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# taz.de -- Sechs Jahre Pegida: Erstarrte Protestrituale
> Zum sechsten Jahrestag von Pegida ist nicht mehr viel übrig von der
> Organisation. Sie hat sich als diskursunfähig erwiesen und ist in
> Ritualen erstarrt.
Bild: Ohne Hut, dafür mit Mütze: ein Demonstrant während eines Pegida-Protes…
„Wir werden siegen“, behauptete eine der wenigen verbliebenen
[1][Pegida-Fahnen] am Montagabend auf dem Dresdner Altmarkt unverdrossen.
Doch von einer Selbstfeier zum sechsten Jahrestag des ersten Aufmarsches
2014 konnte schon vorab keine Rede sein. Auf eine Versammlung am Sonntag
verzichtete die fremdenfeindliche Bewegung angeblich wegen der
Corona-Auflagen. Und zum Auftakt der „Geburtstagsfeierwoche“ am Montag
blieb die Teilnehmerzahl deutlich unter der von 390 zu ihrem Schutz
eingesetzten Polizeibeamten. In nur 50 Metern Entfernung hielten 200
trommelnde junge Gegendemonstranten lautstark dagegen.
Genugtuung mag ob der grotesk anmutenden Reste von Pegida dennoch nicht
aufkommen. Denn die 25.000 Demonstranten und eine noch höhere Zahl von
Sympathisanten, die Anfang 2015 gegen so ziemlich alles motzten, was
außerhalb ihres Horizonts lag, sind nicht verschwunden. Sie sind heute
[2][Wähler der AfD] oder engagieren sich sogar in dieser Partei, wo sie den
gleichen [3][restaurativen Ungeist] vorfinden. Zwischen die „Alternative“
und Pegida passt denn auch im Mutterland Sachsen kein Blatt Papier des
Grundgesetzes. AfD-Landeschef Jörg Urban und der vorerst ausgeschlossene
„Flügel“-Mann Andreas Kalbitz redeten auf den „Abendspaziergängen“ von
Pegida.
Pegida-Häuptling Lutz Bachmann hatte immerhin schon 2016 erkannt, dass sein
Pegida-Haufen politisch nicht handlungsfähig ist – schon die angekündigte
Gründung einer Pegida-Partei blieb kläglich stecken – und vergeblich einen
Anschluss an Institutionalisierte wie die AfD versucht. Tatsächlich haben
viele Abendlandsretter der ersten Stunde den schrumpfenden
„Widerstandspartys“ den Rücken gekehrt. Einzelne sitzen immerhin im
Stadtrat oder in Dresdner Ortsbeiräten.
Pegida erstarrte in Ritualen und immer gleichen Rufen. An den
„Patriotischen Europäern gegen die Islamisierung des Abendlandes“ kann man
den Niedergang einer rein destruktiven Protestbewegung studieren. Sie hat
sich als diskursunfähig und politisch nur über die große Schwester AfD
anschlussfähig erwiesen. Ob Bachmann sein prahlerisches „Dresden zeigt,
wie's geht“ selbstironisch meint?
## Nachhaltige Schäden
Beim kurzen Montagstreff war dennoch davon die Rede, dass Pegida Geschichte
geschrieben habe. Das trifft leider auf makabre Weise zu. Den Nimbus
Dresdens als sehenswerte Kulturstadt haben die Motzkis zwar nicht zerstören
können: Es reisen wieder mehr Touristen an. Viel nachhaltiger haben diese
sechs Jahre Dresdner Mentalitäten in Misskredit gebracht. Wo immer man
Dresden erwähnt, wird der Ruf der Stadt sofort mit Pegida und der rechten
Apostrophierung als „Hauptstadt der Bewegung“ in Verbindung gebracht.
Diese Assoziationen wirken hartnäckiger nach als das reale Erscheinungsbild
von Pegida. Spät hat das auch die so genannte „bürgerliche Mitte“ von CDU
oder FDP in der Stadt begriffen und seit 2018 für Demokratie und
Menschenwürde mitdemonstriert.
27 Oct 2020
## LINKS
[1] /Sechs-Jahre-rechte-Demos-in-Dresden/!5720529
[2] /Sachsens-Verfassungsschutzchef/!5697813
[3] /Sechs-Jahre-rechte-Demos-in-Dresden/!5720529
## AUTOREN
Michael Bartsch
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