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# taz.de -- Ready für den zweiten Shutdown: Bastelsachen und Monstertorte
> Backen, basteln und das Kind beruhigen: Unsere Autorin hat als
> Soloselbstständige wegen Corona wieder Zeit, um die sie nicht gebeten
> hat.
Bild: Mit Bastelmaterial durch den Shutdown
An dem Mittwoch, an dem die [1][Bundesregierung die neuen Coronamaßnahmen]
diskutiert, soll ich für meine Arbeit den Newsletter mit den
November-Events fertigstellen. Während meine Chefin davon ausgeht, dass das
abgenommene Sicherheitskonzept das Haus vor einer erneuten Schließung
bewahren wird und auf meine Texte wartet, sitze ich vor einem leeren
Word-Dokument und aktualisiere fortlaufend die Online-Berichterstattung
über das MinisterpräsidentInnenntreffen, statt zu schreiben.
In allen Medien wird spekuliert. In einem heißt es, nicht systemrelevante
Geschäfte würden geschlossen. In anderen sickert durch, [2][es werde
Gastronomie] und [3][Kultur treffen]. Klar ist nur: Es ist ernst. Von jetzt
an heißt es, wieder zu Hause bleiben. Ich beginne wie eine Wahnsinnige zu
putzen. Wenn schon erneut eingesperrt, dann wenigstens in einer
aufgeräumten Wohnung.
Als nach Stunden selbst der Bereich hinterm Herd glänzt, ist immer noch
kein Ergebnis da. Ich beeile mich, meine sechsjährige Tochter von der
Schule abzuholen, um mit ihr Bastelsachen zu kaufen, ehe der Bastelladen
womöglich wieder dichtmachen muss. Wenn schon eingesperrt, denke ich, dann
wenigstens mit Bastelmaterial, um meiner Tochter die Zeit zu vertreiben.
Die reagiert erschreckend erwachsen: „Besser nicht. Sonst geht am Ende
deine Geldkarte aus, und wir haben viel zu basteln und nichts zu essen.“
Ich zucke zusammen: Daran, dass an einem erneuten Lockdown womöglich meine
Honorarstelle als Pressetexterin einer Freizeiteinrichtung hängt, habe ich
gar nicht gedacht. Ich googele erneut die Beschlüsse und erstarre. Meine
Tochter sieht mich an. Ich erkläre so gelassen wie möglich: „Theater, Kinos
und Freizeiteinrichtungen müssen echt wieder schließen.“
## Riesenparty zu zweit
Meine Tochter strahlt und meint in einem Ton, in dem ich mit ihr rede, wenn
ich sie beruhigen will: „Das ist doch kein Grund, traurig zu sein. Dann
mache ich eben jeden Tag Theater für dich zu Hause. Und Konzerte. Und
Fußballshows!“ Sie hüpft motiviert auf und ab und rennt dann Richtung Bus:
„Komm, lass die Nachrichten. Wir bereiten alles vor!“
Plötzlich bleibt sie stehen und fragt: „Aber Halloween feiern wir schon,
oder?“ Ich will ihr nicht die Laune verderben und meine: „Natürlich. Das
wird das beste Halloween überhaupt. Wir machen zu Hause eine Riesenparty.“
Am 31. aber ist meine Laune am Tiefpunkt: Mein Arbeitgeber hat angeboten,
dass ich die Stunden, die ich im November und Dezember eigentlich zu
arbeiten hätte, ausbezahlt bekomme, sie dafür aber im Januar und Februar
unbezahlt nacharbeite.
Die neuen [4][Soforthilfen für Soloselbstständige] sind noch nicht
beschlossen und die Steuerberater*innen, über die die Anträge mittlerweile
laufen müssen, sind ausgelastet. Um mich abzulenken, plane ich eine viel
größere Party als geplant: Ich kaufe Süßigkeiten, die für zehn Kinder
reichen würden, backe eine Monstertorte, dekoriere die Wohnung, koche
Kürbissuppe und erkläre ihr, dass sie sich zehn Verkleidungen raussuchen
und in jedem Kostüm einmal klingeln und etwas vorführen soll.
Als zehn verschiedene Menschen öffne ich ihr die Tür, begrüße das immer
verwirrtere Kind mal auf Deutsch, mal auf Spanisch, auf Englisch und
Französisch und lasse sie immer neue Sprüche aufsagen. Am Ende ist sie
erschöpft, aber glücklich. Und ich habe neue Zuversicht, dass wir es mit
etwas Kreativität auch durch diesen Lockdown schaffen.
9 Nov 2020
## LINKS
[1] /Die-steile-These/!5723510
[2] /Kneipen-und-Kultur-wieder-dicht/!5723436
[3] /Krise-der-Veranstaltungsbranche/!5724865
[4] /Soforthilfen-in-der-Coronakrise/!5726711
## AUTOREN
Eva-Lena Lörzer
## TAGS
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