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# taz.de -- Streit um den Brexit: „Weiter so“ geht nicht mehr
> Nicht nur der britische Premier steht vor einem Scherbenhaufen, auch die
> Verhandlungstaktik der EU ist gescheitert. Ein „No Deal“-Brexit wird
> wahrscheinlicher.
Bild: Vorfreude in UK: Premier Johnson hat sein Land auf einen harten Bruch mit…
[1][Es läuft nicht gut für Boris Johnson]. Immer mehr Briten wenden sich
von seinem chaotischen Brexit-Kurs ab – und die Europäer spielen auch nicht
mehr mit. Der EU-Gipfel hat sein Ultimatum für einen Handelsdeal schlicht
ignoriert. Wir verhandeln weiter, so die trotzige Botschaft aus Brüssel.
Und nun kommt auch noch die Ratingagentur Moody’s und stuft die
Kreditwürdigkeit Großbritanniens herab. Zur Begründung verweisen die
Finanzexperten auf die Unfähigkeit der Regierung in London, einen
Handelsvertrag mit Brüssel abzuschließen. Es ist eine Ohrfeige für Boris
Johnson.
Ein Grund zur (Schaden-)Freude ist das allerdings nicht. Denn nicht nur der
britische Premier steht vor einem Scherbenhaufen. Auch die
Verhandlungstaktik der EU ist gescheitert. Sie hat ein Ziel nach dem
anderen verfehlt – und muss sich nun auf einen [2][„No Deal“] einstellen,
das Worst Case Szenario.
Erst hofften die Europäer darauf, dass Johnson die [3][beim Brexit
vereinbarte Übergangszeit] verlängern würde. Für die Wirtschaft hätte sich
dann auch künftig nichts geändert. Doch nun läuft die Frist wie vereinbart
am 31. Dezember ab. Deshalb wird die Zeit knapp, auch für die EU.
## Michel Barnier und David Frost verhandeln am Montag
Brüssel hat versucht, London auf Dauer an die eigenen Regeln zu ketten. Bei
den Steuern, den Löhnen und den Umweltstandards sollte sich Großbritannien
trotz Brexit nach EU-Standards richten. „Level Playing Field“ heißt das, es
soll einen fairen Wettbewerb sichern. Doch Johnson sagt „No“.
Zuletzt haben die Europäer dem britischen Premier auch noch einen
Vertrauensbruch vorgeworfen. Tatsächlich hat Johnson mit seinem
Binnenmarktgesetz gegen den Austrittsvertrag verstoßen. Doch die Brüsseler
Drohung, deshalb die Verhandlungen abzubrechen, lief ins Leere.
Inständig bitten Kanzlerin Angela Merkel und Ratspräsident Charles Michel
den Rabauken aus London nun darum, doch bitte, bitte weiter zu verhandeln.
Man wolle einen Deal, wenn auch nicht um jeden Preis, erklärte Merkel in
Brüssel. Johnsons Vertrauensbruch scheint vergessen.
Dafür gibt es einen schlichten Grund: It takes two to tango – für einen
Deal braucht man nun einmal zwei Partner. Wenn die EU doch noch ein
Handelsabkommen mit Großbritannien abschließen will, muss sie sich mit
Johnson an einen Tisch setzen, auch wenn sie ihm zutiefst misstraut.
Doch wird es überhaupt noch zu Gesprächen kommen? Nach dem EU-Gipfel gaben
sich die Europäer zunächst noch siegessicher. Verhandlungsführer Michel
Barnier werde am Montag den Eurostar nach London besteigen und sich dann
mit seinem britischen Counterpart David Frost treffen, hieß es.
## Muss es immer Freihandel sein?
Doch mittlerweile ist das nicht mehr so sicher. Barnier solle doch nicht
kommen, man werde miteinander telefonieren, heißt es in London. Ist das
noch so ein perfider Trick, um die Europäer weichzuklopfen? Oder macht
Johnson Ernst mit seiner Drohung, den „No Deal“ anzusteuern?
Genau werden wir das wohl erst am Montagmorgen wissen, wenn die Gespräche
beginnen sollen. Klar ist nur eins: Ein „Weiter so“ wird es nicht geben. Im
britisch-europäischen Verhältnis ist etwas zerbrochen – auch wenn die
Europäer es immer noch nicht wahrhaben wollen.
Für den großen Freihandelsdeal wird es daher wohl nicht mehr reichen. Aber
muss es eigentlich immer Freihandel sein? Insgeheim ist die EU längst von
ihrem Maximalziel abgerückt. Am Ende dürften die Europäer schon froh sein,
wenn sie Johnson überhaupt irgendwie einbinden können.
17 Oct 2020
## LINKS
[1] /Johnsons-Verhandlungstaktik-Brexit/!5708250
[2] /Brexit-und-EU/!5718510
[3] /Folgen-des-Brexits/!5657304
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Boris Johnson
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