# taz.de -- Angriff vor Synagoge in Hamburg: Jüd:innen fordern mehr Schutz | |
> Nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten wird immer mehr über den | |
> mutmaßlichen Täter bekannt. Verbände mahnen an, Konsequenzen zu ziehen. | |
Bild: Ausreichend geschützt? Nach der Tat patrouilliert ein Polizist vor der H… | |
HAMBURG/BERLIN afp/dpa | Nach dem wahrscheinlich [1][antisemitischen | |
Angriff auf einen jüdischen Studenten in Hamburg] gehen die Untersuchungen | |
zu Motiv und psychischer Gesundheit des mutmaßlichen Täters weiter. In der | |
psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses, in dem der 29-Jährige am | |
Montag auf richterliche Anordnung untergebracht wurde, soll sein Zustand | |
begutachtet werden, wie die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Nana | |
Frombach, sagte. | |
Der Deutsche mit kasachischen Wurzeln hatte nach Erkenntnissen der | |
Ermittler den 26 Jahre alten Studenten am Sonntag aus Judenhass vor einer | |
Synagoge in Eimsbüttel mit einem Klappspaten attackiert und schwer am Kopf | |
verletzt. Nach der Tat wurde in der Hosentasche des Mannes, der eine | |
Militäruniform trug, ein Zettel mit einem Hakenkreuz gefunden. Dem Mann | |
werden versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. | |
Laut einem Spiegel-Bericht war der 29-Jährige zeitweise bei der Bundeswehr. | |
Er habe 2016 freiwillig Wehrdienst geleistet, eine dreimonatige | |
Grundausbildung an der Waffe absolviert und später als Sanitäter | |
gearbeitet, hieß es. Frombach wollte den Bericht weder bestätigen noch | |
dementieren. | |
Erste Hinweise auf eine psychische Erkrankung bei seiner Festnahme, als er | |
laut Polizei einen „extrem [2][verwirrten Eindruck]“ hinterlassen hatte, | |
verhärteten sich bei weiteren Ermittlungen. Wie die Deutsche Presse-Agentur | |
aus Sicherheitskreisen erfuhr, lebte der Mann im vergangenen Jahr noch in | |
Berlin in einem Übergangswohnheim für Spätaussiedler, Geflüchtete und | |
jüdische Zuwanderer. | |
## Lambrecht wirbt erneut für „Demokratiefördergesetz“ | |
Es müsse davon ausgegangen werden, dass er die Tat aufgrund einer | |
psychischen Erkrankung im [3][Zustand erheblicher Einschränkung oder ganz | |
ohne Schuldfähigkeit] begangen habe, sagte Frombach. | |
Mit einer Mahnwache vor der Synagoge setzten am Montagabend rund 200 | |
Menschen ein Zeichen der Solidarität mit der Jüdischen Gemeinde. „Diese | |
Attacke zeigt, wie brisant die Lage im Moment ist“, sagte Andreas Brämer | |
vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden mit Sitz in der | |
Hansestadt. „Ich würde mir wünschen, dass wir in der Zukunft in ganz | |
Deutschland oder weltweit eine Situation haben, wo wir solche Mahnwachen | |
nicht mehr organisieren müssen.“ Aufgerufen zu der Mahnwache hatte das | |
Bündnis gegen Rechts. | |
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher sieht den Angriff vor der | |
Synagoge in einer Reihe mit ähnlichen Ereignissen und Straftaten in ganz | |
Deutschland. Diese Taten seien Mahnung, „entschieden gegen Antisemitismus, | |
populistische Ausgrenzungen und Rassismus vorzugehen“, sagte der | |
SPD-Politiker. | |
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht forderte mehr Prävention gegen | |
Antisemitismus. Das Strafrecht allein reiche nicht, sagte die | |
SPD-Politikerin der Passauer Neuen Presse (Dienstag). „Wir müssen mehr für | |
die Prävention tun, an Schulen, Bildungseinrichtungen und überall sonst, wo | |
sich Menschen begegnen.“ Lambrecht sprach sich für ein | |
„Demokratiefördergesetz“ aus, um Initiativen für eine friedliche und offe… | |
Gesellschaft zu unterstützen. | |
## Vorwürfe an die Polizei | |
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) forderte eine | |
intensivere Auseinandersetzung mit dem Hass, der „millionenfach verbreitet | |
wird im Netz.“ So etwas dürfe nicht abgetan werden „als eine Tat von | |
Einzelnen, die dann auch gerne als geistig Verwirrte beschrieben werden, | |
sondern das ist ein wirklich gravierendes gesellschaftliches Thema und da | |
sind wir alle gefragt“, sagte die Senatorin für Wissenschaft und | |
Gleichstellung. | |
Auch der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Hamburg, Philipp Stricharz, | |
forderte ein konsequentes Eintreten gegen Hass und Hetze. „Es mag sich um | |
einen psychisch verwirrten Einzeltäter gehandelt haben. Aber dieser | |
verwirrte Einzeltäter wird seinen Hass irgendwo herhaben, möglicherweise | |
aus dem Internet“, sagte er. | |
Derweil halten die Forderungen nach stärkeren Sicherheitsvorkehrungen an. | |
Die Polizei müsse bei Veranstaltungen in Synagogen „jederzeit | |
einsatzbereit“ sein, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in | |
Deutschland, Josef Schuster, den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom | |
Dienstag. Angesichts der Lage sei dies die einzige Möglichkeit. | |
## Nicht abschreckend genug | |
Der Jüdische Weltkongress hatte die seiner Ansicht nach mangelnden | |
Sicherheitsvorkehrungen vor der Synagoge kritisiert. „Während wir dankbar | |
anerkennen, dass die Polizei vor Ort schnell reagierte, um den Angreifer | |
von weiterer Gewalt abzuhalten, reichte die Präsenz der Sicherheitskräfte | |
nicht aus, den Angreifer davon abzuschrecken, jemanden schwer zu | |
verletzen“, hatte der Vorsitzende der Organisation, Ronald S. Lauder, | |
erklärt. | |
Die Polizei weist den Vorwurf mangelhaften Schutzes zurück. Der | |
Tatverdächtige sei den Sicherheitskräften aufgefallen, als er vor die | |
Synagoge trat, sagte Polizeisprecherin Sandra Levgrün nach einem Bericht | |
von NDR 90,3 vom Dienstag. Die Objektschutzkräfte hätten sich bereits in | |
seine Richtung bewegt, weil er ihnen komisch vorgekommen sei. „Aber genau | |
in dem Moment hat er dann auch schon den verdeckt getragenen Spaten gezogen | |
und hat zum Angriff übergesetzt. Das ist, selbst wenn Polizei daneben | |
steht, nicht immer zu verhindern“, sagte Levgrün. Wichtig sei, dass der | |
Mann direkt festgenommen worden und damit weitere Taten verhindert worden | |
seien. | |
6 Oct 2020 | |
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