# taz.de -- Senat erlaubt Geschäftsöffnungen: Sonntags shoppen mit Risiko | |
> Die Sonntage am 6. und 20. Dezember sind in Berlin verkaufsoffen, in | |
> Brandenburg aber nicht. Verdi fürchtet eine erhöhte Ansteckungsgefahr. | |
Bild: Verkaufsoffener Sonntag in Berlin und Corona – passt das zusammen!? | |
Berlin taz | Im Dezember sind in Berlin verkaufsoffene Sonntage genehmigt, | |
dazu gehören der 6. und der 20. Dezember. Nils Busch-Petersen, der | |
Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg glaubt, durch eine | |
Ladenöffnung am Sonntag ließen sich Kund:innenströme besser verteilen: | |
„Nach Adam Ries ist es relativ einfach. Ob ich die gesamte Menge der | |
Kund:innen durch sechs oder durch sieben teile, macht einen Unterschied.“ | |
Weil der 6. und 20. Dezember in Berlin verkaufsoffen sein wird, in | |
Brandenburg aber nicht, fürchtet Verdi ein vermehrtes Interesse von | |
Brandenburger:innen, die zum Shoppen nach Berlin reisen. Busch-Petersen | |
sieht trotzdem keine Gefahr der erhöhten Ansteckung: „Die Wissenschaft ist | |
da auf unserer Seite, es gibt keine nachgewiesene Ansteckungsgefahr im | |
Einzelhandel“, sagt er der taz. Außerdem gelten die [1][Hygieneregeln] im | |
Handel für Berliner:innen genauso wie für Brandenburger:innen. | |
Dass die Einnahmen im Einzelhandel trotzt Pandemie um 8,2 Prozent im | |
Vergleich zum Vorjahrsteigen, lässt Busch-Petersen nicht gelten: „Das gilt | |
für Haushaltsgeräte, Möbel und Baubedarf, aber nicht für Textil, Uhren oder | |
Schmuck.“ Letztere würden das Leben in der Innenstadt ausmachen, weshalb es | |
dort Nachbesserungsbedarf gäbe. „Wir brauchen den November und den | |
Dezember. In diesen Monaten werden zwanzig bis dreißig Prozent des | |
Jahresumsatz gemacht.“ Er fordert deshalb, den Einzelhandel an allen | |
Sonntagen in Dezember zu öffnen. | |
Bundesweit werden Regelungen zu verkaufsoffenen Sonntagen bislang | |
unterschiedlich gehandhabt. Zum verkaufsoffenen Sonntag hat Verdi in | |
Nordrhein-Westfalen bereits [2][erfolgreich geklagt]. In Berlin gelang das | |
Verdi auch für zwei Sonntage im November.Die Forderung, an den Sonntagen | |
vom 6. und 20. Dezember nicht zu öffnen, hat Verdi dem Senat in einem Brief | |
übermittelt. | |
## Verdi rechnet mit „Zustrom“ von Brandenburger:innen | |
Darin begründet die Gewerkschaft ihre Forderung: „Da inzwischen bereits | |
viele Weihnachtsmärkte pandemiebedingt abgesagt worden sind, entfällt damit | |
unserer Ansicht nach die Begründung für die Sonntagsöffnung“, schrieb die | |
Stellvertretende Landesbezirksleiterin Susanne Feldkötter in ihrem offenen | |
Brief. Die verkaufsoffenen Sonntage wurden vor dem Shutdown genehmigt, da | |
der Senat mit vielen Besucher:innen auf Weihnachtsmärkten rechnete. | |
Ähnlich war es mit den verkaufsoffenen Sonntagen im November: Sie wurden | |
ursprünglich genehmigt, weil Feste wie der Abschied des Flughafen Tegels, | |
das Jazzfest Berlin und die Berliner Science Week geplant waren. Das | |
Gericht urteilte nach Verdis Klage, dass dieser Grund wegfalle, weil „die | |
Festivitäten wegen der Pandemie nur eingeschränkt als | |
Präsenzveranstaltungen geplant“ waren. | |
Die Forderung von Verdi ist auch damit begründet, dass das | |
Gesundheitsrisiko beim Einkaufen steige. In Brandenburg gäbe es keine | |
verkaufsoffenen Sonntage, weshalb Verdi mit einem „Zustrom“ an | |
Brandenburger:innen rechnet, die das Infektionsrisiko erhöhen. Der Senat | |
möchte trotzdem am verkaufsoffenen Sonntag festhalten. | |
## Senat hält an Öffnungen fest | |
Der Grund sei laut eines Statements der Senatsverwaltung für Arbeit, dass | |
