# taz.de -- Wegen regierungskritischer Proteste: Ausnahmezustand in Thailand | |
> Thailands Regime ruft einen verschärften Notstand aus. Führende Köpfe der | |
> Protestbewegung, die eine Reform der Monarchie fordern, werden verhaftet. | |
Bild: Konfrontation zwischen prodemokratischen DemonstrantInnen und der Polizei… | |
BERLIN taz | Es war schon befürchtet worden, dass Thailands Regime unter | |
dem heutigen Premierminister und früheren Juntachef und Putschführer Prayut | |
Chan-ocha mit verschärften Repressionen gegen die protestierende Jugend | |
vorgehen würde: Am Donnerstag um 4.00 Uhr morgens Ortszeit trat ein | |
unmittelbar zuvor verhängter Ausnahmezustand in Kraft. | |
Demnach sind jetzt Versammlungen von mehr als vier Personen verboten. | |
Zensiert werden auch Nachrichten, „welche die nationale Sicherheit | |
beeinträchtigen können“. Auch wurden bereits führende Köpfe der | |
Protestbewegung verhaftet, darunter der Menschenrechtsanwalt Anon Nampa, | |
die Studentin Panusaya Sithijirawattanakul sowie der Aktivist Parit | |
Chiwarak. Die Organisation „Thai Lawyers for Human Rights“ spricht von | |
mindestens 27 Festgenommenen. Ein kleines Protestcamp vor dem | |
Regierungssitz wurde aufgelöst. | |
Trotzdem versammelten sich am Donnerstagnachmittag einige tausend | |
Regimekritiker an der bekannten Straßenkreuzung Ratchaprasong. Mit dem | |
Begriff „ungekochter Zorn“ beschrieb das kritische Nachrichtenportal | |
Khaosod English den zunächst friedlichen Protest. | |
An der Kreuzung Ratchaprasong waren vor mehr als zehn Jahren die | |
Kundgebungen der „Rothemden“ niedergeschlagen worden, die weitgehend | |
Anhänger des 2006 vom Militär gestürzten Premierministers Thaksin | |
Shinawatra sind. Damals war der heutige Regierungschef Prayut Vize-Chef der | |
Armee. | |
## Vorfall mit der Kolonne der Königin als Vorwand | |
Sein Regime nutzte jetzt ein Ereignis vom Vortag als Legitimation für die | |
Verschärfung jenes Notstands, der seit März wegen der Coronapandemie gilt: | |
Ein Wagen der königlichen Autokolonne, in dem Berichten zufolge Königin | |
Suthida und ihr Stiefsohn, Prinz Dipangkorn, saßen, sei am Mittwoch von | |
Protestierenden blockiert worden, lautete der Vorwurf. | |
Augenzeugen wie der prominente Journalist Pravit Rojanaphruk von Khaosod | |
English widersprechen: Der Wagen sei weder blockiert noch attackiert | |
worden. Die Protestierenden hätten lediglich den „Drei-Finger-Gruß“ | |
gezeigt, der entlehnt aus der Blockbuster-Reihe „Die Tribute von Panem“ in | |
Thailand als Zeichen des Widerstands gegen die Willkürherrschaft gilt. Auch | |
sollen Schimpfwörter gefallen sein. | |
Pravit und andere stellen die Frage, warum die Polizei die royale Kolonne | |
überhaupt auf dieser Route entlang der Demonstration passieren und nicht | |
umleiten ließ. Der unpopuläre [1][König Maha Vajiralongkorn], der | |
bekanntlich lieber luxuriös in Bayern residiert statt sich in Bangkok um | |
sein Volk zu kümmern, hält sich derzeit ebenfalls in seiner Heimat auf. | |
## Militär eskaliert, um sich als Friedensstifter zu inszenieren | |
Gegen die [2][Proteste der Jugend] hatten zuvor schon Ultra-Royalisten | |
mobilgemacht. Zu Wort meldete sich auch der als skrupellos berüchtigte | |
Suthep Thaugsuban. Als Kopf der Bewegung People's Democratic Reform | |
Committee (PDRC) hatte Suthep 2013 und 2014 Proteste gegen die Regierung | |
von Thaksins Schwester Yingluck Shinawatra angeführt. | |
Das bewusste Schüren von Chaos und Gewalt auf Bangkoks Straßen mündete in | |
den Putsch vom Mai 2014. Das Militär, das sich dann nach außen als | |
Friedensstifter inszeniert hatte, war zuvor zentraler Akteur der | |
Eskalation. | |
Seit diesem 1. Oktober hat Thailand mit General Narongphan Jitkaewtae einen | |
neuen Armeechef. Einem Mantra gleich wiederholte er die Beteuerungen seiner | |
Vorgänger: Er „verspreche, den Frieden in der thailändischen Gesellschaft | |
wiederherzustellen, die Entwicklung des Landes zu unterstützen und der | |
Monarchie treu zu bleiben und sie zu schützen“, zitierte ihn die Bangkok | |
Post kurz vor Amtsantritt. | |
Seit August hatten die Rufe nach einer Reform der Monarchie an Fahrt | |
aufgenommen. Sie gelten in dieser Form bis dato als beispiellos: Am 10. | |
August hatte die Soziologiestudentin Panusaya das „Thammasat-Manifest“ | |
verlesen, in dem die junge Generation unter anderem fordert, dass es | |
möglich sein müsse, ein Fehlverhalten des Monarchen zu untersuchen. Auch | |
dürfe ein Staatsoberhaupt künftig keine Militärputsche mehr absegnen. | |
15 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Nicola Glaß | |
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