| # taz.de -- „Tatort“ aus Österreich: Maulen, granteln, pumpen | |
| > Die „Tatort“-Saison startet mit einem wunderbar schlecht gelaunten Krimi. | |
| > Am Anfang und am Ende eine Leiche, dazwischen entspannte Wurschtigkeit. | |
| Bild: Die gucken schon so skeptisch: Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz … | |
| Es gibt irre viele Studien, die untersuchen, ob und wie und wie umfänglich | |
| Filme und Serien seelenreinigend wirken. Sich Brutalitäten reinziehen, | |
| mit-lachen, mit-heulen, all das, so die Hypothese, sei die reinste | |
| Katharsis. Fein. | |
| Aber bittschön, keiner hat offenbar bislang gemerkt, wie großartig heilsam | |
| es ist, sich das Granteln und Grummeln und Rumpeln und Muffeln des | |
| Österreicher „Tatort“-Teams reinzuziehen. Dieser erste frische | |
| Sonntagabendkrimi nach der Sommerpause – „Pumpen“, klingt schon super | |
| schlecht gelaunt – beginnt und endet mit einer Leiche, allein Letzteres ist | |
| übrigens schon ein großartiger Kniff. | |
| Zunächst einmal macht sich das Wiener Ermittlungsduo Bibi Fellner (Adele | |
| Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) auf herauszufinden, wieso | |
| da einer so halb vom Zug überfahren wurde, der offenbar kein Selbstmörder | |
| war. „Gehma heut noch was essen“, sagt Eisner eher, als dass er fragt. | |
| Fellner, stilles Nicken, „Ich hab heut eh nix mehr vor.“ | |
| Drumherum entspinnt sich eine Story, die teils nach Drogenumschlag im | |
| Fitnessstudio aussieht, wo der Tote täglich trainierte, teils nach groß | |
| angelegtem Sozialbetrug, auch das aus jenem Fitnessstudio heraus, einer der | |
| Kollegen wird beim Undercoverermitteln in der Umkleide krankenhausreif | |
| geprügelt und dann taucht dort auch noch ein Ex-Polizist auf, alter Spezi | |
| vom Eisner. | |
| Leider bleibt das „Fitnessstudio“ nur Staffage, inhaltlich ins Zentrum | |
| gestellt hat man es dann doch nicht (Drehbuch: Robert Buchschwenter, Karin | |
| Lomot; Regisseur: Andreas Kopriva; auch beim aktuellen ORF-Serienhit | |
| „Walking on Sunshine“, spielt in einer Wetterredaktion, ich weiß schon, ich | |
| schweife ab). | |
| Aber so machen Fellner und Eisner halt erst mal weiter. Und überwachen – | |
| selbst nachts und maulend, muss ja. Überhaupt ist diese Folge ein super | |
| Beispiel dafür, wie unaufgeregt Teamarbeit in TV-Krimis dargestellt werden | |
| kann. | |
| Das selbstverständliche Granteln der beiden ist erholsam, nirgendwo | |
| aufgesetzter Schnickschnack. Nicht mal um die Büroarbeit im | |
| Ermittlungsprozess wird Gewese gemacht – man denke an die technisch | |
| hochgejazzten interaktiven Popanz-Schreib-Projektions-Dingsbums-Wände in | |
| anderen Krimis. Fellner und Eisner reicht ein oller Stadtplan, ausgefaltet | |
| auf einem Tisch. Einem Tisch, der viel zu klein ist, der Papierwust hängt | |
| hinten und vorne über. Dazu ein Edding. Fertig. Durch und durch entspannte | |
| Wurschtigkeit. Wer braucht schon Sonne zum Erholen. | |
| 6 Sep 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Anne Haeming | |
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