie seine eigenen angestammten Sujets „Rache“ und „Freitod�… | |
| Sarah Waters billigte diese Bearbeitung. | |
| Keinesfalls sollte man den Film anhand des ersten Teils beurteilen. Denn | |
| hier wird allseits gefälscht und getäuscht, dass sich die Buchregale | |
| biegen. | |
| Ein Tipp: Die britische BBC hat „Fingersmith“ 2005 als Dreiteiler verfilmt. | |
| Abrufbar bei Amazon und iTunes. | |
| 2 Jan 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Harald Keller | |
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