| # taz.de -- Mit Angela Merkel im KaDeWe: Ab heute nur noch Fendi, Amcela | |
| > Dank investigativer Arbeit der „Bild“ wissen wir, dass Angela Merkel im | |
| > KaDeWe einkauft. Mindestens genauso brisant: was sie da gemacht haben | |
| > könnte. | |
| Bild: Shopping-Tour und Austern schlürfen mit Amcela: Man wird ja wohl noch tr… | |
| Die Gerüchte sind wahr: Angela Merkel shoppt im KaDeWe. Das erfuhren wir in | |
| der Bundespressekonferenz am 19. 10., als ein Bild-[1][Journalist total | |
| investigativ] zur Sprache brachte, dass die Kanzlerin mit Einkaufstaschen | |
| des Berliner Luxuskaufhauses gesichtet wurde. Was dort nicht aufgedeckt | |
| wurde: was im KaDeWe lief. | |
| Vielleicht war es so: Gegen Nachmittag treffen Amcela und ich uns am | |
| Haupteingang. Eine schnelle Kippe, bevor es reingeht. „Amcela, bist du | |
| bereit für dein Queer-Eye-Makeover?“, frage ich sie und versuche, ernst zu | |
| bleiben. Amcela verdreht nur die Augen und zieht extra lang an ihrer Vogue. | |
| „Du weißt eh“, führe ich fort, „es ist nicht dein Style, der dich | |
| problematisch macht. Eher deine Fraktion. Du hängst mit zu vielen | |
| Katastrophen ab.“ | |
| Amcela drückt ihre Zigarette aus, wir ziehen unsere FFP2-Masken über und | |
| gehen rein. Direkt bei Fendi beobachte ich, wie ihr Gang langsamer wird. | |
| Ich greife ihr Handgelenk. „Noch nicht, Amcela“, murmele ich. | |
| Wenige Meter später streckt Amcela ihren Zeigefinger aus. „Prada? So wie | |
| Prada Loth?“ | |
| Ich nicke langsam, mit einem lieben Blinzeln, so wie Deutsche es mögen, das | |
| gibt Zuversicht. „Prada, so wie: was sonst?“, frage ich geduldig. Und dann: | |
| „Ich wusste gar nicht, dass du auf Twitter bist.“ | |
| „Hm?“ Sie schaut mich nicht an, wir stehen auf den Rolltreppen. „[2][Prada | |
| Loth] – das weiß nur, wer bei Twitter ist.“ | |
| Ihre Augen deuten ein Grinsen unter der Maske an. „Natürlich bin ich auf | |
| Twitter. Aber nicht mit Klarnamen.“ Stille. „Hab einen Dark Account.“ Dass | |
| sie ein Schloss vor ihren Twitter-Grind hängt, ist mir sympathisch. Wir | |
| landen im dritten Stock – Klamotten, Schuhe, Unterwäsche. | |
| „Was trägst du so im Homeoffice, Amcela?“, will ich wissen. | |
| „Nichts.“ | |
| „Wie, nichts?!“ | |
| „Na, irgendwas halt.“ | |
| In dem Moment nehme ich einen Fendi-Jogginganzug und drücke ihn ihr in die | |
| Hand. „Nimm mal. Hab auch einen beigen Jogginganzug. Beige und braun. | |
| Moccachino-Look. Den brauchst du auch.“ | |
| Ohne große Widerrede probiert sie an. Dazu ein paar plüschige UGG-Slipper | |
| für die Bodenständigkeit. Sie behält das Outfit gleich an. Bei jeder | |
| Gelegenheit macht sie Witze über Müll und über schlecht sitzende Sakkos | |
| ihrer Kollegen. Erst lache ich, dann kicken die Kaufhaus-Kopfschmerzen. | |
| Irgendwie hatte ich mir das glamouröser vorgestellt. Wir fahren ganz nach | |
| oben. In unseren Moccachino-Looks schlürfen wir Champagner. Die Auster | |
| tropft an meinem Kinn herunter, als ich den finalen Make-Over-Step | |
| ausspreche: „Dump him, Amcela.“ | |
| „Wen?“ | |
| „[3][Seehofer]. Wen sonst?“ | |
| Sie dreht ihren Kopf, will das Thema beenden. Also beende ich es für sie. | |
| „Ab heute nur noch Fendi, Amcela.“ | |
| 22 Oct 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hengameh Yaghoobifarah | |
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