# taz.de -- Angst vor Coronamutation: Dänemark tötet 17 Millionen Nerze | |
> Der gesamte Bestand wird gekeult, damit sich keine mutierte Form des | |
> Coronavirus verbreitet. Experten warnen vor „weltweiter Gefahr“. | |
Bild: Nerzzüchter Thorbjorn Jepsen auf seiner Nerzfarm in Gjoel, Dänemark, An… | |
TÄLLÄNG/STOCKHOLM taz | Sie bekam den Namen „Cluster 5“: eine Mutation des | |
Coronavirus, die entstehen kann, wenn dieser von Menschen auf Nerze | |
übertragen wird, sich in den Tierbeständen ausbreitet und dann wieder | |
Menschen infiziert. Gefunden wurde „Cluster 5“ in [1][Dänemark mittlerweile | |
in fünf Nerzfarmen], zwölf Menschen haben sich nachweislich damit | |
angesteckt. Das staatliche Serum-Institut hält die Mutation für so | |
gefährlich, dass nun so schnell wie möglich alle Nerze in Dänemarks mehr | |
als 1.100 Nerzfarmen getötet werden sollen: 15 bis 17 Millionen Tiere. | |
Diese Entscheidung der dänischen Regierung begründete Ministerpräsidentin | |
Mette Frederiksen am Mittwochnachmittag auf einer Pressekonferenz, mit | |
„[2][möglichen äußerst negativen Konsequenzen] für den Verlauf der Pandem… | |
nicht nur in Dänemark, sondern weltweit“: „Wir haben Verantwortung für den | |
Rest der Welt“, sagte die Regierungschefin, die wegen eigener | |
Corona-Quarantäne lediglich virtuell an dem Briefing teilnahm. Ein Szenario | |
sei denkbar, „bei dem wir eine Pandemie bekommen, die in Dänemark ihren | |
Ausgang nimmt“, fürchtet Kåre Mølbak, Direktor des Serum-Instituts. | |
Zwar seien Mutationen ganz natürlich, auch Sars-CoV-2 sei bereits mehrfach | |
mutiert, erläuterte Mølbak: „Aber beim Überspringen der Viren von Tieren | |
auf Menschen, also wenn diese in ein anderes biologisches System gelangen, | |
entstehen spezielle Mutationen.“ Bei „Cluster 5“ liege die spezielle | |
Mutation genau in dem Teil von Sars-CoV-2, auf den die meisten Impfstoffe | |
abzielen. Diese Befürchtung habe man seit September gehabt, so Mølbak, nun | |
habe man den Labornachweis. | |
Die Folge: Antikörpertherapien wie Impfungen könnten dann nicht mehr | |
anschlagen. „Deren Schlüssel passt dann nicht mehr ins Schloss“, sagt der | |
Immunologie-Professor Jan Pravsgaard Christensen. Hans Jørn Kolmos, | |
Professor für klinische Mikrobiologie, warnt für diesen Fall vor | |
dramatischen Konsequenzen: „Wir könnten eine Pandemie in der Dimension der | |
Spanischen Grippe bekommen.“ | |
## WHO über die Situation informiert | |
Die Notwendigkeit, alle Nerze zu töten, um diese Entwicklung zu stoppen, | |
müsse man überhaupt nicht erst diskutieren: „Wir stehen nicht vor einer | |
lokalen oder nationalen, sondern vor einer internationalen | |
Herausforderung.“ Die Weltgesundheitsorganisation WHO sei über die | |
Situation informiert. | |
Neben dem Tötungsbeschluss ordnete die Regierung in Kopenhagen am | |
Donnerstag auch spezielle Restriktionen für die Region Nordjütland an, in | |
der die infizierten Farmen liegen. Die dort lebenden rund 300.000 | |
BewohnerInnen werden aufgefordert, in den kommenden vier Wochen möglichst | |
nicht über die Gemeindegrenzen hinauszureisen, alle Cafés, Restaurants und | |
Kneipen werden geschlossen, öffentliche Veranstaltungen abgesagt, Schulen | |
und Kitas sollen aber offen bleiben. | |
Außerdem werden alle EinwohnerInnen aufgefordert, sich auf die spezielle | |
Mutation testen zu lassen. Die Gesundheitsbehörde befürchtet, dass die | |
Hälfte der Corona-Infizierten in dieser Region mit Nerz-Mutationen | |
infiziert sein könnte, rund ein Zehntel von ihnen mit der Variante „Cluster | |
5“. Und gelinge es nicht, die Mutation hier zu stoppen, könne Nordjütland | |
so etwas wie ein zweites Wuhan werden, warnt Mølbak. | |
## Zuchttiere bleiben nicht verschont | |
Nachdem Dänemark vor zwei Wochen in einem ersten Anlauf versucht hatte, die | |
Ausbreitung des Coronavirus zwischen den Nerzfarmen zu stoppen und dafür | |
die [3][Tötung von 4 Millionen Tieren] angeordnet hatte, wird die jetzige | |
Radikalmaßnahme nach Einschätzung von Landwirtschaftsminister Mogens Jensen | |
die Nerzwirtschaft für Jahre zum Erliegen bringen. | |
Zuchttiere, mit denen ein Bestand neu aufgebaut werden könnte, bleiben | |
nämlich nicht verschont: „Auch sie stellen ein Risiko dar“, sagte Jensen. | |
Von einer „Katastrophe“ spricht Tage Pedersen, Vorsitzender der dänischen | |
Nerzzüchtervereinigung: „De facto bedeutet das eine Liquidation der | |
dänischen Pelztierwirtschaft.“ | |
5 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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