# taz.de -- Phallus-Museum in Island: Erotik steht eindeutig im Hintergrund | |
> Humor ist eine Voraussetzung, wenn man das Phallus-Museum besuchen will. | |
> Mehr als 280 Exponate hat Sigurður Hjartarson schon gesammelt. | |
Bild: Ein Beitrag der isländischen Nationalhandballer – aber nur Kopien | |
Im Jahre 1974 bekam Sigurður Hjartarson in Akarnes, im Südwesten von | |
Island, einen nicht ganz alltäglichen Scherzartikel geschenkt. Es war ein | |
Walpenis. Ein fachfernes Exponat für einen Geschichts- und Spanischlehrer | |
der höheren Schule. Das gute Stück des Wals mit der beachtlichen Größe von | |
eineinhalb Metern taugte auch nicht unbedingt als Handschmeichler. Für | |
Sigarður war das zunächst sperrige Präsent allerdings wesentlich | |
interessanter als eine Blaue Mauritius. | |
Aus dem Spaß wurde Ernst. Vielmehr nahm Sigurður den Scherz seiner Kollegen | |
damals so genau, dass er auf seine Art Gefallen an den Wunderhörnern der | |
Meeressäuger fand. Strandeten an der Küste ein totes Meeresungetüm oder | |
dessen Überreste, so war Sigurður zur Stelle. | |
Jahre später, als Zwerg-, Pott-, Schweins- und Narwal sowie Sattel-, | |
Ringel-, und Kegelrobbenpenisse in der Gesellschaft vieler anderer | |
Meeressäuger bereits gut eingelegt zu Hause bei Sigurður strammstanden, | |
gesellten sich Anhängsel von Landtieren dazu – Schwänze von Ziege, Stier | |
über Pferd bis Schaf – wie könnte es in Island auch anders sein! Spätestens | |
dann jedoch platzte das Familiendomizil aus allen Nähten und Sigurðurs Frau | |
der Kragen. Grund genug, dass Sigurður sein erstes Museum 1997 in | |
Reykjavík eröffnete. | |
Auf der Bühne, die Sigurður Hjartarson seinen mehr als 280 Exponaten in | |
Form eines Museums errichtet hat, steht Erotik eindeutig im Hintergrund. Er | |
erklärt die Phallologie in gleicher Weise zur Wissenschaft wie zur Kunst. | |
Sie passen gut zueinander, befindet der Gründer des welteinzigen | |
„Phallus-Museums“. Obwohl jedes Exponat im Ausstellungskatalog | |
knochentrocken mit Zahlen, Daten, Familienverhältnissen und Todesursache | |
belegt ist, übertrifft das Phallological Museum of Reykjavík bei Weitem den | |
Charme eines Heimatkundemuseums. Sigurður empfiehlt dem Besucher als | |
wichtigste Voraussetzung zum Eintritt ein wesentliches, den Charakter | |
bestimmendes Merkmal: Humor! „Ohne Sinn für Humor brauchen Sie da gar nicht | |
reinzugehen!“ Dabei klappt er einen formschön handgeschnitzten Holzpenis | |
der Länge nach auf und reicht aus dessen ausgehöhltem Inneren das | |
Wechselgeld. | |
Weniger anmutig präsentiert sich das bislang einzige Exponat eines Homo | |
sapiens. Obgleich der Spender, Póll Arasson, zu Lebzeiten ein „Womanizer“ | |
gewesen sein will, hat seine Rakete das Formalin nicht so gut vertragen. | |
Ein schrumpeliges Etwas ermuntert den unbeeindruckten Betrachter nicht | |
wirklich. | |
## Möchtegern-Spender | |
In einer Ecke, weit genug entfernt von Pólls traurigen Überresten, findet | |
man jedoch mindestens vier notariell beurkundete Spendeversprechen der | |
menschlichen Art. Dabei erweisen sich die Deutschen als besonders | |
spendabel. Preisen auf schlechten Fotos ihr bestes Stück als extravagant | |
lang, kräftig und formvollendet an. | |
Im Dienste der Wissenschaft recken sich Penisse in Plexiglaszylindern, | |
aufgestellt wie Felsformationen unterschiedlicher Höhe und Wucht, lose im | |
Museum verteilt und ordentlich beschriftet. Damit der interessierte | |
Besucher auch was lernen kann. Zum Beispiel, dass dem Menschen ein paar | |
Knochen abgehen, die bei fast allen Säugern vorzufinden sind. Kaum ein | |
Säuger entbehrt einen Penisknochen, wesentlich zur Aufrechterhaltung einer | |
bis zu halbstündigen Erektion. Wichtig, wenn das Weibchen schon mal | |
fruchtbar und zur Stelle ist. Das brauchen die Menschen nicht, denn sie | |
können es unter den Säugern vergleichsweise häufig treiben, auch mit | |
Aussicht auf Erfolg. | |
Auch nach Jahren des Präparierens blieb Sigurður ein Sammler. Und er | |
entwickelte sich zudem zum Bastler.Bei der Materialauswahl verschrieb er | |
sich zunächst sehr dem Holz: Aus Birken -und Eschenholz finden sich | |
allerlei Alltagsgegenstände, die phallisch geformt dann eher doch keiner | |
braucht, aber gerne amüsiert anschaut. Obwohl Löffel- wie Schuhlöffelgriffe | |
in Schwanzform gar nicht so schlecht in der Hand liegen, bestechen sie | |
nicht gerade durch die Ästhetik ihres Designs. | |
## Elfenpenis im Einmachglas | |
Unter Lampenschirmen aus Ziegen-, Pferde- oder Stierhaut verbirgt sich | |
hinter schwarzem Tuch wie die Ü18-Abteilung in der Videothek der erotische | |
Part der Ausstellung. Eine zierliche Spieluhr mit Onaniermechanismus | |
begleitet, wie wir hier lernen, Elfen beim Vögeln. Im daneben stehenden | |
Einmachglas kann der interessierte Besucher unschwer einen Elfenpenis | |
erkennen. | |
Klassisch und stolz posiert auch die isländische Nationalhandballmannschaft | |
unter ihrem eigenen Gruppenfoto. Formschön in Silber gegossen stehen ihre | |
Schwänze wie Stalagmiten in einem Terrarium. | |
Sollte gerade nicht der Zeitpunkt für eine Islandreise sein, so empfiehlt | |
sich an regnerischen Sonntagen durchaus die Lektüre des Gästebuchs auf den | |
[1][Webseiten des Museums.] Darin finden sich Kommentare wie: „Meiner Frau | |
hat die temporäre Ausstellung über päpstliche Penisse sehr gefallen!!“ Oder | |
auch: „Best day of my life, a great day of phallus fun for all the family. | |
I was in dreamland!“ | |
20 Nov 2017 | |
## LINKS | |
[1] http://phallus.is/de/ | |
## AUTOREN | |
Patricia Wohlgemuth | |
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