# taz.de -- Nach der Pleite von Sevilla: Deutsche Schlappen | |
> Das 0:6 des DFB-Teams reiht sich ein in eine lange Geschichte deutscher | |
> Länderspiele. Doch nicht jede Niederlage war auch ein verlorenes Spiel. | |
Bild: Schmach von Cordoba: Rainer Bonhof weint nach dem 2:3 gegen Österreich b… | |
## England – Deutschland 9:0 | |
16. März 1909, Oxford: Das Hinspiel in Berlin hatte England bereits 5:1 | |
gewonnen, und zum Rückspiel war man, um die Deutschen nicht vor zu großer | |
Bühne lächerlich zu machen, von den großen Londoner Stadien nach Oxford | |
ausgewichen. 12.000 Zuschauer sahen das Debakel einer ersatzgeschwächten | |
deutschen Elf. „Da wir uns so wenig kannten, klappte das Zusammenspiel | |
überhaupt nicht“, sagte Paul „Florian“ Hunder von Viktoria Berlin. | |
## Deutschland – Österreich 0:6 | |
24. Mai 1931, Berlin: 40.000 Zuschauer waren in das Deutsche Stadion | |
gekommen. Sie sahen vom ersten Treffer in der 6. Minute an ein Debakel für | |
Reichstrainer Otto Nerz. Sechs Treffer setzten die Österreicher, die damals | |
neben den Engländern den besten Fußball der Welt spielten. | |
## Österreich – Deutschland 3:2 | |
26. Juli 1931, Wien: Zum Finale der [1][Arbeiterolympiade] vor 40.000 | |
Zuschauern im Praterstadion traten an: für Deutschland die Fußballauswahl | |
des Arbeiter-Turn- und Sportbundes (ATSB) gegen das Team der Freien | |
Vereinigung der Amateur-Fußballvereine Österreichs. Deutschland war als | |
Titelverteidiger angereist, verlor aber. Kleiner Trost: Torschützenkönig | |
wurde der Hamburger Arbeiterfußaller „Old“ Erwin Seeler, der fünf Jahre | |
später Vater von Uwe werden sollte. Er wechselte 1932 zur bürgerlichen | |
Victoria Hamburg, der ATSB wurde 1933 von den Nazis verboten und | |
zerschlagen, Erwin Seeler fing 1938 beim Hamburger SV an. | |
## Saarland – Uruguay 1:7 | |
5. Juni 1954, Saarbrücken: Gewiss, es war ein Testspiel, aber die | |
Saarländer, die erst wenige Monate zuvor gegen die BRD in der | |
WM-Qualifikation gescheitert waren, wollten vor 15.000 Zuschauern zeigen, | |
dass sie sehr wohl eine souveräne Fußballnation sein könnten. Das galt umso | |
mehr für ihren Trainer Helmut Schön, der später beim DFB anheuern sollte. | |
Doch lediglich ein Tor von Robert Niederkirchner reichte nicht, wenn man | |
sieben kassierte. Der Torschütze wenigstens wechselte später von Saar 05 | |
Saarbrücken zum Csepel SC in Budapest, damals ein ungarischer Spitzenklub. | |
## Ungarn – BR Deutschland 8:3 | |
20. Juni 1954, Basel: 56.000 Zuschauer waren zum WM-Spiel gekommen, alleine | |
aus Deutschland 30.000. Und Trainer Sepp Herberger ließ eine B-Elf | |
auflaufen! Ohne Turek, Morlock, Schäfer und Ottmar Walter! „Noch nie ist | |
eine deutsche Mannschaft vom eigenen Publikum so erbarmungslos ausgepfiffen | |
worden“, schrieb der Journalist Gerd Krämer. Was wie eine unglaubliche | |
Dummheit des Bundestrainers aussah, gilt mittlerweile als genialer | |
Schachzug, um die Ungarn in Sicherheit zu wiegen. Das Finale am 4. Juli | |
gewann bekanntlich die DFB-Auswahl, die dann wieder wer war. | |
## BR Deutschland – Österreich 2:3 | |
21. Juni 1978, Córdoba: Als Titelverteidiger waren die Deutschen zur WM | |
nach Argentinien gereist. Sie verließen das Land nach einer narrischen | |
2:3-Pleite gegen Österreich in der Zwischenrunde als Versager. Die | |
Motivationsrede, die der Wehrmachstflieger und auch nach 1945 überzeugte | |
Nazi Hans-Ulrich Rudel im DFB-Quartier hielt, hat das sportliche Versagen | |
nicht verhindern können. Zur Schmach von Argentinien gehört auch ein Satz | |
von Kapitän Berti Vogts über die damals | |
herrschende Militärjunta in Argentinien: „Ich habe keinen einzigen | |
politischen Gefangenen gesehen.“ | |
## BR Deutschland – Österreich 1:0 | |
25. Juni 1982, Gijón: Das 1:0 war genau das Ergebnis, das beide | |
Mannschaften zum Weiterkommen in ihrer WM-Gruppe brauchten. Die Algerier, | |
die das DFB-Team zuvor mit 2:1 geschlagen hatten (auch so eine Pleite der | |
Deutschen), mussten zusehen, wie sich die beiden Teams den Ball zuschoben, | |
damit nur ja nichts passiert. Der deutsche Sieg war eine moralische | |
Totalkapitulation. Nächtliche Pokerrunden und das hooliganeske Foul des | |
deutschen Keepers Toni Schumacher, der im Halbfinale den Franzosen Patrick | |
Battiston niedergestreckt hat, rundeten das Bild ab, das die Deutschen bei | |
dieser WM abgegeben haben. | |
## Österreich – Deutsche DR 3:0 | |
15. November 1989, Wien: Das letzte Pflichtspiel der DDR-Auswahl geriet nur | |
ein paar Tage nach der Maueröffnung zum Desaster. Ein Unentschieden hätte | |
den Deutschen zur WM-Qualifikation für Italien 1990 gereicht. Das | |
österreichische Team galt als zerstritten und diskutierte in aller | |
Öffentlichkeit die Tauglichtkeit eines gewissen Anton Polster für die | |
Auswahl. Der schoss dann alle drei Tore. DDR-Trainer Eduard Geyer schob die | |
peinliche Schlappe auf den Mauerfall. Der sei zur Unzeit gekommen. | |
## USA – BR Deutschland 6:0 | |
14. März 1996, Decatur: [2][Zum Testen] waren die Frauen des DFB in die USA | |
gereist. Zwei Spiele gegen die gleichfalls starke US-Auswahl standen an, | |
und auch wenn nur 4.500 Zuschauer gekommen waren, versprach die | |
Ausgangslage doch guten Fußball. Es endete mit einem deutlichen 6:0 für die | |
USA. Das zweite Spiel war dann nur noch eine 0:2-Klatsche für den DFB. | |
## Spanien – Deutschland 6:0 | |
17. November 2020, Sevilla: Selbstsicher nach zuletzt zwei Siegen gegen | |
Tschechien und die Ukraine war das Team von Jogi Löw nach Spanien gereist. | |
Vor null zahlenden Zuschauern hagelte es sechs Treffer. [3][Analyse] Löw: | |
„rabenschwarzer Tag“. | |
Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit | |
18 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
Andreas Rüttenauer | |
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