# taz.de -- Rechtsextreme Pegida-Demo in Dresden: Hass und Hetze statt Gedenken | |
> Dresden sorgt für Entsetzen: Pegida durfte am Jahrestag der Pogromnacht | |
> 1938 demonstrieren. Gedenkveranstaltungen fielen dagegen aus. | |
Bild: Langweilt inzwischen auch die eigenen Anhänger: Rechtsextremist und Pegi… | |
DRESDEN taz | Nicht einmal der Auftritt des Rechtsextremisten Andreas | |
Kalbitz vom inzwischen (zumindest offiziell) aufgelösten AfD-„Flügel“ tau… | |
noch als Wiedererwecker von [1][Pegida]. Die Polizei sicherte den 223. | |
„Abendspaziergang“ auf dem Dresdner Altmarkt mit 250 Beamten, viel mehr | |
Pegida-Anhänger hatte sie auch nicht zu schützen. | |
Für allgemeine Empörung hatte im Vorfeld gesorgt, dass die Stadt den | |
Hetzern und Rechtsextremisten den zentralen Platz ausgerechnet am 9. | |
November überließ – dem Tag der [2][Progromnacht 1938], als der Mob | |
deutschlandweit Synagogen in Brand setzte, jüdische Geschäfte plünderte und | |
Juden ermordete. | |
Die Dresdner Stadtverwaltung hatte wegen der Coronakrise ihre offizielle | |
Gedenkveranstaltung abgesagt. Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) und | |
Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) trafen sich lediglich am | |
Spätnachmittag im kleinsten Kreis mit Vertretern der Jüdischen Gemeinde | |
Dresden. Diese Gemeinde hatte zuvor „mit großer Fassungslosigkeit und | |
Empörung“ auf die Pegida-Ankündigung reagiert. Es dürfe nicht | |
unwidersprochen bleiben, „dass erneut Hass und Hetze auf öffentlichen | |
Plätzen Dresdens verbreitet werden kann“, erklärte sie. | |
In der Nacht bekräftigte Thomas Feist, Beauftragter der Sächsischen | |
Staatsregierung für Jüdisches Leben, diese Empörung und kritisierte darüber | |
hinaus die Stadtverwaltung. Er vermisse deren Sensibilität und deren | |
„erkennbaren Anspruch, bereits im Vorfeld mit Vertretern des Jüdischen | |
Lebens über Möglichkeit zu sprechen, dies zu verhindern“. Reden vom „Nie | |
wieder“ müssten ihre Entsprechung im glaubwürdigen Handeln der Verwaltung | |
wiederfinden. Das von Dresden ausgehende Signal sei nunmehr „verheerend“ | |
über die Stadt hinaus. Feist forderte die Stadt zu einer „transparenten | |
Aufarbeitung dieser Fehlentscheidung“ auf. | |
## Bei Pegida nichts Neues | |
Von ähnlichen Erfahrungen mit der Stadtspitze hatte am Vortag bereits das | |
Bündnis „Herz statt Hetze“ berichtet, das in den vergangenen Jahren | |
erfolgreiche Massenproteste gegen die Pegida-Jahrestage organisiert hatte. | |
Man habe sich vorab an den Oberbürgermeister gewandt mit dem Ziel, keine | |
rassistischen Veranstaltungen im Stadtzentrum zuzulassen. Ein bereits mit | |
Polizei und Versammlungsbehörde terminiertes Gespräch sei ohne Angabe von | |
Gründen abgesagt worden, berichtet Sprecherin Rita Kunert. Das Schreiben | |
lasse den Schluss zu, dass die Absage nicht der Coronapandemie geschuldet | |
war, fügte sie hinzu. | |
Etwa einhundert Musikanten und Gegendemonstranten standen Pegida am | |
Montagabend nun gegenüber. Die sonst immer präsente Initiative | |
„Nationalismus raus aus den Köpfen“ hatte ihren Aufruf diesmal | |
zurückgezogen, um größere Menschenansammlungen zu verhindern und niemanden | |
in Gefahr zu bringen. Stattdessen wollte man individuell protestieren. | |
Obschon bei Pegida die Coronaleugner von Leipzig eifrig gelobt wurden, | |
hielt man sich auf dem Altmarkt an Versammlungsauflagen. Das Häuflein | |
Pegida-Anhänger hatte auch genug Platz, in die Breite zu gehen. Laut | |
Polizeidirektion zeigten 76 von ihnen angebliche Befreiungen von der | |
Maskenpflicht. | |
Pegida-Anführer Lutz Bachmann bemühte sich auf der Bühne, die Vorwürfe von | |
sich zu weisen, man pervertiere das Gedenken an die Pogromnacht – wenig | |
überzeugend. Auch Andreas Kalbitz war um eine mühsam kaschierte | |
Verurteilung von deutschen Verbrechen bemüht. Auf der Bühne bezeichnete er | |
den Holocaust zwar als „einmaligem Zivilisationsbruch“, begann gleichzeitig | |
aber eine wenig nachvollziehbare Unterscheidung zwischen Schuld und | |
Verantwortung herbeizuphilosophieren. | |
Ansonsten wiederholten beide nur die bekannten Attacken auf „so genannte | |
Flüchtlinge“, die alle vom IS unterwandert seien, oder „staatliche | |
Inländerfeindlichkeit“. Die von beiden vorgebrachten apokalyptischen | |
Horrorbeschwörungen von einer bevorstehenden Volksenteignung und dem | |
„letzten legalen Weihnachtsfest“ sind sogar bei Pegida längst ausgeleiert. | |
10 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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