# taz.de -- Berliner Gastronomen und Corona: Draußen nur Wärmflaschen | |
> Heizpilze und geheizte Zelte sind schlecht für das Klima. Aber wie | |
> könnten sich Cafés und Bars über den Winter retten? | |
Bild: So einfach wird es nicht: Café-Besuche als Herausforderung in den kühle… | |
BERLIN taz | Während man vor wenigen Wochen noch gemütlich bis drei Uhr | |
morgens auf Kneipen-Terrassen Limoncello Spritz trinken konnte, ohne auch | |
nur einen Hauch zu frieren, hilft jetzt nicht mal mehr der dickste | |
Wollpulli. Draußen sitzen macht keinen Spaß mehr – dabei zeigt das | |
Thermometer noch 14 Grad. | |
Es ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das schnoddrigen Herbstwetter. | |
Wegen der Abstandsregeln sind die Plätze in den Lokalen deutlich begrenzt. | |
Den Berliner Gastronom*innen steht eine harte Zeit bevor. Nicht nur wegen | |
der ab Samstag geltenden Sperrstunde, derzufolge Kneipen, Restaurants und | |
Spätis ab 23 Uhr schließen müssen. Auch der kommende Winter setzt den | |
Gastronom*innen zu. Die Kneipen- und Barbesitzer*innen sind auf die Nutzung | |
der Außenbereiche angewiesen, um den Winter finanziell zu überstehen. Nur | |
wie zur Hölle können sie ihren Gästen einen angenehmen Aufenthalt | |
ermöglichen ohne taube Zehen und blaue Finger? | |
Noch immer gibt es keine einheitliche Regelung für die Nutzung von | |
Heizpilzen in Berlin. In Reinickendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf sind | |
sie erlaubt, in allen anderen Bezirken verboten. Zum Glück. Denn die | |
Strahler sorgen nicht nur auf den Kneipen-Terrassen für warme Temperaturen, | |
sondern auf der ganzen Welt. Ein Heizpilz stößt laut einem Bericht der Zeit | |
pro Stunde zwischen 1,1 und 2,6 Kilogramm CO2 aus – das kann man sich | |
angesichts der Klimakrise nicht leisten. | |
Einig hingegen sind sich die Bezirke darin, dass Gastronom*innen die | |
Außenbereiche verstärkt nutzen dürfen, etwa durch Überdachungen. | |
Genehmigungen hierfür sollen bis März 2021 verlängert werden. | |
## Ölheizungen sind die falsche Lösung | |
Diese Genehmigung bekommt man allerdings nicht so einfach. Der Betreiber | |
der Ständigen Vertretung in Mitte, Jörn Peter Brinkmann, ist daran | |
jedenfalls gescheitert. Statt Heizpilzen möchte er mit Ölheizungen | |
ausgestattete Zelte auf der Terrasse am Spree-Ufer aufstellen. Doch das | |
Bezirksamt Mitte hat den Aufbau der Zelte abgelehnt. „Mit der Begründung, | |
dass dadurch das Straßenbild beschädigt werden könnte“, sagt Brinkmann. | |
Wenn er die Zelte nicht aufstellen darf, müsse er die Hälfte der | |
Mitarbeiter*innen in Kurzarbeit schicken. | |
Es geht in einer Pandemie nicht ums Straßenbild. Wenn die hässlichen Zelte | |
die Gastronomie vor dem Aus retten können: Stellt sie auf. Aber bitte ohne | |
die Ölheizungen, die für Wärme in den Zelten sorgen sollen. Diese sind | |
vermutlich kein Fünkchen besser als Heizpilze. Um den Winter zu überstehen, | |
sollten Gastronom*innen lieber überlegen, wie sie Gäste in die | |
Außenbereiche locken können. Vielleicht mit gut gefüllten Wärmflaschen? Und | |
die Gäste könnten schon mal Ski-Unterwäsche kaufen und ihre | |
Mund-Nasen-Masken winterfest machen, zum Beispiel mit eingenähtem Fell. | |
9 Oct 2020 | |
## AUTOREN | |
Rieke Wiemann | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Gastronomie | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Pariser Abkommen | |
Schwerpunkt Coronavirus | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Flugscham | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie zu Corona in der Gastronomie: Risikoort Restaurant | |
Eine US-Studie zeigt, dass Restaurants ein erhebliches Ansteckungsrisiko | |
bergen könnten. Ärmere sind beim Einkaufen besonders gefährdet. | |
Studie zu deutschen CO2-Emissionen: Letzte Chance fürs 1,5-Grad-Ziel | |
Damit Deutschland bis 2035 CO2-neutral wird, fordert Fridays for Future | |
drastische Maßnahmen. Auch die IEA legt erstmals ein Null-CO2-Szenario vor. | |
Berlin und die Corona-Sperrstunde: 23 Uhr Schotten dicht | |
Für Kneipen und Bars ist die Sperrstunde eine Katastrophe. In der Branche | |
herrscht eine große Wut gegenüber denen, die die Regeln ignoriert haben. | |
Umweltbundesamt macht Ausnahme: Heizpilze wegen Corona vertretbar | |
Eigentlich gelten sie als CO2-Schleudern. Aber wegen der Corona-Pandemie | |
und der desolaten Lage der Gastronomie ist das Umweltbundesamt gnädig. | |
Corona und der Heizpilz: Flüge in den menschlichen Abgrund | |
Fluggesellschaften fliegen jetzt im Inland umher, Heizpilze retten die | |
Gastronomie. Wie Corona erfinderisch macht und dabei die Realität verkennt. |