# taz.de -- Schülerinnen über Schule in der Pandemie: „Lehrer sollen sich e… | |
> Celin und Zora haben keine Angst, sich in der Schule anzustecken. Sie | |
> finden die Maske wichtig. Am meisten stört sie der gestiegene | |
> Leistungsdruck. | |
Bild: Was sagen eigentlich die Schüler:innen zu den Corona-Konzepten? Hier ein… | |
taz: Hattet ihr heute normalen Unterricht? | |
Zora: Nein, ich hatte eine Online-Stunde, weil die Lehrkraft schwanger ist. | |
Es gibt mehrere Lehrkräfte, die zur Risikogruppe zählen, deshalb haben wir | |
bereits eine Mischung aus Distanz- und Präsenzunterricht. Ich weiß von drei | |
Kohorten an meiner Schule, die in Quarantäne sind, die haben also auch | |
keinen normalen Unterricht. Aber ich weiß nicht, ob das alle sind. Wir | |
haben ja zu den jüngeren Jahrgängen kaum noch Kontakt. Unser Schulhof ist | |
in Felder eingeteilt, damit sich die Kohorten nicht mischen. Und wir | |
Oberstufenschüler:innen sind angehalten, den Schulhof zu verlassen, damit | |
es nicht zu eng wird. Wir dürfen auf den Parkplatz … | |
Und bei dir, Celin? | |
Celin: Wir haben nur drei Schulstufen und versetzte Pausen, die Jahrgänge | |
sollen unter sich bleiben. Viele Lehrkräfte machen Online-Unterricht und | |
Montag hatten wir keine Schule, weil wir sonst auf einen anderen Jahrgang | |
getroffen wären. | |
Läuft der Online-Unterricht jetzt besser als im Frühjahr? | |
Zora: Die Voraussetzungen sind besser als im Frühjahr, aber auch nicht | |
richtig gut. Theoretisch haben jetzt wenigstens alle Lehrkräfte die | |
Tablets, aber es haben nicht alle an den Schulungen teilgenommen, deshalb | |
können nicht alle damit umgehen. Und nicht alle Schüler:innen haben ein | |
internetfähiges Endgerät oder einen Drucker. | |
Aber ein Smartphone haben doch alle, oder? | |
Celin: Ja, aber darauf kann man kein Word-Dokument bearbeiten. Und bei uns | |
haben von 23 nur zwei, drei Leute einen Drucker und zwei haben kein | |
zuverlässig funktionierendes Internet. | |
Muss überhaupt noch so viel ausgedruckt werden? Das soll doch alles digital | |
laufen. | |
Zora: Es wird sehr viel ausgedruckt. | |
Celin: Bei uns auch. | |
Was haltet ihr davon, wenn nur noch in Halbgruppen unterrichtet würde? | |
Zora: Es fällt mir schwer, mich da eindeutig zu positionieren. Es spricht | |
viel dafür, um die Ansteckungsgefahr zu verringern und dass dann nicht mehr | |
so viele Leute gleichzeitig in Quarantäne müssten. Aber der | |
Online-Unterricht ist einfach nicht so effektiv wie der Präsenzunterricht. | |
Da entsteht auch viel Leerraum, weil oft die Präsenzstunden dazu genutzt | |
werden müssen, um den Online-Unterricht nachzuarbeiten. Wir haben zu Hause | |
die Aufgaben gemacht und dann in der Schule verglichen. | |
Celin: Mir geht es genau so. Auch bei uns wurde der Präsenzunterricht fast | |
nur fürs Korrigieren genutzt. Und viele haben ihre Aufgaben gar nicht | |
gemacht. | |
Zora: Mir wäre Halbgruppenunterricht lieber als gar keiner, aber ich bin am | |
Alten Gymnasium in einer privilegierten Situation, wir haben einfach viele | |
Ressourcen hier. | |
Celin: Bei uns in Walle ist das anders. Im Mathe-Unterricht wurde zum | |
Beispiel deutlich, dass die beiden ohne Internet sehr hinterherhängen. Von | |
manchen Themen hatten die einfach noch nie gehört. | |
Habt ihr eigentlich Angst, zur Schule zu gehen? | |
Zora: Nein, ich bin 17, ich glaube nicht, dass ich schwer erkranken würde. | |
Aber es geht ja nicht nur um mich, sondern um diejenigen, die ein erhöhtes | |
Risiko einer schweren Erkrankung haben. | |
Fühlst du dich eingeschränkt? | |
Zora: Ja. Ich liebe es, Leute zu umarmen, das mache ich nicht mehr. Und ich | |
habe den Kontakt zu Menschen, die ich ohne Maske treffe, jetzt krass | |
