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# taz.de -- Montenegros Metropolit stirbt an Corona: Gläubige küssen Kirchenf…
> Nach altem Ritus küssten am Wochenende Tausende den Leichnam des
> Kirchenoberhaupts – eine während der Pandemie höchst fragwürdige Praxis.
Bild: Nach altem Ritus: Eine Nonne küsst den Kopf des serbisch-orthodoxen Kirc…
Sarajevo taz | Nach altem Ritus küssten die Menschen den Kopf und die Hände
des Leichnams. Tausende von Menschen standen am Wochenende an, um so
Abschied von dem serbisch-orthodoxen Metropoliten von Montenegro,
Amfilohije, zu nehmen. Der 82-jährige war am letzten Freitag Opfer des
Coronavirus geworden und im Klinikzentrum der montenegrinischen Hauptstadt
Podgorica gestorben.
Das News-Portal klix.ba weist darauf hin, dass infizierte Leichen unter
strengen Sicherheitsmaßnahmen entsorgt werden müssen. Eine Ärztin erklärte,
Leichen seien Quelle der Seuche. Die gefährliche Zeremonie galt einem Mann,
der zu den Scharfmachern des serbischen Nationalismus gilt. Von Beginn an
unterstützte er die Kriegspolitik des damaligen serbischen Premiers
Slobodan Milošević, der im zerfallenden Jugoslawien mit Gewalt nach dem
Aufbau eines Großserbien strebte. Den vom Den Haager UN-Tribunal zu einer
lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilten bosnisch-serbischen
Kriegsverbrecher [1][Radovan Karadžić], der aus Montenegro stammt,
glorifizierte er als „Giganten des serbischen Volkes“.
Der Metropolit zählte zu jenen Kirchenfürsten der serbisch-orthodoxen
Kirche, die ganz offen für einen aggressiven Nationalismus eintraten.
Katholiken waren für ihn Feinde und Muslime „falsche Leute mit der falschen
Religion“. Er fand nie ein Wort des Bedauerns über den Genozid an
bosnischen Muslimen in Srebrenica 1995. Der erzkonservative Metropolit
kritisierte die Zivilgesellschaft scharf, die gegen Diskriminierung
kämpfte, und verdammte die gleichgeschlechtliche Ehe als Zeichen der
westlichen Dekadenz.
Amfilohije vertrat auch außenpolitisch stramm antiwestliche und
prorussische Ansichten. Seit Hauptkampf jedoch galt der montenegrinischen
Unabhängigkeitsbewegung. Die für ihn negativ ausgehende Volksabstimmung
2006 war eine seiner größten Niederlagen. Als dann auch noch die Regierung
des unabhängigen Staates die aus dem Untergrund heraustretende
montenegrinische orthodoxe Kirche anerkannte, begann er systematisch seine
Gläubigen zu mobilisieren. Denn die montenegrinische Kirche, die nach dem
Ersten Weltkrieg von der serbischen orthodoxen Kirche eingemeindet und
enteignet worden war, forderte ihr Eigentum, also den gesamten
Kirchenbesitz, zurück.
Er hat die Coronapandemie negiert und auf Gott vertraut. Und sich bei
Gottesdiensten ohne Mundschutz mit Corona angesteckt. Jetzt hat das alte
Ritual seine Anhänger dem Virus schutzlos preisgegeben.
2 Nov 2020
## LINKS
[1] /Kommentar-Finales-Urteil-gegen-Karadic/!5581388
## AUTOREN
Erich Rathfelder
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serbische Minderheit im Kosovo
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