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# taz.de -- Proteste nach Vergewaltigungen in Indien: Patriarchale Gesellschaft
> Zwei Vergewaltigungen mit Todesfolge empören viele Menschen in Indien.
> Die Opfer waren Frauen der untersten Kaste.
Bild: Proteste nach dem Tod zweier Vergewaltigungsopfer in Delhi am Mittwoch, 3…
Delhi dpa | Aus Protest gegen zwei Gruppenvergewaltigungen mit tödlichem
Ausgang protestieren Menschen in mehreren Regionen Indiens auf den Straßen
und in den sozialen Netzwerken. Beide Opfer waren junge Frauen aus der
niedrigsten indischen Kaste, Dalits („Unberührbare“). Berichten zufolge
wurde eine von Männern aus einer höheren Kaste missbraucht, ehe sie an
schweren Verletzungen starb.
In der patriarchisch geprägten Gesellschaft Indiens, wo auch heute noch
vielen Menschen das Kastenwesen wichtig ist, obwohl es offiziell
abgeschafft ist, erleiden Dalit-Frauen oft eine doppelte Diskriminierung.
Die Polizei versuchte am Donnerstag im Heimatdorf eines der Opfer, die
Proteste einzuschränken. Einige Demonstranten forderten auf Plakaten, die
[1][Täter zu hängen].
Beide junge Frauen kamen aus dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat Uttar
Pradesh, der zu den ärmsten gehört. Beide starben am Dienstag.
Die eine soll Mitte September auf einem Feld misshandelt worden sein. Dabei
seien ihre Zunge und ihr Rückenmark verletzt worden, sagte ihr Bruder
indischen Medien. Sie starb zwei Wochen später.
## Wieder Vorwürfe an die Polizei
Die Familie wirft der Polizei vor, die Leiche mitten in der Nacht ohne
Einwilligung eingeäschert zu haben. Die Polizei wies diesen Vorwurf zurück.
Der Regierungschef des betroffenen Bundesstaates twitterte, Premierminister
Narendra Modi habe gesagt, dass die Vergewaltiger streng bestraft werden
sollten.
Die zweite Dalit-Frau soll laut Polizeiangaben Dienstagnacht vergewaltigt
worden und noch auf dem Weg in ein Krankenhaus gestorben sein. Zuvor sei
sie entführt und betäubt worden, sagte ihre Familie indischen Medien. Ihr
Kind hätte nach der Tat kaum mehr sprechen und laufen können, sagte die
Mutter.
Inzwischen nahm die Polizei nach eigenen Angaben die mutmaßlichen vier
Vergewaltiger der ersten Frau und die zwei der zweiten Frau fest. Es soll
Eilverfahren geben.
## Seit 2012 macht das Vergewaltigungsproblem Schlagzeilen
2012 hatte ein besonders brutaler Vergewaltigungsfall einer Studentin in
einem Bus in der Hauptstadt Indien und der Welt gezeigt, dass das Land ein
grundsätzliches Problem hat – ein Vergewaltigungsproblem.
Nach offiziellen Zahlen wird dort alle 15 Minuten eine Frau oder ein
Mädchen vergewaltigt – und nicht alle Fälle werden erfasst. Auch heute
schweigen viele Inderinnen darüber. Nur besonders [2][brutale Fälle] machen
nationale Schlagzeilen.
Als Reaktion darauf haben in den vergangenen Jahren immer wieder Menschen
protestiert, [3][manche forderten den Tod von Tätern]. Doch Aktivistinnen
sagen, der Grund der vielen Vergewaltigungen liege tiefer – und zwar in der
[4][patriarchalen Gesellschaft], in der viele Frauen früh lernten, dass sie
[5][weniger wert seien als ihre Brüder].
Jedes Jahr werden Tausende weibliche Föten abgetrieben, Mädchen besuchen
Schulen seltener als Jungen und Töchter sind für Familien oft eine
finanzielle Belastung – häufig müssen sie bei ihrer Heirat eine hohe
Mitgift zahlen, obwohl dies inzwischen offiziell verboten ist.
[6][Aktivistinnen] werfen der Polizei und dem oft überlasteten Justizsystem
auch vor, Opfer sexueller Gewalt nicht ernst genug zu nehmen – besonders,
wenn sie einer niedrigen Kaste angehören.
1 Oct 2020
## LINKS
[1] /Todesstrafe-in-Indien/!5672888
[2] /Neuer-Fall-empoert-Indien/!5641404
[3] /Indiens-Polizei-beruft-sich-auf-Notwehr/!5648003
[4] /Debatte-Sexualisierte-Gewalt-in-Indien/!5502557
[5] /Feministische-Aktion-in-Indien/!5590162
[6] /MeToo-in-Indien/!5540554
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Indien
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