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# taz.de -- Corona in Nerzfarmen: „Pelzbranche gefährdet Menschen“
> Aktivisten verweisen auf die Infektionsgefahr durch Nerze. Damit könnte
> die Pelzbranche die Impfstoffentwicklung erschweren.
Bild: Nerz auf einer Zuchtfarm
Berlin/Amsterdam taz | Der Corona-Ausbruch in dänischen Nerzfarmen zeigt
laut Tierrechtler*innen, dass die Pelzindustrie Menschenleben gefährdet.
Die Organisation Peta wies am Montag im Gespräch mit der taz darauf hin,
dass in den Ställen eine Mutation des Coronavirus auf Menschen
übergesprungen ist und möglicherweise die Wirksamkeit künftiger Impfstoffe
beeinträchtigt. „Wer Pelz trägt, schaufelt seinen Mitmenschen und sich
selbst ein Grab“, sagte die Textilexpertin der Organisation, Johanna Fuoß.
In Dänemark werden derzeit [1][sämtliche 17 Millionen Nerze] getötet, um
das mutierte Virus einzudämmen. Allerdings haben sich bereits mindestens 12
Menschen mit der Coronavariante infiziert. Seit Montag gelten deshalb in
sieben nordjütländischen Kommunen weitreichende Beschränkungen des
öffentlichen Lebens: Unter anderem wurde dort der öffentliche Nahverkehr
weitgehend eingestellt.
„Es ist wissenschaftlich längst belegt, dass es auf diesen Farmen, wo viele
Tiere auf kleinem Raum zusammenleben, immer wieder zu Mutationen von
solchen Erregern kommt“, ergänzte Peta-Aktivistin Fuoß. Marderhunde etwa
stünden in Verdacht, das Sars-Virus übertragen zu haben, das 2002 bis 2004
Hunderte Menschen tötete. Marderhunde würden ebenfalls massenweise auf
Pelzfarmen gehalten, sagte die Tierrechtlerin. Und zwar ähnlich wie Nerze:
in engen Einzelkäfigen.
In Deutschland schloss die letzte Pelzfarm [2][2019]. Zuvor waren die
Haltungsvorschriften verschärft worden. Sie verlangen jetzt zum Beispiel
eine Wasserfläche, denn in freier Wildbahn verbringen Nerze einen Großteil
ihres Lebens im Wasser. Diese Regeln ließen die Nerzhaltung in Deutschland
unrentabel werden. „In Dänemark dagegen werden Nerze immer noch ohne
Wasserbecken gehalten“, kritisierte die Tierrechtlerin.
## „Grauenhafte Praxis“
„Das ist eine grauenvolle Praxis und auch unverständlich, zumal
mittlerweile Kunstpelze existieren, die auf ersten Blick kaum zu
unterscheiden sind“, sagte Fuoß. „Pelze braucht keiner von uns.“
Die in Deutschland beliebten Pelzkragen an Jacken bestehen der
Peta-Expertin zufolge „im Mittelklassebereich“ fast ausschließlich aus
Kunstpelz. Sehr billige oder sehr teure Ware habe noch Echtpelz, dann aber
meist günstigere Arten wie Marderhunde und Kaninchen oder hochpreisigere
wie Füchse und Nerze. Aus Nerzfellen würden vor allem Pelzmäntel oder
Jackeninnenfutter gefertigt. „Viel geht nach Russland. Dort sind Nerzmäntel
ein Statussymbol. In Deutschland haben sie viel an Ansehen verloren“, sagt
Fuoß.
Der Deutsche Pelzverband nannte auf taz-Anfrage keine Zahlen, räumte aber
ein: „Nach Ansicht der dänischen Behörden mutierte das Virus bei den
Farmnerzen in Dänemark, sodass nun möglicherweise eine Übertragbarkeit auf
den Menschen gegeben ist.“ Diese Auffassung müsse jedoch erst von der
internationalen Forschungsgemeinschaft bewertet werden, schrieb Sprecherin
Barbara Sixt.
## Viele Betriebe in Niederlanden verseucht
Auch in den Niederlanden, hinter Dänemark und China größter Standort der
kommerziellen Nerzzucht, zirkuliert das Coronavirus seit dem Frühjahr auf
Pelztierfarmen. Auf mehr als der Hälfte aller rund 100 Betriebe gab es
bisher infizierte Tiere.
Unter Leitung der Virologin Marion Koopmans vom Rotterdamer
Erasmus-Universitäts-Krankenhaus wurde der Ausbruch auf den ersten 16
Nerzfarmen des Landes detailliert untersucht. Demnach wiesen 66 Mitarbeiter
und 11 streunende Katzen die gleiche Coronavariante wie Nerze auf, von
denen sie übergesprungen war. Das Gesamtbild skizziert die beteiligte
Epidemiologin Francisca Velkers in der Zeitung Volkskrant so: „Ein Mensch
infiziert einen Nerz, der wiederum sehr viele andere Nerze infiziert –
marderartige Tiere sind sehr empfänglich für das Virus. Die Nerze
infizieren dann auch wieder andere Menschen und streunende Katzen im
Betrieb.“
Auch in den Niederlanden wurden in den letzten Monaten riesige Nerzbestände
vergast: insgesamt etwa 2,4 Millionen Tiere.
Marion Koopman, eine der profiliertesten Expertinnen in dem Bereich, ist
besorgt: „Man muss das sehr genau beobachten“, sagte sie dem TV-Magazin 1
Vandaag. „Der Unterschied ist, dass wir in den Niederlanden vor allem
Menschen in den Betrieben sahen, die infiziert waren. In Dänemark waren es
auch Leute außerhalb der Zuchtbetriebe.“
Eigentlich sollte die Zucht 2024 abgewickelt werden. Wegen der zahlreichen
Corona-Infektionen beschloss die Regierung in Den Haag im August, dass
dieser Prozess schon im März 2021 abgeschlossen sein muss. Die Betriebe
werden ausgekauft für jeweils gut anderthalb Millionen Euro.
Branchenvereinigungen beschweren sich, dass dieser Preis zu gering sei, um
die betroffenen Arbeitnehmer und ihre Familien aufzufangen. Tierschützer
sehen den Betrag aus ethischen Gesichtspunkten als viel zu hoch an.
10 Nov 2020
## LINKS
[1] /Massenschlachtung-von-Nerzen-wegen-Corona/!5724139&s=nerz/
[2] https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.pelztierfarmen-in-europa-das-grau…
## AUTOREN
Jost Maurin
Tobias Müller
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