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# taz.de -- Verschwundener Holzpenis: Wenn ein Phallus fällt
> Im Allgäu wurde ein berühmter Holzpenis geklaut. Aber warum die Trauer?
> Wirklich subversiv dagegen wären Vulven.
Bild: Hier könnte eine Vulva stehen: Selfie mit Holzpenis
Das Städtchen Rettenberg im Oberallgäu ist um einen Penis ärmer. In der
Nacht von Samstag auf Sonntag hat sich jemand an einem der bekanntesten
„Kulturdenkmäler“ der Region zu schaffen gemacht und den berühmten Phallus
vom Grünten geklaut.
Angeblich bekam ein Rettinger den Penis vor ein paar Jahren von seinen
Freund*innen zum 18. Geburtstag geschenkt. Weil sein Vater ihn aber nicht
in seinem Garten stehen haben wollte, schafften sie ihn auf den Gipfel des
Grünten. Seitdem haben die Rettinger*innen den Penis offenbar lieben
gelernt. Eine örtliche Brauerei benannte sogar ein Bier nach ihm. Auch
Rettenbergs Bürgermeister Nikolaus Weißinger [1][bedauerte gegenüber der
Allgäuer Zeitung], dass das ungewöhnliche „Kulturdenkmal“ nicht mehr da
sei.
Doch wieso die große Trauer? Ist ein Penis in der Öffentlichkeit wirklich
so besonders, auch wenn er zwei Meter groß und aus Holz ist? Schließlich
begegnet man Phallusdarstellungen – in mehr oder weniger abstrakter Form –
andauernd.
Manhattan, Dubai und Shanghai sind ganze Wälder aus stilisierten Phalli,
gebaut von Männern, die wahrscheinlich alle beweisen wollten, dass sie den
Größeren haben. Sowohl männliche als auch weibliche Grundschüler*innen
malen Penisse in die Hefte ihrer Sitznachbar*innen.
## Penisse sind nicht provokant
Wenn sie besonders mutig sind, sprühen sie sie auf Hauswände und schreiben
daneben „Sex“. Aber auch Teenager*innen finden es immer wieder witzig, mit
Edding Penisse ins Gesicht von schlafenden betrunkenen Freund*innen zu
malen – in Filmen und im echten Leben. Im Allgäu scheinen viele Menschen
einen ähnlichen Humor zu haben. In sozialen Netzwerken beschimpfen sie die
Täter*innen als „spießig“, „humorlos“ oder „oberchristlich“.
Dabei könnte man es auch andersherum sehen: Penisse, egal ob gemalt, als
Gebäude stilisiert oder als große Holzfigur, sind in unserer patriarchalen,
christlich geprägten Gesellschaft vollkommen akzeptiert und deswegen weder
witzig noch provokant. Darstellungen von Vulven dagegen sind [2][immer noch
subversiv], auch wenn sie in den letzten Jahren – zumindest auf Berliner
Hauswänden und evangelischen Kirchentagen – präsenter geworden sind. Doch
eine zwei Meter große Vulva auf einem Berggipfel im katholischen Bayern?
Das wäre aufsehenerregend im Land der Phalli.
2 Dec 2020
## LINKS
[1] https://www.allgaeuer-zeitung.de/allgaeu/holzpenis-am-gr%C3%BCnten-zerst%C3…
[2] /Theaterstueck-Der-Ursprung-der-Welt/!5717446
## AUTOREN
Xenia Balzereit
## TAGS
Penis
Vulva
Patriarchat
Feminismus
Schwerpunkt Coronavirus
Ukraine
Feminismus
Reiseland Island
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