# taz.de -- Großbritannien und Niederlande: AKW-Neubau mit deutscher Hilfe | |
> Die Atomfirma Urenco, an der RWE und Eon beteiligt sind, plant Reaktoren | |
> in Großbritannien und den Niederlanden. Die Bundesregierung bleibt | |
> untätig. | |
Bild: Hier soll noch ein weiterer Reaktor entstehen: Das Atomkraftwerk Sizewell… | |
Wenn es nach ihren öffentlichen Äußerungen geht, ist das Thema Atomkraft | |
für die deutschen Energiekonzerne RWE und Eon erledigt. Von einem | |
„Auslaufmodell“ ist bei RWE die Rede, Eon erklärt die Kernenergie auf der | |
eigenen Website zur Technologie des vergangenen Jahrhunderts. | |
Tatsächlich sind die beiden deutschen Energieriesen aber am Neubau von | |
Atomkraftwerken beteiligt – zumindest indirekt. Denn ihnen gehört jeweils | |
ein Sechstel des Unternehmens Urenco, das vor allem in der Urananreicherung | |
tätig ist und dazu unter anderem eine [1][Fabrik im westfälischen Gronau] | |
betreibt. | |
Und Urenco drängt auf neue Atomkraftwerke: zum einen in Großbritannien, wo | |
das Unternehmen kürzlich einem Konsortium beigetreten ist, das sich für den | |
[2][Bau des Atomreaktors Sizewell C] einsetzt. Bei dem Projekt gehe es um | |
„die Zukunft unserer Industrie“, erklärte Urenco-Geschäftsführer Laurent | |
Odeh. Zudem hat das Unternehmen in den Niederlanden den Bau eines neuen, | |
kleinen Reaktortyps angekündigt. | |
Heikel sind diese Pläne auch für die Bundesregierung, die bei der Urenco | |
aufgrund eines zwischenstaatlichen Vertrags ein Mitspracherecht hat, so | |
weit die Sicherheit und die Nichtverbreitung von Atommaterial betroffen | |
sind. Innerhalb der Regierung gibt es schon länger Streit um die Zukunft | |
der Urenco. | |
Das SPD-geführte Umweltministerium hatte schon 2018 einen Vorstoß für eine | |
gesetzliche Stilllegung der Urenco-Fabrik in Gronau unternommen, war damit | |
aber an der Union gescheitert. Auch die neuen Aktivitäten des Unternehmens | |
sorgen im Umweltministerium nach taz-Informationen für Befremden. | |
Zuständig für die Urenco-Kontrolle ist innerhalb der Bundesregierung aber | |
das CDU-geführte Wirtschaftsministerium. Das teilte im Bundestag auf | |
Grünen-Anfrage kürzlich mit, dass die neuen Urenco-Pläne im | |
zwischenstaatlichen Ausschuss bisher kein Thema waren. Staatssekretär Marco | |
Wanderwitz (CDU) kündigte zwar an, eine Information dazu zu beantragen. | |
Darüber hinaus sieht das Ministerium aber offenbar keinen Handlungsbedarf. | |
„Geschäftliche Entscheidungen werden ausschließlich durch die Anteilseigner | |
getroffen“, teilte eine Ministeriumssprecherin auf taz-Anfrage mit. Und: | |
„Ich bitte Sie, sich hierzu an die Unternehmen zu wenden, die Anteile | |
halten und in die geschäftlichen Entscheidungen eingebunden sind.“ | |
Doch auch RWE und Eon weisen die Verantwortung von sich. „Urenco ist für | |
uns eine reine Finanzbeteiligung, und wir sind nicht in das operative | |
Geschäft involviert“, teilt RWE-Sprecher Lothar Lambertz mit. Eon-Sprecher | |
Alexander Ihl erklärt, Eon wolle seinen 16,6-Prozent-Anteil an Urenco schon | |
länger verkaufen. Und: „Das operative Geschäft obliegt der Urenco.“ | |
## Umwelt-Staatssekretär übt Kritik | |
Kein Verständnis für diese Haltung hat Umweltstaatssekretär Jochen | |
Flasbarth. „Wir haben in Deutschland einen breiten gesellschaftlichen und | |
politischen Konsens für Atomausstieg und Energiewende“, sagte er der taz. | |
„Auch RWE und Eon sollten sich mit allen Konzernsparten daran orientieren.“ | |
Kritik kommt auch von der Vorsitzenden des Bundestags-Umweltausschusses, | |
Sylvia Kotting-Uhl (Grüne). Und zwar nicht nur Richtung RWE und Eon, denen | |
sie einen „klammheimlichen Wiedereinstieg in den Neubau von Atomreaktoren | |
an Deutschlands Grenzen“ vorwirft. Sondern auch an der Bundesregierung. | |
Diese dürfe „nicht weiter tatenlos zuschauen, sondern muss ihre | |
Aufsichtspflicht über die Machenschaften Urencos wahrnehmen“, forderte | |
Kotting-Uhl. | |
3 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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