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# taz.de -- Streit um den Straßenraum: Radwende mit Hürden
> Der Anteil des Fahrradverkehrs wächst. Doch die Fronten beim Kampf um den
> begrenzten Raum sind nicht so scharf gezogen, wie man meinen könnte.
Bild: Trügerische Verkehrsidylle: Straßenszene im Hamburger Stadtteil Ottensen
Hamburg taz | Das [1][Radfahren in Hamburg] hat sich in den vergangenen
Jahren merklich verändert. Bei passablem Wetter sind es ganze Scharen von
Radlern, die sich auf den selten normgerechten Radwegen drängen. Freie
Fahrt war gestern. Stattdessen müssen sich schnellere Radler hinten
anstellen und warten, bis sich eine Möglichkeit zum Überholen ergibt. Oft
geht das nur durch Ausweichen auf den Fußweg oder die Fahrbahn.
Das nervt, aber die größere Anzahl macht die Radler auch zu einem ernst zu
nehmenden Faktor. Sie sind drauf und dran, zur „[2][Critical Mass]“ zu
werden – so wie sie die in vielen Großstädten regelmäßig stattfindenden
Fahrradcorsos im Namen tragen. Die Corsos sind keine Demonstrationen, die
angemeldet werden müssten – sie machen sich einfach die
Straßenverkehrsordnung zunutze, nach der Radfahrer in Gruppen ab 16
Personen zu zweit nebeneinander fahren dürfen.
Die Zahlen der Studie „[3][Mobilität in Deutschland]“ bestätigen dieses
subjektive Bild. Von 2008 bis 2017 hat die Anzahl der Wege, die per Rad in
der Stadt zurückgelegt werden, von 700.000 auf 900.000 zugenommen – bei
einer Gesamtzahl von jeweils sechs Millionen Wegen. Die Zahl der Kilometer,
die alle Radler zusammen dabei zurückgelegt haben, stieg von 2,2 auf 3,4
Millionen Kilometer pro Tag.
Die Politik auf allen Ebenen hat das [4][Potenzial des Radverkehrs] für den
Klima- und Umweltschutz und auch die Lebensqualität in den Städten erkannt.
Das schlägt sich nieder in neuen Radfahr- und Schutzstreifen, umgestalteten
Kreuzungen, Fahrradparkhäusern und Radschnellwegen. Die seit April geltende
Novelle der Straßenverkehrsordnung hat die Bedingungen fürs Radfahren noch
einmal verbessert. Und das elektrisch unterstützte Pedelec erschließt dem
Rad einen neuen Freundeskreis.
## Mehr Sichtbarkeit – mehr Sicherheit
Diese Entwicklungen könnten zu einem sich selbst verstärkenden Effekt
führen. Denn die Zunahme des Radverkehrs bedeutet mehr Sichtbarkeit und
damit Sicherheit. Sie bedeutet aber auch eine zunehmende Konkurrenz um den
knappen Straßenraum.
Zwar schafft jeder, der aufs Rad umsteigt, mehrere Quadratmeter Platz im
fließenden wie im ruhenden Verkehr, doch auch so mancher Radler hat
vielleicht noch ein Auto, das er gern in seiner Straße parken würde, und
goutiert es nicht, wenn der Parkstreifen einem Radweg weichen muss, wie es
sich im Hamburger Stadtteil Ottensen gezeigt hat.
Überhaupt ist die zentrale Frage: Wer muss was abgeben, wenn mehr Raum fürs
Rad geschaffen werden soll? In einem optimistischen Szenario wird es dabei
in den kommenden Jahren ein Fließgleichgewicht geben. Je mehr Radler es
gibt, desto stärker geht der Autoverkehr zurück und desto eher lässt sich
von den Fahrbahnen was abknapsen. Selbst auf einer Landstraße im Kreis
Northeim hat es einen entsprechenden Versuch gegeben.
Beim Ausbau des Radverkehrs spielt außerdem die Frage des Schutzstandards
eine Rolle. Je höher der geschraubt wird, desto aufwendiger und schwieriger
sind Verbesserungen an der Radverkehrsinfrastruktur. Aber nicht jeder
traut sich, um seiner selbst oder seiner mitfahrenden Kinder willen, auf
einer bloß abmarkierten Radspur neben einem schweren Lkw herzufahren.
Um den Kreis der Radelnden allmählich zu erweitern, gilt es hier – von
Übergangslösungen ausgehend –, sukzessive die Standards zu verbessern.
Den gesamten Schwerpunkt zur Radverkehrswende lesen Sie in der taz am
Wochenendausgabe am Kiosk oder [5][hier]
18 Sep 2020
## LINKS
[1] /Umbau-des-Verkehrssystems/!5663079
[2] http://criticalmass.de/
[3] http://www.mobilitaet-in-deutschland.de/
[4] /Senator-Tjarks-ueber-die-Mobilitaetswende/!5689491
[5] /e-Paper/Abo/!p4352/
## AUTOREN
Gernot Knödler
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