Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Wahl in Zentralafrikanischer Republik: Ein neues Bündnis
> Russland und Ruanda wollen Präsident Touadéra vorm Sturz durch Rebellen
> retten. Doch die Wahl konnte vielerorts nicht stattfinden.
Bild: Stimmabgabe in Bangui. In vielen anderen Landesteilen war das gar nicht e…
Berlin taz | Russland und Ruanda – dieses Bündnis gab es bei
Militärinterventionen in Afrika noch nie. Aber wenn Faustin-Archange
Touadéra, Präsident der Zentralafrikanischen Republik, die Wahlen an diesem
Sonntag als Staatschef übersteht, dürfte er das weniger seinem Wahlvolk
verdanken als den frisch gelandeten Elitekräften aus Moskau und Kigali.
Mit einer nennenswerten Beteiligung bei der Parlaments- und
Präsidentschaftswahl am Sonntag wurde nicht gerechnet, da in den meisten
Landesteilen außerhalb von Bangui keine Wahlen möglich waren. In mehreren
Städten haben Rebellen angelieferte Wahlmaterialien geplündert und
Wahlwillige oder Wahlhelfer bedroht.
Derweil sind vor Weihnachten 300 „Militärberater“ aus Russland in der
zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui gelandet, um ihre bereits 175 vor
Ort stationierten Kameraden zu unterstützen. Es handelt sich nicht um
reguläre Soldaten, sondern um Kämpfer der privaten Wagner-Militärfirma, die
in vielen afrikanischen Ländern präsent sind – aber nur in der
Zentralafrikanischen Republik stellen sie einen Teil der Leibgarde des
Staatschefs. Es sind auch vier russische Kampfhubschrauber in Bangui
angekommen, geliefert in Transportflugzeugen; acht weitere sollen folgen,
so die lokale Nachrichtenwebseite „Corbeaunews“. Seit Oktober sind bereits
russische Panzerfahrzeuge auf Patrouille in Bangui – alles im Namen der
„Absicherung von Wahlen“.
Ruanda hat kurz vor Weihnachten 300 Soldaten seiner Spezialkräfte nach
Bangui geschickt, um sein Kontingent in der zuletzt immer öfter unter
Beschuss geratenen, 11.500 Mann starken UN-Mission in Zentralafrika
(Minusca) zu schützen. Weitere 300 ruandische UN-Blauhelme sind zu
Weihnachten aus dem benachbarten Südsudan in die Zentralafrikanische
Republik verlegt worden.
## Angst, dass neue Rebellenkoalition auf Bangui marschiert
Der Grund für die Militärentsendungen [1][liegt in der Angst, dass die neue
Rebellenkoalition CPC (Koalition der Patrioten für den Wandel) auf Bangui
marschiert]. Die CPC vereint einen Großteil der Rebellen und Milizen, die
seit Jahren ohnehin einen Großteil des Landes außerhalb der Hauptstadt
beherrschen. Sie dient dem Expräsidenten Francois Bozizé, der 2013 selbst
von Rebellen gestürzt wurde, als Vehikel, um Druck auf die Regierung
auszuüben, nachdem das Verfassungsgericht in Bangui am 3. Dezember seine
Kandidatur zu den Präsidentschaftswahlen abgewiesen hatte.
Der düpierte Bozizé rief daraufhin erst zur Unterstützung der politischen
Opposition und dann zum Wahlboykott auf. Die Regierung wirft ihm einen
versuchten Staatsstreich vor. Am Sonntag bekräftigte Bozizé, dass er die
CPC-Rebellen unterstützt – obwohl sich unter ihnen die Überreste jener
Kräfte befinden, die ihn 2013 als Präsidenten gestürzt hatten.
In der Stadt Dekoa 250 Kilometer nördlich der Hauptstadt starben am Freitag
drei UN-Blauhelme aus Burundi bei einem bewaffneten Angriff. Am Vortag
hatte die CPC einen für die Dauer der Wahlen ausgerufenen einseitigen
Waffenstillstand nach Kämpfen mit UN-Einheiten wieder aufgekündigt.
Die Soldaten aus Russland und Ruanda greifen lokalen Berichten zufolge
aktiv in die Kämpfe ein. Beide Länder eint ein Interesse daran, den
schwindenden Einfluss Frankreichs in seiner Exkolonie weiter
zurückzudrängen.
## Keine Rede von größerem französischen Eingreifen
Frankreich schützt nach wie vor den Flughafen von Bangui, aber von einem
größeren französischen Eingreifen, wie noch 2013 bis 2014, ist heute keine
Rede mehr. Die damalige französische „Operation Sangaris“ endete 2016, als
Touadéra als regulär gewählter Präsident sein Amt antrat. Die einstige
französische Basis „Camp Leclerc“ im Ort Bouar, bis in die 1990er Jahre
eine wichtige Drehscheibe französischer Militärinterventionen in Afrika und
zuletzt Trainingslager der zentralafrikanischen Armee mit großen
Rüstungsbeständen, wurde vor Weihnachten von Rebellen geplündert.
27 Dec 2020
## LINKS
[1] /Wahl-in-Zentralafrikanischer-Republik/!5735389
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Zentralafrikanische Republik
Bangui
Präsidentschaftswahl
Zentralafrikanische Republik
Zentralafrikanische Republik
Faustin Archange Touadéra
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Flucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
Krise der Zentralafrikanischen Republik: Söldner, Waffen und Flüchtlinge
Die humanitäre Notlage in der Zentralafrikanischen Republik spitzt sich zu.
Über die Folgen sind die Nachbarländer immer stärker beunruhigt.
Zentralafrikanische Republik hat gewählt: Mit 350.000 Stimmen zum Sieg
Präsident Touadéra ist wiedergewählt. Aber über die Hälfte der
Wahlberechtigten konnte gar nicht wählen gehen – es herrscht wieder
Bürgerkrieg.
Wahl in Zentralafrikanischer Republik: Donnergrollen vor der Hauptstadt
Kämpfe gefährden die Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik. Milizen
drohen, weil Exdiktator Bozizé von der Wahl ausgeschlossen ist.
Covid-19 in Zentralafrika: Virus grassiert unter Blauhelmen
Rund 200 von 10.000 UN-Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik sind
infiziert. Das gefährdet die Friedensmission der Minusca-Truppen.
Liste der vergessenen Konflikte: „Ein Tornado an Notlagen“
Der Norwegische Flüchtlingsrat hat die zehn am wenigsten beachteten
humanitären Krisen aufgelistet. Bis auf eine Ausnahme liegen alle in
Afrika.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.