| # taz.de -- Wahl in Zentralafrikanischer Republik: Donnergrollen vor der Haupts… | |
| > Kämpfe gefährden die Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik. Milizen | |
| > drohen, weil Exdiktator Bozizé von der Wahl ausgeschlossen ist. | |
| Bild: Im Hintergrund: Präsident Touadéra. Vorne: zwei Leibwächter aus Ruanda… | |
| Bangui taz | Marie Ngaba kann die Toten nicht mehr zählen. „Ich weiß nicht | |
| mehr, wie viele Angehörige ich verloren habe“, sagt die 34-jährige Frau in | |
| Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik. Sie floh mit drei | |
| Kindern aus der Kleinstadt Obo im Osten des Landes, als sich dort Milizen | |
| bekämpften. „Hier in Bangui gibt es mehr Friedenstruppen, hier ist es | |
| sicherer“, sagt sie. | |
| Nun wünscht sie sich eine Wiederwahl des Präsidenten [1][Faustin-Archange | |
| Touadéra], der eine zweite Amtszeit anstrebt. „Der Präsident hat seine | |
| Sache gut gemacht. Aber die Kämpfe hindern ihn daran, uns aus der Armut zu | |
| holen.“ | |
| Ein Friedensabkommen zwischen der Regierung von Präsident Touadéra und | |
| zahlreichen bewaffneten Gruppen sollte im Jahr 2019 der | |
| Zentralafrikanischen Republik Frieden bringen, nach [2][sieben Jahren | |
| Krieg]. Bis heute beherrscht der Staat kaum mehr als die Hauptstadt, | |
| während [3][Rebellen und Milizen] den Großteil des Territoriums | |
| kontrollieren – Erben des Bürgerkriegs von 2012 bis 2014, als erst | |
| muslimische Rebellen die Macht ergriffen, dann von christlichen Milizen | |
| verjagt wurden und Zehntausende Menschen getötet wurden. | |
| Kurz vor dem Wahltermin 27. Dezember gefährdet die schwerste politische | |
| Krise seit dem Abkommen von 2019 nicht nur die Wahl, sondern auch die | |
| Stabilität. Am vergangenen Wochenende wurde die Stadt Bossembélé, 150 | |
| Kilometer von Bangui entfernt, von Kämpfen erschüttert. In Mbaiki, 100 | |
| Kilometer südöstlich von Bangui, hinderten Berichten zufolge nur | |
| [4][russische Soldaten] die Armee an der Flucht von Rebellen. Landesweit | |
| hat Gewalt die Auslieferung der Wahlmaterialien erschwert. | |
| Grund für die neue Zuspitzung ist die Gründung der Rebellenallianz [5][CPC | |
| (Koalition der Patrioten für den Wandel)], die zumeist christliche | |
| bewaffnete Gruppen am vergangenen Wochenende aus der Taufe hoben. Die CPC | |
| unterstützt den 2013 von [6][muslimischen Rebellen] gestürzten ehemaligen | |
| Präsidenten [7][Francois Bozizé]. Der kehrte vor einem Jahr aus dem Exil | |
| nach Bangui zurück, um bei den Wahlen anzutreten. Doch am 3. Dezember | |
| schloss das Verfassungsgericht ihn von der Wahl aus. | |
| Bozizé steht unter UN-Sanktionen wegen der [8][Verbrechen] der ihm treuen | |
| Milizen 2013–14 und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Diese | |
| Milizen, damals „[9][Anti-Balaka]“ genannt, sind nun empört und haben sich | |
| zum Ziel gesetzt, die Wahlen zu verhindern. | |
| Derzeit ist Bangui noch ruhig. Zusätzliche Kräfte sichern die Hauptstadt; | |
| laut Regierung [10][hat Russland Truppen geschickt und auch Ruanda] hat die | |
| Entsendung von Soldaten bekanntgegeben. Doch sollten die Bozizé-treuen | |
| Rebellen auf Bangui vorrücken, könnte die Lage eskalieren. | |
| Die [11][UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik (Minusca)], die | |
| seit 2014 Bangui und die großen Städte des Landes sichert, ist in höchster | |
| Alarmbereitschaft. „Minusca ruft die Bevölkerung auf, in keine Panik zu | |
| verfallen und den nationalen Sicherheitskräften und Friedenstruppen die | |
| nötige Unterstützung zu geben“, hieß es in einer Erklärung. | |
| Minusca-Sprecher Vladimir Monteiro kritisierte Bozizé: „Die Aktivitäten des | |
| Expräsidenten und seine Kontakte zu bewaffneten Gruppen sind einer | |
| friedlichen Wahl wohl nicht förderlich. Aktionen zur Störung des | |
| Wahlprozesses werden nicht straflos bleiben.“ | |
| Bozizé-Unterstützer wie der junge Wähler Bryce Issa in Bangui sind nun | |
| dagegen, dass die Wahlen stattfinden. „Unser Führer ist disqualifiziert. | |
| Der Wahlprozess ist unfair, bevor er überhaupt begonnen hat. Ich werde | |
| nicht zur Wahl gehen“, sagt er. | |
| Der politische Analyst Serge Abakar rechnet mit einer umstrittenen Wahl. | |
| Alle wichtigen Kandidaten sind politische Routiniers. Amtsinhaber Touadéra | |
| war unter Bozizé fünf Jahre lang Premierminister, von 2008 bis 2013. Zu | |
| seinen Gegnern gehören der langjährige Bozizé-Gegner Martin Ziguélé, | |
| Premierminister von 2001 bis 2003, und dessen Vorgänger Anicet-Georges | |
| Dologuélé, der bei Touadéras Wahlsieg 2016 gegen ihn verlor. Außerdem | |
| kandidiert die ehemalige Interimspräsidentin [12][Catherine Samba-Panza], | |
| deren Amtszeit mit Touadéras Wahl zu Ende ging. | |
| „Ein knapper Wahlausgang könnte zu Konflikten führen, vor allem wenn ein | |
| Kandidat findet, dass die Wahl nicht glaubwürdig ist“, so Abakar. „Dazu | |
| kommt die Aufregung wegen der Milizen, die sich gegen die Wahl stellen. Die | |
| Lage ist sehr ernst. Es ist damit zu rechnen, dass Rebellen die Wahlen | |
| stören. Die [13][ethnischen und religiösen Spaltungen] sind außerdem sehr | |
| tief.“ | |
| Touadéra hat in seinen fünf Jahren an der Macht wenig erreicht außer dem | |
| Friedensabkommen von 2019, das jetzt auseinanderfällt. Von den 4,7 | |
| Millionen Einwohnern leben 3,4 Millionen in absoluter Armut, 2,8 Millionen | |
| sind auf internationale Nothilfe angewiesen. | |
| Am Montag rief der Präsident seine Landsleute auf, trotz der Bedrohungen | |
| zur Wahl zu gehen. „Nachdem wir wieder eine Verfassungsordnung haben, | |
| brauchen wir jetzt Demokratie. Leider ziehen manche Leute Gewalt vor.“ | |
| 23 Dec 2020 | |
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