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# taz.de -- Jost Müller-Neuhof über Hintergrundgespräche: „Informationen i…
> Angela Merkel trifft sich regelmäßig mit Medienvertretern zu
> vertraulichen Hintergrundrunden. Der Journalist Jost Müller-Neuhof hat
> dagegen geklagt.
Bild: Die Bundeskanzlerin während einer Bundespressekonferenz Anfang November
taz: Herr Müller-Neuhof, Sie wollten als Journalist Informationen über die
Hintergrundrunden von Angela Merkel bekommen. Was hat das
Verwaltungsgericht Berlin am vergangenen Freitag entschieden?
Jost Müller-Neuhof: Es hat in einem Urteil gegen das Kanzleramt
entschieden, dass Journalisten das Recht haben, zu erfahren, mit welchen
anderen Journalisten sich die Kanzlerin zu so genannten
Hintergrundgesprächen trifft und welche Informationen sie dabei mitteilt.
Woraus ergibt sich dieser Auskunftsanspruch?
Bisher ist nur der Tenor des Urteils bekannt, nicht die Begründung.
Vermutlich folgt das Berliner Gericht einem Urteil des
Bundesverwaltungsgerichts vom September 2019, bei dem ein derartiges
Informationsrecht unmittelbar aus der Pressefreiheit des Grundgesetzes
abgeleitet wurde. Damals hatte der Tagesspiegel erfolgreich auf Auskünfte
über die Hintergrundgespräche des Bundesnachrichtendienstes geklagt.
Warum wollen Sie wissen, mit wem und worüber die Kanzlerin spricht?
Solche Hintergrundrunden sind Teil der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit.
Im Prinzip sind es Pressekonferenzen. Es ist zwar legitim, dass Angela
Merkel die Journalisten dafür nach sachlichen Kriterien auswählt, denn sie
kann nicht alle einladen. Aber die, die nicht eingeladen wurden, müssen
zumindest erfahren können, welche Informationen zu welchen Themen die
Kanzlerin gegeben hat.
Bei solchen Hintergrundgesprächen wollen Politiker aber „vertraulich“
sprechen und gerade nicht zitiert werden.
Um so wichtiger ist es, Transparenz herzustellen. Es muss für die
Öffentlichkeit erkennbar sein, wenn die Kanzlerin von ihr ausgewählte
Medien mit Regierungsinformationen versorgt, die diese dann als eigene
Recherche verbreiten, ohne die wahre Quelle zu nennen.
Wenn Sie in diesem Rechtsstreit Erfolg haben, wird es bald vielleicht gar
keine vertraulichen Hintergrundrunden mehr geben.
Wichtiger als ein Hintergrundgespräch im Kanzleramt ist, dass Wählerinnen
und Wähler wissen, welche Erkenntnisse und Einschätzungen die Regierung in
die öffentliche Diskussion einbringt. Das ist fundamental für die
politische Meinungsbildung. Was zwischen Staat und Medien im Hintergrund
abläuft, gehört in den Vordergrund.
Fallen solche Treffen nicht unter den Quellenschutz der Journalisten?
Schutzwürdig sind Informanten, wenn sie sich an die Presse wenden, um etwa
einen Skandal aufzudecken. Wenn der Staat Öffentlichkeitsarbeit macht, hat
dies mit offenem Visier zu erfolgen. So sieht es auch das
Bundesverwaltungsgericht.
Folgt jetzt ein langer Rechtsstreit?
Ich hoffe nicht. Wenn das [1][Bundesverwaltungsgericht schon von einem
Geheimdienst wie dem BND] bei seiner Pressearbeit Transparenz verlangt,
dann muss dies für Kanzleramt und Ministerien erst recht gelten.
[2][Ihre Klage aus dem Jahr 2017] fragt nach Hintergrundrunden im Jahr
2016. Sind diese Informationen jetzt überhaupt noch relevant?
Natürlich. Damals ging es vermutlich um Brexit, Flüchtlingskrise und die
stärker werdende AfD. Wie die Regierung hier mediale Debatten zumindest
indirekt mitgesteuert haben könnte, bleibt unverändert bedeutsam.
16 Nov 2020
## LINKS
[1] /Entwurf-zum-BND-Gesetz-zu-Journalisten/!5715888
[2] /Geheime-Gespraeche-mit-Journalisten/!5624577
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Transparenz
Tagesspiegel
Medienjournalismus
Schule
BND
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Transparenz
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