„die Planungen des Einzelhandels in Bezug auf Personaleinsatz und | |
Warenbestellungen an diesen beiden Adventssonntagen weit fortgeschritten“ | |
seien, so heißt es im Statement für die taz. „Der Senat hat deshalb | |
weiterhin die Verpflichtung, als verlässlicher Partner aufzutreten.“ Und | |
das absehbare Gesundheitsrisiko? „Die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln | |
der Infektionsschutzverordnung für Unternehmen des Einzelhandels bleiben | |
weiterhin bestehen.“ | |
Ist das auch im Interesse der Arbeiter:innen? Viele Verkäufer:innen rund um | |
die [3][Einkaufsmeile Friedrichstraße] wollen sich gegenüber der taz nicht | |
zu verkaufsoffenen Sonntag äußern. In einem Drogeriemarkt kniet eine | |
Verkäuferin vor einem Regal, reißt ein Paket auf und sortiert Seife ein. | |
Sie sagt: „Ich halte nicht besonders viel davon, weil ich eine eigene | |
Meinung dazu habe.“ Gefragt nach der Meinung, bricht sie das Gespräch ab. | |
Andere Verkäufer:innen verweisen auf die Pressestelle ihrer | |
Arbeitgeber:innen. | |
In einem Klamottengeschäft in der Friedrichstraße sagt eine Verkäuferin, | |
die anonym bleiben möchte, dass sie nichts dagegen habe, ab und an sonntags | |
zu arbeiten, weil die Vergütung eine bessere sei. „Aber ich persönlich | |
fände es nicht gut, wenn es jeden Sonntag offen wäre. Wir sind sowieso eine | |
Konsumgesellschaft und jetzt noch mit Corona, das finde ich nicht gut“, | |
sagt sie und faltet einen Strickpulli. Sie streift den Stoff mit der Hand | |
glatt und legt ihn ins Regal: „Man muss nicht immer shoppen gehen.“ | |
5 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Infektionsschutzgesetz-im-Bundestag/!5725342 | |
[2] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/corona-oeffnungszeiten-sonntag-feier… | |
[3] /Verkehrsversuch-auf-der-Friedrichstrasse/!5706412 | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
## TAGS | |
Verdi | |
Konsum | |
Sonntag | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Friedrichstraße | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Fremd und befremdlich | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Einzelhandel steht vor zweitem Lockdown: Handel droht herber Schlag | |
Der Einzelhandel warnt vor einem Lockdown im Weihnachtsgeschäft, der | |
umsatzstärksten Zeit. Für viele Geschäfte würde es den Ruin bedeuten. | |
Advent am Berliner Breitscheidplatz: Masken ab nur zum Verzehr | |
Es ist ein klitzekleiner Keinweihnachtsmarkt: Er ist da und er ist nicht | |
da. Eine Stippvisite zum Glühweintrinken auf dem Breitscheidplatz. | |
Galeria und Einzelhandel warnen: Angst vor Weihnachtslockdown | |
Tote Innenstädte statt Festtagskaufrausch? Für den stationären Einzelhandel | |
eine Horrorvorstellung. Online dagegen boomt. | |
Verkaufsoffener Sonntag in Berlin: Vorglühen in der Friedrichstraße | |
Der Samstag und der verkaufsoffene Sonntag unterscheiden sich kaum von den | |
Werktagen: Nur an der Friedrichstraße wird es voller. | |
Einkaufen als „patriotischer“ Akt: Solidarisch shoppen reicht | |
Wirtschaftsminister Altmaier spricht vom Einkaufen als „patriotische | |
Aufgabe“. Eine schräge Wortwahl, doch Solidarität mit Geschäften ist | |
notwendig. | |
Coronamaßnahmen im Einzelhandel: Schlangen, Hamster und Mausklicks | |
In der umsatzstärksten Zeit des Jahres verschärfen Bund und Länder die | |
Coronamaßnahmen im Einzelhandel. Onlinekonzerne profitieren davon. | |
Von der hässlichen Seite der Feiertage: Wir shoppen uns zu Tode | |
Nichts wünscht sich der Konsument nach der größten Shopping-Orgie des | |
Jahres mehr, als noch mehr Shopping – und noch mehr Feuerwerke. |