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# taz.de -- Lagerkämpfe in der Bremer AfD: Neues aus dem Kindergarten
> Erneut muss sich das Landgericht mit internen Querelen der Bremer AfD
> befassen: Deren Mitglieder bezichtigen sich gegenseitig des
> Rechtsextremismus.
Bild: Nicht nur Kanthölzer sorgen bei der Bremer AfD für Stimmung
BREMEN taz | Die Bremer AfD fällt immer wieder durch einen beeindruckenden
Mangel an politischen Inhalten auf. Das könnte nicht zuletzt damit
zusammenhängen, dass sie ihren thematischen Fokus am liebsten auf sich
selbst richtet. Das war auch am gestrigen Donnerstag vorm Bremer
Landgericht so: Da verlangten der [1][Landesvorsitzende Peter Beck] und
sein Schatzmeister Mertcan Karakaya, dass ParteikollegInnen, grob
zusammengefasst, künftig nicht mehr so gemein zu ihnen sein mögen.
Konkret ging es um folgenden Sachverhalt: Beck, der 2019 den vor allem
wegen der [2][„Kantholz-Affäre“] bundesweit berühmt gewordenen Frank
Magnitz als Landeschef ablöste, sollte im vergangenen Oktober seinen
Posten wieder loswerden – zumindest verlangten das diverse Mitglieder des
AfD-Landesverbandes im Rahmen eines „Abwahlantrages“, unter anderem
initiiert von Magnitz und Thomas Jürgewitz, dem ehemaligen Landesvize und
Chef der mittlerweile aufgelösten Bürgerschaftsfraktion. Heute ist
Jürgewitz fraktionsloses Bürgerschafts-Mitglied und Magnitz Vorsitzender
der Gruppe „Magnitz, Runge, Felgenträger“ (MRF).
Eigentlich waren die beiden sich einst spinnefeind: Nach der
Bürgerschaftswahl 2019 hatte der Bundestagsabgeordnete Magnitz, der bei der
Wahl auf Listenplatz eins gesetzt war, zwei Mandate inne. Der
AfD-Bundesvorstand stellte ihm das Ultimatum, einen der Sitze bis zum 1.
September 2019 abzugeben – und auch Jürgewitz hatte ihn damals zum
Rücktritt aufgefordert. Er machte Magnitz für das schlappe Wahlergebnis von
6,1 Prozent verantwortlich und warf ihm vor, Parteigelder veruntreut zu
haben.
Aber Pack schlägt sich, Pack verträgt sich – zumal, wenn ein gemeinsamer
Feind auf der Bildfläche auftaucht. Der hieß Peter Beck. Anlass für die
überraschende Einigkeit zwischen Magnitz und Jürgewitz war dessen
Schatzmeister Mertcan Karakaya. Gemeinsam mit Uwe Felgenträger und Mark
Runge forderten die beiden im November 2019 dessen Ausschluss aus dem
Landesverband. Grund war ein Foto, das in den sozialen Medien die Runde
gemacht hatte. Darauf war Karakaya mit Mitgliedern des
rechtsextremistischen Vereins „Phalanx 18“ bei einer AfD-Wahlkampfaktion zu
sehen.
Beck aber hielt an seinem Schatzmeister fest: Er erklärte, dass Karakaya
nicht gewusst habe, wer die Personen sind. Als er und auch ein weiteres
Mitglied der AfD festgestellt hätten, um wen es sich da gehandelt hatte,
hätten sie das Wahlkampfplakatieren abgebrochen. „Das war eine einmalige
Sache“, [3][so Beck damals] über den Kontakt. „Wir distanzieren uns als
AfD grundsätzlich von Neonazis.“
Magnitz, Jürgewitz und deren AnhängerInnen reichte das nicht. Sie wollten
Beck und Karakaya weghaben. Der erste Grund, den sie in ihrem
„Abwahlantrag“ nannten: Die beiden hätten sich finanzieller
Unregelmäßigkeiten zum Nachteil der AfD, der Vorteilsnahme im Amt und der
Bestechlichkeit schuldig gemacht – was fast genauso klingt wie das, was
Jürgewitz einst Frank Magnitz vorgeworfen hatte. Der zweite Grund: Der
Landesvorsitzende und der Schatzmeister förderten und unterhielten Kontakte
ins rechtsextreme Milieu. Das allerdings ist in der Bremer AfD nicht
ungewöhnlich.
Ungewöhnlich ist eher, dass ausgerechnet Magnitz solche Vorwürfe erhebt.
Denn der hatte innerhalb der AfD stets besonders enge Verbindungen zur
rechtsextremen „Identitären Bewegung“ (IB) unterhalten. Er steht dem
völkisch-nationalistischen „Flügel“ um Björn Höcke nahe und war auf ein…
Jahrestreffen des „Flügels“ 2018 als Redner angekündigt.
Auch Jürgewitz taucht beim [4][Verfassungsschutz] mehrfach in Verbindung
mit der IB auf. So äußerte er auf Facebook unter anderem: „Die IB macht mit
intelligenten, witzigen, gewaltfreien Aktionen auf Missstände in
Deutschland aufmerksam, die allerdings den Gutmenschen missfallen. Denn die
IB will die deutsche Identität bewahren.“Und in einer Bürgerschaftsrede
bezeichnete er den Kommunismus als „Spitze aller Verbrechen der
Menschheit“.
Der „Abwahlantrag“ gegen Beck und Karakaya [5][blieb erfolglos]. Aber
anstatt es dabei zu belassen, zogen der Landesvorsitzende und der
Schatzmeister vor Gericht – das ist seit Jahren ein [6][beliebter Sport der
Bremer AfD] – um dem Magnitz-Jürgewitz-Lager, in diesem Falle bestehend aus
zwanzig Personen, per einstweiliger Verfügung ihre Unterstellungen
verbieten zu lassen.
Und dabei blieben sie auch, obwohl Claudia Göhrs, Vorsitzende Richterin am
Landgericht, für einen Vergleich plädierte. Denn, so argumentierte sie, nur
die Vorwürfe „Vorteilsannahme“ und „Bestechlichkeit“ dürften als
Straftatbestände nicht ohne Not unterstellt werden. „Finanzielle
Unregelmäßigkeiten“ und „Kontakt in die rechtsextreme Szene“ hingegen s…
keine Straftatbestände – zumal Beck umgekehrt ja auch behaupte, dass drei
seiner Parteimitglieder zum rechtsextremen „Flügel“ gehörten. „Dieser
Vorwurf scheint also auf Gegenseitigkeit zu beruhen“, so Göhrs. Durch einen
Vergleich mit gegenseitiger Anerkennung, die justiziablen Äußerungen nicht
mehr zu tätigen, könne ein kostspieliges Hauptsacheverfahren vermieden
werden.
Wird’s aber nicht. „Mit unseren innerparteilichen Gegnern gibt es keine
Vergleichsmöglichkeit“, sagte Peter Beck. Also geht’s am 3. Dezember weiter
im Kindergarten der Bremer AfD – beziehungsweise vor dem Landgericht.
6 Nov 2020
## LINKS
[1] /Archiv-Suche/!5626915&s=peter+beck+bremen&SuchRahmen=Print/
[2] /Neues-zum-Ueberfall-auf-AfD-Politiker/!5561196/
[3] /Archiv-Suche/!5628512&s=Mertcan+Karakaya&SuchRahmen=Print/
[4] https://www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-das-vokabular-brem…
[5] https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/afd-bremen-vorstand-ohne-mehr…
[6] /Kommentar-ueber-die-klagefreudige-AfD/!5541682/
## AUTOREN
Simone Schnase
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