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# taz.de -- Die Wahrheit: Heimlich ertrinken verboten
> Der Kolumnist liest Zeitung: Schön sind besonders die Meldungen unter
> „Vermischtes“. Nur zur Zeit sind sie leider nicht so üppig.
Die Coronapandemie verdirbt einem wirklich alles. Sogar die meisten
englischen Lokalzeitungen haben nichts anderes mehr im Sinn. Man muss in
alten Ausgaben blättern, um die wirklich wichtigen Geschichten zu finden –
zum Beispiel über den Lehrer, der eine Schülerin mit Augenklappe als
„Piratin“ bezeichnet hat, wie der Chronicle empört berichtete.
Noch empörter war der Londoner Evening Standard, als er herausfand, dass
das Wasser im Freibad von Hackney zu nass zum Schwimmen sei, weshalb der
Pool geschlossen wurde. Die Erklärung: Bei starkem Regen ist das Wasser zu
aufgewühlt, sodass die Bademeister den Boden des Beckens nicht mehr sehen
können. Deshalb könnte jemand heimlich ertrinken. Im Sportzentrum des
Crystal Palace hat man vorsichtshalber vier der acht Bahnen gesperrt, damit
die Bademeister nicht den Überblick verlieren.
Einen besonderen Platz in der Lokalpresse hat die Berichterstattung über
Verbrechen. Ein Mann habe siebzehn Jahre lang die Unterwäsche seiner
Nachbarin von der Wäscheleine gestohlen, berichtet The Sentinel. Einmal
hinterließ der Gauner einen 20-Pfund-Schein, damit sich die Nachbarin neue
Höschen kaufen konnte. Der 47-jährige Stephen Cope wurde schließlich
geschnappt, weil das Opfer eine Überwachungskamera installierte. Nach
siebzehn Jahren. Das Gericht urteilte, dass sich Cope zehn Jahre lang
keiner Wäscheleine nähern darf.
Der Worcester Observer konnte von einer weit perfideren Tat berichten:
„Ein Betrunkener wirft mit Kartoffelchips in einer chemischen Reinigung um
sich und schüttelt seine Faust in einer Bäckerei.“ Diese lange Überschrift
fiel zwei Jahre später der BBC auf, die sie auf Twitter verbreitete,
woraufhin das Lokalblatt und der Täter zu nationalem Ruhm gelangten. Der
42-jährige Simon Kane wurde für sein schlechtes Benehmen zu einer
Geldstrafe von 75 Pfund verurteilt. Außerdem musste er 20 Pfund
Schmerzensgeld an ein Opfer zahlen, das von einem Kartoffelchip getroffen
worden war.
## Wie war es zu der Tat gekommen?
Und was ist mit dem mysteriösen Vorfall, der bis heute nicht aufgeklärt
werden konnte? „Gesamtes Festmahl von gebratenen Hühnerbrüsten und Pommes
Frites auf dem Bürgersteig von Cheltenham verstreut“, staunte das
Gloucestershire Echo. Die Mahlzeit wurde morgens um halb sieben von der
Straßenreinigung entdeckt. Selbst streunende Tiere hatten sie verschmäht.
In der Nähe des Tatorts wurde eine Papiertüte von Kentucky Fried Chicken
gefunden. Die Zeitung startete einen Aufruf: Der Käufer des toten Huhns im
Teigmantel solle sich melden und erklären, wie es zu der Tat gekommen war.
Der Reporter habe die Mahlzeit sichergestellt und wolle sie zurückgeben.
Dabei ist es in Wirklichkeit eher rätselhaft, warum nicht mehr dieses
furchtbar fettigen Schnellfutters auf der Straße landet.
Und zum Schluss noch eine Schlagzeile aus dem Guardian, die Rentnern Freude
machen dürfte: „Sex-Scheune soll zum Altenheim werden.“
7 Dec 2020
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
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