# taz.de -- Expert:innen zu Baumpflanzungen: „Wir sind nicht alleine“ | |
> Gülcan Nitsch und Martin Ladach engagieren sich bei der | |
> Umweltorganisation Yeşil Çember und dem Bergwaldprojekt e.V. für gesunde | |
> Wälder. | |
Bild: Zusammen anpacken: Hier werden 200 Bäume gepflanzt | |
Die heißen und trockenen vergangenen Sommer zeigen enorme [1][Auswirkungen | |
auf unsere Wälder]. Um sie zu erhalten und ihre Widerstandsfähigkeit zu | |
erhöhen, organisiert das [2][Bergwaldprojekt e.V.] seit 1991 ökologische | |
Arbeitseinsätze im Wald, Moor und Offenland. Die Umweltorganisation | |
[3][Yeşil Çember] (Türkisch für Grüner Kreis) aktiviert seit vielen Jahren | |
insbesondere türkischsprachige Menschen in Deutschland für den | |
Umweltschutz. Gülcan Nitsch und Martin Ladach von den beiden Organisationen | |
erzählen über ihre Zusammenarbeit. | |
taz: Wie umweltbewusst ist die türkische Community? | |
Gülcan Nitsch: Der Informationsbedarf ist sehr hoch, Klimaschutz wird zu | |
wenig debattiert. Wenn die Menschen aber durch unsere Angebote erfahren, | |
wie stark unsere Zukunft von unserem CO2-Fußabdruck abhängt und jede*r | |
handeln muss, kommt es oft zu Verhaltensänderungen. Der ökologische | |
Lebensstil wird anderen vorgelebt, und es wird über den Ernst der Lage | |
diskutiert. | |
Wie ist eure Kooperation entstanden? | |
Martin Ladach: Das Bergwaldprojekt versteht sich als Plattform für alle, | |
die aktiv Verantwortung für den Schutz der Ökosysteme übernehmen möchten. | |
Manche gesellschaftlichen Gruppen haben es offensichtlich leichter, auf die | |
Plattform zu kommen – am Abbau der Hürden, die es zum Beispiel für Menschen | |
mit Migrationshintergrund gibt, wollen wir arbeiten und benötigen dafür | |
Unterstützung. | |
Nitsch: Ich wollte interkulturelle Erfahrungen ermöglichen. | |
Was habt ihr bereits durchgeführt? | |
Ladach: 2019 war ich auf einer Führung eingeladen, die Yeşil Çember | |
regelmäßig organisiert. In den brandenburgischen Wäldern haben wir die | |
[4][dramatischen Folgen der Klimakrise] deutlich gesehen. Etwas später hat | |
das Bergwaldprojekt in der Nähe mit 200 Freiwilligen einen Pflanztag | |
durchgeführt. Darunter waren auch 20 Personen über Yeşil Çember angemeldet. | |
Gemeinsam wurden an einem Tag 3.000 standortheimische Bäume für einen | |
naturnahen Mischwald gepflanzt. | |
Nitsch: Außerdem haben wir Infomaterial zum Bergwaldprojekt ins Türkische | |
übersetzt, um die Community aktiv einzuladen. | |
Wie hat sich das angefühlt? | |
Nitsch: Alle türkischen Teilnehmer*innen waren sehr angetan und können die | |
nächste Aktion kaum erwarten. Ich fühle mich dadurch gestärkt. Unsere | |
Zusammenarbeit ist eine große Bereicherung und gibt mir Hoffnung für die | |
Zukunft. | |
Ladach: Solche Aktionen führen uns vor Augen, dass wir nicht alleine sind | |
im Kampf gegen die Klimakatastrophe: Mit so vielen Menschen aktiv zu sein | |
und die Grundlagen für einen stabilen, zukünftigen Wald zu pflanzen, | |
ermöglicht ein Gefühl von Selbstwirksamkeit. Wir buddeln zusammen im | |
Waldboden, tauschen uns aus und empfinden große Freude über das gemeinsam | |
Erreichte – ich kann mir kaum Schöneres vorstellen. | |
Wie wichtig ist es, alle gesellschaftlichen Teile beim Klimaschutz | |
einzubeziehen? | |
Nitsch: Unser Ziel sollte sein, alle migrantischen Communitys in | |
Deutschland zu erreichen – und das sind etwa 20 Prozent der Bevölkerung! | |
Ladach: Die Klimakrise kennt keine nationalen Grenzen; und sie zu bremsen, | |
ist keine Aufgabe, die eine Gruppe alleine bewältigt. Insofern benötigen | |
wir dringend alle Teile der Gesellschaft. | |
Gibt es Herausforderungen? | |
Nitsch: Wenn unterschiedliche Kulturen zusammenkommen, sind Hürden | |
sicherlich normal. Wir lösen sie mit Offenheit und im konstruktiven Dialog. | |
Wie geht ’s weiter? | |
Nitsch: Im Oktober planen wir an einer Pflanzung im Harz teilzunehmen, im | |
nächsten Jahr weitere Aktionen. Auch eine gemeinsame, zweisprachige | |
Publikation zum Thema Wald ist als Wunsch vorhanden. | |
Wo seht ihr euch in 10 Jahren? | |
Ladach: Es bleibt zu hoffen, dass es uns und den vielen anderen Aktiven im | |
Klimaschutz gelingt, Begeisterung und Initiative für die notwendigen | |
gesellschaftlichen Veränderungen zu schaffen und dass die politischen | |
Rahmenbedingungen für die Einhaltung der Klimaziele dann umgesetzt sind – | |
anders ist kein Ende der negativen Entwicklungen bezüglich der | |
Klimakatastrophe und damit auch im Wald abzusehen. | |
Nitsch: Ich wünsche mir, dass wir noch viele Jahre zusammenarbeiten, | |
weiterhin voneinander lernen und uns unterstützen. Mein Herzenswunsch ist: | |
Klimaschutz soll – spätestens – in 10 Jahren in der Verfassung verankert | |
sein und oberste Priorität auf allen Ebenen haben. | |
25 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Schadensrekorde-bei-Baeumen/!5702886 | |
[2] http://www.bergwaldprojekt.de | |
[3] http://www.yesilcember.eu | |
[4] /Duerre-im-Norden/!5695609 | |
## AUTOREN | |
Lena Gärtner | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimagerechtigkeit | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Wald | |
Waldsterben | |
Plastiktüten | |
Schwerpunkt Klimagerechtigkeit | |
Intersektionalität | |
Schwerpunkt Klimagerechtigkeit | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ohne Plastik Einkaufen am Maybachufer: Wünsche am Zitronenbaum | |
Die Umweltorganisation Yesil Cember versucht auf dem Wochenmarkt in | |
Neukölln für umweltfreundliches Einkaufen zu werben. Es könnte klappen. | |
Rolle der EU beim Klimaschutz: Vorbild für die Welt? | |
Um das Pariser Abkommen einzuhalten, muss dringend gehandelt werden. Europa | |
könnte dabei international eine Schlüsselrolle spielen. | |
Klimabewegung und Intersektionalität: Da geht noch was! | |
Die Klimabewegung muss Antirassismus, Queerfeminismus und | |
Klassenperspektiven mitdenken. Noch tut sie das nicht genug. | |
Lokale Projekte gegen den Klimawandel: Bananenschalen gegen die Klimakrise | |
Um der Klimakrise zu begegnen, braucht es nicht immer futuristische | |
Technologien. In Uganda hat eine Gruppe Frauen mit einfachen Mitteln | |
Erfolg. |