# taz.de -- Feiern zu 30 Jahre deutsche Einheit: Aufrufe zu Mut und Zuversicht | |
> Mit einem Festakt wurden 30 Jahre deutsche Einheit in Potsdam gefeiert. | |
> Bei Feierlichkeiten in Sachsen blieben Linke, Grüne und SPD demonstrativ | |
> fern. | |
Bild: Richtig festlich in Potsdam: Der Corona-Abstand wurde eingehalten | |
POTSDAM/DRESDEN epd/taz | Mit Aufrufen zu Mut, Zuversicht, Verantwortung | |
und Zusammenhalt ist der 30. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung | |
begangen worden. An dem zentralen Festakt der Bundesrepublik am 3 Oktober | |
nahmen die Staatsspitze, geladene Gäste und Bürger*innendelegationen aus | |
den 16 Bundesländern teil. Wegen der Corona-Pandemie waren statt mehr als | |
1.000 Menschen nur 230 Gäste bei der Feier in Potsdam. | |
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte in seiner Festrede, der Tag | |
der Einheit sei ein „wichtiger Moment der Freude, der Erinnerung und der | |
Ermutigung“. „Wir leben heute in dem [1][besten Deutschland, das es jemals | |
gegeben hat]“, sagte Steinmeier: „Weil wir es gemeinsam wollten, ist unser | |
Land moderner und offener geworden.“ Der Blick müsse jedoch auch mit | |
Zuversicht auf die Herausforderungen der Zukunft nach der | |
Coronavirus-Pandemie gerichtet werden, die derzeit weltweit verhandelt | |
würden, auf „Klima, Digitalisierung, Zusammenhalt“. | |
„Wir müssen mit dabei sein, wir müssen gut sein, und schnell, und bereit | |
zum Umdenken, in manchen Fällen zum radikalen Umdenken“, sagte Steinmeier. | |
Die Folgen des Klimawandels, die Erosion der internationalen Ordnung, neue | |
Spaltungen der Gesellschaften und Kräfte, die am vereinten Europa zerren, | |
seien aktuelle Herausforderungen, sagte der Bundespräsident: „Überall da | |
sind wir gefordert.“ | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte vor dem Festakt das Engagement | |
für ein Zusammenwachsen von Ost und West. Dafür sei viel Mut erforderlich | |
gewesen, in Ostdeutschland ebenso wie in der alten Bundesrepublik, sagte | |
Merkel. Auch die Partner*innen in der Welt hätten damals Mut aufgebracht, | |
Deutschland zu vertrauen. Auch heute sei weiter Mut nötig, „in Ost und | |
West, in Nord und Süd“, um eine gute und friedliche Zukunft zu erreichen, | |
sagte Merkel: „Ich wünsche mir, dass wir weiter mutig neue Wege | |
beschreiten.“ | |
Feierstimmung in Sachsen gedämpft | |
Die Feiern zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit sind in Sachsen vom | |
[2][Streit über den Festredner Arnold Vaatz] getrübt worden. Wegen des | |
CDU-Bundespolitikers und früheren DDR-Bürgerrechtlers blieben die | |
Abgeordneten von Grünen, Linken und SPD dem Festakt demonstrativ fern. | |
Vaatz war zuletzt wegen Äußerungen zur Berliner Polizei in die Kritik | |
geraten. Er hatte den Beamt*innen im Zusammenhang mit einer Demonstration | |
gegen Corona-Maßnahmen DDR-Methoden vorgehalten. Grüne, Linke und die SPD | |
im sächsischen Landtag hatten die Auswahl von Vaatz als Festredner | |
kritisiert und schon vorab ihr Fernbleiben angekündigt. | |
„Arnold Vaatz irrlichtert seit Jahren durch die politische Landschaft“, | |
kommentierte der Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt bereits Anfang | |
September. Er könne nicht erkennen, was Vaatz für diese Festrede | |
qualifiziere. Eine Woche später folgte eine Pressemitteilung der Linken. | |
„Vaatz versöhnt nicht, er spaltet“, war sie überschrieben. „Wir sind ni… | |
scharf darauf, uns in einem Nebel der Selbstbeweihräucherung weitere krude | |
Thesen eines Festredners anzuhören, der sich längst ins politische Abseits | |
manövriert hat“, heißt es darin weiter. | |
Vaatz betonte dann in seiner Rede, er habe in manchen Situationen Zweifel, | |
ob die Freiheit von 1990 noch Lebenswirklichkeit sei. Es müsse doch zum | |
Beispiel möglich sein, über die Energiearten der Bundesrepublik zu streiten | |
oder über die Gefahren der Verschuldungspolitik. Dass eine „saubere | |
Trennung von Asylpolitik und Einwanderungspolitik“ eingefordert werde, | |
müsse zugelassen werden, ohne an den Pranger gestellt zu werden oder zu | |
stellen. | |
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer und Landtagspräsident | |
Matthias Rößler (beide CDU) verteidigten die Einladung von Vaatz: „Ich | |
finde es unfair, wie das in Sachsen in den vergangenen Wochen gelaufen | |
ist“, sagte Ministerpräsidemt Kretschmar beim Festakt. Es sei keine Lösung | |
sich wegzudrehen, wenn einer eine andere politische Meinung hat. „Wir | |
müssen das aushalten, dass es verschiedene Meinungen gibt“, sagte | |
Kretschmer. „Sich gegenseitig zuhören – nur das wird uns eine gute Zukunft | |
bringen“, fügte er hinzu. | |
Sachsens Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) bedauerte, dass Teile des | |
sächsischen Parlaments dem Festakt ferngeblieben waren. Vaatz sei | |
„zweifellos streitbar“, habe aber zugleich „eine zutiefst demokratische | |
Haltung“ in einer globalen Gesellschaft, sagte Rößler. Er sei ein Zeitzeuge | |
und ein Gestalter der Wiedergründung Sachsens 1990. | |
4 Oct 2020 | |
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