reduziert. Dabei bin ich eigentlich immer mit ganz vielen Leuten zusammen. | |
Aber wie gesagt, ich finde die Rücksichtnahme richtig. | |
Jüngeren Menschen wird oft vorgeworfen, sie würden die Pandemie befeuern, | |
weil sie sich nicht an die Abstandsregeln halten. Stimmt das? | |
Zora: Ich würde sagen, solche Leute gibt es in allen Generationen. Es | |
stimmt, junge Leute haben einen anderen Lebensstil. Der macht es ihnen | |
schwer, die Maßnahmen umzusetzen. Sie treffen in der Schule sehr viele | |
Menschen – was Leuten im Homeoffice nicht passiert. | |
Als Oberstufenschüler:innen müsst ihr seit den Herbstferien im Unterricht | |
Maske tragen. Wie findet ihr das? | |
Zora: Für mich persönlich ist es schon eine Einschränkung. Wir müssen zum | |
Beispiel zum Trinken das Gebäude verlassen und gerade in den Klausuren ist | |
es schwierig. Ich finde es aber richtig, damit auch diejenigen in die | |
Schule gehen können, die zu einer Risikogruppe gehören. Die wollen das | |
auch, weil sie sagen, sie bekommen zu Hause nicht genug mit. | |
Halten sich denn alle an die Maskenpflicht? | |
Celin: Bei uns sind es nur wenige, die sich nicht daran halten, werden dann | |
aber von anderen darauf hingewiesen. | |
Was denkt ihr, wäre jetzt eine gute Maßnahme? | |
Zora: Ich weiß nicht, ob es jetzt richtig wäre, die Schulen wieder für zwei | |
Wochen komplett zu schließen wie im Frühjahr, um dann zu sehen, ob dann die | |
Infektionszahlen sinken. Es gibt einfach Leute, für die ist die Situation | |
zu Hause schlimm, da gibt es Gewalt. Grundsätzlich denke ich, sollte | |
einfach mehr Geld in Bildung und den Gesundheitsbereich gesteckt werden, | |
dann hätten wir jetzt viele Probleme nicht wie mangelnde Hygienestandards | |
in den Toiletten oder dass die Schulen so der Digitalisierung | |
hinterherhinken. | |
Celin: Es wäre gut, wenn sich alle Lehrer:innen fortbilden würden. | |
Habt ihr noch mehr Wünsche? | |
Zora: Weniger Leistungsdruck. Und FFP2-Masken auch für Schüler:innen mit | |
Bedarf, weil sie selbst oder ihre Angehörigen zur Risikogruppe gehören. | |
Celin: Ich wünsche mir, dass sich die Lehrkräfte entspannen. Mir kommt es | |
so vor, als würden die versuchen, jetzt so viele Prüfungen wie möglich | |
reinzudrücken, um das erledigt zu haben, bevor die Schulen ganz schließen. | |
Ich habe im November acht Klausuren und ganz viele Präsentationen. | |
Zora: Ich denke auch, dass man über Maßnahmen diskutieren sollte, die | |
Schüler:innen entlasten wie ein Durchschnittsabi oder angepasste | |
Prüfungen, weil so viel Stoff verloren gegangen ist. Reguläre Prüfungen | |
helfen hier gerade niemand. Wir können ja nicht mal zusammen in der | |
Freizeit lernen, weil nur zwei Haushalte zusammenkommen dürfen. Lerngruppen | |
sind für viele aber wirklich notwendig. | |
Habt ihr die Pandemie im Unterricht behandelt? Wie es euch damit geht? | |
Zora: Nee, für so etwas ist kein Platz im Lehrplan, Emotionales findet | |
keine Beachtung. Es gab eher so taktische Hinweise. Wie muss man sich jetzt | |
verhalten. Und in Mathe haben wir in der Exponentialrechnung damit | |
gearbeitet. | |
Celin: Ich bin im Gesundheitsprofil, da beschäftigen wir uns viel mit dem | |
Thema. | |
Aber ihr macht nichts, was euch die Verarbeitung des Geschehens | |
erleichtert? | |
Zora: Nach dem ersten Lockdown sollten wir im darstellenden Spiel einen | |
Monolog halten. | |
Celin: Mein kleiner Bruder ist in der Fünften, in einer Musikklasse. Da | |
haben die mit ihren Instrumenten ihre Gefühle dargestellt. Das fand ich | |
toll. | |
Zora: Unser Schulsystem ist auf Leistung ausgerichtet. Auf besondere | |
Bedürfnisse wird im Unterricht keine Rücksicht genommen. | |
20 Nov 2020 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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