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# taz.de -- Gewalt in Belarus: Trauer und Wut
> Ein ehemaliger Angehöriger der Sicherheitskräfte stirbt durch einen
> brutalen Polizeieinsatz gegen die Opposition. Tausende gehen auf die
> Straße.
Bild: Gedenken an Roman Bondarenko, der an den Folgen eines Polizeieinsatzes st…
Kiew taz | „Ich muss raus“. Das waren die letzten Worten, die Roman
Bondarenko seiner Familie per SMS übermittelte, bevor er am Mittwoch Abend
in den Hof geeilt war. Dieser Hof in der Tscharwiakowa-Straße in der
belarussischen Hauptstadt Minsk ist als „Platz der Veränderungen“ eines der
Herzstücke der belarussischen Opposition.
Hier treten immer wieder regierungskritische Künstler auf, hier sind
besonders viele Fahnen und Fähnchen in den Farben weiß-rot-weiß zu sehen.
Und hierher verirren sich immer wieder ungebetene Besucher, maskiert und in
schwarzer Kleidung, und schlagen Anwesende und Künstler zusammen.
Auch am Mittwoch Abend hatte Roman Bondarenko Fremde beobachtet, die sich
im Hof an den weiß-rot-weißen Bändchen zu schaffen machten, mit denen
wenige Stunden zuvor einige Bewohner die Umzäunungen im Hof geschmückt
hatten. Bondarenko wollte sie daran hindern. Doch die Fremden im Hof waren
in der Überzahl. Sie schlugen auf Bondarenko ein. Dieser hatte keine
Chance. Anschließend brachten sie den verletzten Bondarenko weg. Auf eine
Polizeistation, wie sich später herausstellte.
Von dort war er noch am gleichen Abend mit dem Notarztwagen in ein
Krankenhaus gebracht worden. Die Ärzte diagnostizierten dem komatösen
Patienten ein Schädel-Hirn-Trauma und Blutungen im Gehirn. Am Donnerstag
Abend hatten die Ärzte den Kampf um das Leben des 31-Jährigen verloren.
## Nur Spekulationen
Über das, was zwischen der Festnahme und dem Transport im Notarztwagen
passiert war, lässt sich nur spekulieren. Klar ist jedenfalls: Bondarenko
war selbst früher Soldat der berüchtigten Einheit 3214 gewesen. Sie gilt
als besonders loyal gegenüber [1][Staatspräsident Alexander Lukaschenko]
und wird häufig bei Demonstrationen eingesetzt.
Bondarenko, der nach seiner Entlassung aus dem Militär als Chef eines
Kosmetik-Geschäfts arbeitete, hatte mit den Demonstrationen sympathisiert,
selbst jedoch nicht an ihnen teilgenommen. Weil er selbst in diesen
Einheiten gedient habe, wisse er genau, was man mit ihm bei einer Festnahme
machen werde, zitiert seine Schwester ihn gegenüber der Zeitung „Nascha
Niva“.
Sofort nach Bekanntwerden von Bondarenkos Tod machten sich Hunderte auf den
Weg zum „Platz der Veränderungen“. Wenige Stunden später schmückten ein
Blumenmeer und Kerzen den Platz, an dem Bondarenko festgenommen worden war.
Und in der ganzen Stadt hängen am Freitag Porträts des Ermordeten an
Häuserwänden, Verkehrsschildern und Zäunen.
Das Auffallende: es sind Porträts, die Bondarenko in der Uniform der
Truppen des Innenministeriums zeigen. „Sogar ehemalige Kollegen des Toten
trauern“ berichtet der Minsker Sergej gegenüber der taz.
## Im Schockzustand
„Es ist eine Mischung aus Wut und Trauer, die uns heute auf die Straße
getrieben hat. Hunderte und Tausende sind geschockt von Bondarenkos Tod“
sagt Alexandra Kondratiewa, die im Zentrum der Stadt wohnt. Den ganzen
Freitag über hätten [2][Demonstrierende] mit Menschenketten in Minsk gegen
die Polizeigewalt protestiert und des Todes von Bondarenko gedacht.
Erstaunlich sei, so Kondratiewa, wie sich nun die Behörden vor Ermittlungen
drückten. „Gegenseitig schieben sie sich die Verantwortung zu. Zuerst
sollte die Polizei ermitteln, dann die Staatsanwaltschaft, nun die
Generalstaatsanwaltschaft. Jede Behörde versucht, die Ermittlungen einer
anderen Behörde zuzuschieben. Aber ich bin mir jetzt schon sicher, da wird
nichts herauskommen.“
13 Nov 2020
## LINKS
[1] /Proteste-in-Belarus/!5728275
[2] /Wieder-Massenproteste-in-Belarus/!5724194
## AUTOREN
Bernhard Clasen
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