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# taz.de -- Neues Album von Sault: Unberechenbares Salz
> Das mysteriöse Bandprojekt Sault ist wieder aufgetaucht: Mit „Untitled
> (Rise)“ feiert es die vielfältige Blackmusic und prangert Rassismus an.
Bild: Don't preach, work: Cover des neuen Albums von Sault
Ein gutes Omen: Sault tauchen immer auf, wenn man sie braucht. Nachdem das
Londoner Projekt 2019 in kurzen Abständen zwei tolle Alben veröffentlichte,
erschien vor einigen Monaten der nächste Meilenstein: Ihr Album „Untitled
(Black Is)“ veröffentlichten sie am bedeutsamen [1][Juneteenth], Jahrestag
der formalen Abschaffung der Sklaverei in den USA.
Zugleich war dies vorläufiger Höhepunkt der Black-Lives-Matter-Proteste,
die [2][nach der Tötung von George Floyd durch einen Polizisten] erneut
entfacht waren. Und bald wurde klar, Sault gelang damit ein Album, das sich
schon nach wenigen Durchläufen als eines der Alben des Jahres qualifiziert
hat. Aber auch eines, dessen Musik mehr braucht als das beiläufige Hören.
Ihre Musik steckt voller Zitate, ist detailreich komponiert und lebt von
empowernden Botschaften. Man hat [3][„Untitled (Black Is)“] noch gar nicht
bis in jeden Winkel erforscht, da legen Sault abermals ein neues Werk nach.
Wenige Wochen nach „Untitled (Black Is)“ folgte kürzlich „Untitled (Rise…
Sault bleiben unberechenbar. Auch weil nach wie vor ungeklärt ist, wer
überhaupt alles daran beteiligt ist – das Projekt verrät nichts
Biografisches über sich, gibt keine Interviews. Sicher scheint nur:
Sängerin Cleo Sol und Produzent Inflo sind treibende Kräfte, angeblich
wirkt auch die Chicagoer Rapperin Kid Sister mit. Trotzdem ist man versucht
zu glauben, hinter Sault steckt ein größeres Kollektiv: So voller
feinsinnig ausgelegter Spuren und weitergedachter Einflüsse sind ihre
Songs.
## Variationen eines Themas
Stilistisch dominieren auf „Untitled (Rise)“ [4][Soul, Disco und Funk],
dazu rufen Sault immer wieder die heilsame Energie von Gospel auf, lassen
sich antreiben durch die Power von Worksongs und Afrobeat, kombinieren
HipHop-Beats mit E-Gitarren. Eine weitere Stärke: Sault-Songs stehen nicht
für sich. Spoken-Word-Passagen verbinden sich, Motive aus vorherigen Songs
werden in anderen wieder aufgegriffen und variiert. So funktioniert auch
„Untitled (Rise)“ als großes Ganzes.
Im Fall von „Untitled (Black Is)“ schien dieses Ganze, wie der Titel
andeutet, nichts weniger als der Versuch einer Bestandsaufnahme Schwarzer
Identitäten, die sich aus vielen Einzelaspekten zusammensetzen. Sault
dokumentierten Rassismus und Polizeigewalt, aber zelebrierten auch Schwarze
Kultur und Kämpfe von Black Power bis #blm.
Der Nachfolger „Untitled (Rise)“ wirkt nun zunächst wie dessen tanzbares
Gegenstück. „Strong“, der Auftaktsong, startet zwischen Funk und Disco, um
unvermittelt in einen perkussiongetriebenen Mittelteil mit Chants und
Chören zu wechseln, bevor er auf die Tanzfläche zurückkehrt. [5][Streicher]
und Claps situieren auch den nächsten Track, „Fearless“, in der
Discotradition, garniert mit einer glasklaren Synthesizer-Melodie. In „I
Just Want to Dance“ bestimmt ein trockener E-Bass das Instrumental, Cleo
Sols Gesang, der um die titelgebende Zeile kreist, suggeriert
Unbeschwertheit.
## Mutmachende Texte
Nur, so einfach ist das nicht: „I don’t really wanna feel / I’m ’bout to
cry“, heißt es im Songtext von „Fearless“ – einem Aufruf, sich von der
Angst, die real ist, nicht das Leben bestimmen zu lassen. Der Mut, den das
erfordert, wird auf der zweiten Hälfte des Albums noch einmal auf die Probe
gestellt.
„No Black Violins in London“ ist eine furchtlose und wütende Anklage, der
gesprochene Text wird ausschließlich von Streichern begleitet, deren
Dramatik sich steigert, bis sie einem Horrorfilmsoundtrack gleichen und
abrupt enden. Der Songtitel betont die Streichinstrumente, die auf
„Untitled (Rise)“ facettenreich zum Einsatz kommen. Zugleich weist er
darauf hin, wie unterrepräsentiert Schwarze Künstler:innen immer noch an
den Konservatorien sind.
„Maybe you’re uncomfortable / With the fact we are waking up / Why do you
keep shooting us?“, heißt es in „Uncomfortable“. Der Sound klingt alles
andere als ungemütlich, sondern liebevoll und beruhigend. Aber es ist klar,
wer mit „wir“ und „ihr“ gemeint ist. Sault fragen, wie man Hass in Liebe
transformieren kann. Sie erforschen das Weiterleben, während andere
sterben. So beruhigend, so heilsam die Musik von Sault klingt, die Realität
bleibt in höchstem Maße beunruhigend.
22 Oct 2020
## LINKS
[1] /Juneteenth-und-Autor-Ralph-Ellison/!5692647/
[2] /Polizei-und-Buergerinnen-in-den-USA/!5688542/
[3] /Neues-Album-der-Band-Sault/!5693767/
[4] /Disco-Kultur-in-New-York/!5379098/
[5] /Funkadelic-Mitbegruender-gestorben/!5316532/
## AUTOREN
Diviam Hoffmann
## TAGS
Soul
Black Lives Matter
Neues Album
Disco
Funk
Soul
Musik
Schwerpunkt Rassismus
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