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# taz.de -- Gründe für die Ausbreitung von Corona: Ansteckung beim Mittagspla…
> Partys und Reisen sind offenbar nicht die Hauptgründe für die steigenden
> Coronazahlen. Was wir sonst noch über die Wege des Virus wissen.
Bild: Spaß haben ist nicht gefährlicher als die Mittagspause auf Arbeit: Ball…
Berlin taz | Am Anfang der Pandemie in Europa stand so etwas wie ein
Beherbergungsverbot, das damals keine gute Idee war: Der österreichische
Bundeskanzler [1][Sebastian Kurz verkündete am 13. März eine Quarantäne]
über das Paznauntal, in dem auch der Ski- und Partyort Ischgl liegt.
Wie jetzt [2][eine Expert*innenkommission feststellte], reisten die
Touristen damals völlig überstürzt ab, aus dem Coronahotspot Ischgl seien
rund 78 Prozent nicht namentlich erfasst worden. Es sei zu bezweifeln, dass
die Tiroler Behörden auch nur einen Heimatstaat über potenziell Infizierte
auf Rückreise informiert hätten, schreibt der Verbraucherschutzverein
Österreichs.
Partygäste, die sich und später halb Europa infizierten – das Bild stand zu
Beginn der Pandemie und wird auch jetzt häufig bemüht, da die Fallzahlen
wieder ansteigen: [3][Das Robert-Koch-Institut meldete am Montag 2.467
Neuinfektionen] an einem Tag, fast doppelt so viele wie vor einer Woche.
Infizierte stecken im Schnitt 1,37 Menschen an, damit ist ein Anstieg der
Infektionszahlen vorprogrammiert.
Die Gründe für den Anstieg sind dabei diffus – und die derzeit viel
zitierten Partys nur einer von vielen. Berlin-Neukölln und Berlin-Mitte
liegen laut RKI mit 142 und 103 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner*innen
weit über dem Bundesdurchschnitt, der bei rund 25 Infektionen liegt. Dabei
handle es sich um ein „diffuses Geschehen“, [4][schreibt das RKI], „zum
Teil getragen von jungen, international Reisenden und Feierenden, die sich
unterwegs bzw. auch auf Partys anstecken“.
## Beengte Wohnverhältnisse
Wie hoch deren Anteil ist, dazu gibt es keine genauen Zahlen. Allerdings
lässt sich mit Sicherheit sagen, dass Partys nicht der Hauptgrund für den
Anstieg sind. Das [5][Gesundheitsamt von Frankfurt am Main], die Stadt ist
ebenfalls ein neuer Hotspot, nennt auf Anfrage vier Punkte, Feiern ist nur
einer davon.
Die anderen sind gemeinsame Fahrten im Pkw und gemeinsame Pausenaktivitäten
während der Arbeit – offenbar stecken sich mindestens genauso viele Leute
beim Mittagsplausch über verantwortungslose Jugendliche an wie Jugendliche
beim Feiern. Hauptursache für Infektionen in Frankfurt: beengte
Unterbringung in Gemeinschaftseinrichtungen. Geflüchtete besser
unterzubringen wäre also eine effektivere Maßnahme.
Was bisher kein Grund zur Sorge scheint, sind Schulen und Kitas, die schon
in einer Erhebung des RKI im September für vergleichsweise wenige
Neuinfektionen sorgten. In München, ebenfalls Coronahotspot, sind
beispielsweise [6][derzeit von 9.500 Schulklassen und Kitagruppen nur 69
wegen einzelner Coronafälle in Quarantäne].
Welchen Beitrag zum Infektionsschutz Beherbergungsverbote leisten, ist nach
Ansicht von Bernd Salzberger, Leiter der Infektiologie am
Universitätsklinikum Regensburg, nur schwer zu sagen. „Wir wissen, dass
durch Reisen viele Infektionsketten ausgelöst worden sind“, sagt er der
taz. Das habe sich bei den Reiserückkehrern im Sommer gezeigt und natürlich
zu Beginn der Pandemie mit den Ausbrüchen nach den Skiurlauben. Zumindest
in Ischgl sind damals aber keinerlei Hygienemaßnahmen eingehalten worden.
## Mit dem Frühjahr nicht vergleichbar
Systematische Auswertungen, was innerdeutsche Reisebeschränkungen nutzen,
wenn die Menschen sich an die Hygieneregeln halten, gebe es bisher nicht,
sagt Salzberger. „Das allgemeine Beherbergungsverbot ist deshalb ein sehr
grobes Instrument.“ Es sei eben ein Unterschied, ob in einem Spaßhotel eine
Gruppe einen Junggesellenabschied feiern wolle oder eine Familie ihre
Herbstferien plant.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Familie im Bayerischen Wald eine
Epidemie auslöst“, sagt er. Das alles lasse sich schlecht in allgemeine
Regeln umsetzen. „Da haben Politiker gerade eine schwere Rolle.“
Auf eine weitere Zwickmühle hat [7][das ifo-Institut in München] am Montag
hingewiesen: Die aktuellen Infektionszahlen seien mit denen im Frühjahr
„nicht vergleichbar“. Das ifo hat abgeschätzt, wie hoch die
Infektionszahlen im April gewesen wären, wäre damals genauso getestet
worden wie heute. Nach der Modellrechnung wären damals dann mehr als 16.000
Neuinfektionen am Tag registriert worden, also mehr als 2,5-mal so viele
wie damals gemessen.
Mit dieser Zahl müsse der aktuelle Höchststand von 4.500 Neuinfektionen in
Relation gesetzt werden, um das aktuelle Geschehen einzuordnen. Nicht mit
den damals gemessenen 6.000 Neuinfizierten. Das sieht auch Salzberger so.
„Dennoch ist der steigende Anteil positiver Tests besorgniserregend“, sagt
der Virologe.
13 Oct 2020
## LINKS
[1] /Coronakrise-in-Oesterreich/!5671665/
[2] /Corona-in-Oesterreich/!5719475
[3] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html
[4] https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberi…
[5] https://frankfurt.de/service-und-rathaus/verwaltung/aemter-und-institutione…
[6] https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-corona-schulen-ueberblick-1.5…
[7] https://www.ifo.de/DocDL/sd-2020-digital-12-dorn-fuest-etal-corona-infektio…
## AUTOREN
Ingo Arzt
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