# taz.de -- Der Berliner Spreepark als Utopie: Ein Möglichkeitsraum | |
> Der Zukunft zugewandt auch als Ort für Partys? Im „Labor Spreepark“ wird | |
> diskutiert, was aus der Vergnügungsstätte im Plänterwald werden könnte. | |
Bild: Diskussionsrunde mit Schwan vom alten Rummel | |
Berlin taz | Kunst und Kultur brauchen Raum, der in Berlin bekanntlich | |
immer knapper wird. Und die Partyszene hätte gerne mehr Freiflächen, gerade | |
jetzt in den Coronazeiten, um mal wieder angemessen zum Feiern laden zu | |
können. Platz genug, um so einige Bedürfnisse von Kultur- und | |
Partyveranstaltern befriedigen zu können, gäbe es auf dem Gelände des | |
Spreeparks im Plänterwald. Aktuell ist dieses noch eingezäunt und außer bei | |
Führungen nicht zugänglich. Doch hier, wo einst ein Vergnügungspark mit | |
wechselhafter Geschichte war, soll ja wieder was für die Öffentlichkeit | |
entstehen. Ein Park für alle, der das Erlebnis von Natur mit Kunst und | |
Kultur verbindet, so lauten die Pläne der Stadt, der das Gelände wieder | |
gehört. [1][Wie genau das aussehen soll], ist jedoch noch weitgehend | |
unklar, aktuell ist der Spreepark ein 23 Hektar großer utopischer | |
Möglichkeitsraum. | |
Konzeptentwicklung und Planung im Zusammenspiel mit einem | |
Bürgerbeteiligungsverfahren wurden eben abgeschlossen, nun hat die Phase | |
„Labor Spreepark“ begonnen, die Freifläche im Spreepark entfaltet sich als | |
Ort für Diskurse und temporäre kulturelle Nutzung. Der Park soll zum | |
„Lernort“ werden für Umwelt- und Kulturbildung. Noch bis zum [2][Sonntag | |
wird es dazu Diskussionen und Veranstaltungen] auf dem Gelände geben. Der | |
neue Spreepark, der 2026 fertiggestellt sein soll, öffnet sich also Stück | |
für Stück. | |
Im Rahmen dieses mehrtägigen „Probebetriebs“ lud der Verein Kollektiv | |
Spieltrieb am Donnerstag zum Thementag mit der Fragestellung | |
„Freiraumpolitik für Kunst und Kultur – ein Spreepark für alle?“ in die | |
Werkhalle auf dem Parkgelände. Auf zwei Panels, für die Kultur- und | |
Partyveranstalter genauso geladen wurden wie Politiker, ging es darum, wie | |
man den Park kulturell nutzen könnte. | |
Welche Vorstellungen dafür gibt es überhaupt: Darum ging es vor allem im | |
ersten Panel, bei dem Vertreter von Kultur- und Partykollektiven zu Wort | |
kamen. In der zweiten Gesprächsrunde gaben dann Kulturpolitiker von SPD, | |
den Grünen und der Linken ihre Sicht auf den Spreepark zum Besten. | |
Vieles blieb bei den Diskussionen freilich ziemlich wolkig und allgemein. | |
Es wurde weniger tatsächlich diskutiert als vor allem noch einmal | |
geflissentlich vorgetragen, wie wichtig Freiräume für die | |
unterschiedlichsten Gruppierungen und Szenen seien. Von den | |
Partyveranstaltern sagte dann auch niemand konkret, er könne sich gut | |
vorstellen, schon im nächsten Frühjahr einen Open-Air-Rave unter dem | |
Riesenrad zu veranstalten. | |
Auch Pedro Marum, Mitveranstalter eines queeren Festivals, sprach eher | |
generell über die Notwendigkeit von Safe Spaces für die queere Community, | |
von denen es auch wegen Corona immer weniger in der Stadt gebe. Dass er bei | |
seinen Ausführungen auch an die Zukunft des Spreeparks dachte, durfte man | |
sich dazudenken. | |
Angela Volz, die als Betreiberin des Clubs und Biergartens Rummels Bucht | |
auf dem Podium saß, der Ende des Jahres schließen muss, weil auf dessen | |
Standort Büros und Wohnungen gebaut werden sollen, ließ immerhin | |
durchblicken, dass sie sich gut vorstellen könnte, hier auf dem Gelände | |
ihren Laden neu zu eröffnen. Und Steff Ungerer, der als „Vertreter der | |
Berliner Wasserkultur“ vorgestellt wurde und der angab, Teil der hiesigen | |
„Floß-Community“ zu sein, führte aus, dass die auf dem Wasser beheimatete | |
Kulturszene auch gerade auf der Suche nach neuen Möglichkeiten sei. Dafür | |
sei der Spreepark mit seiner direkten Anbindung ans Wasser nicht der | |
schlechteste Ort. | |
Aber am Ende war es Manfred Mocker, Sprecher der Bürgerinitiative „Pro | |
Plänterwald“, eindeutig der Älteste auf dem Podium und nicht als Lobbyist | |
der Partyszene verdächtig, der dann für alle sprach, als er meinte, vor | |
allem solle der Spreepark auch nach seiner Fertigstellung ein Ort für | |
Experimente bleiben. Er solle eigentlich nie ganz fertig sein, sondern | |
stetig in einem Entwicklungsprozess. Der geplante Park für alle wurde nicht | |
nur an dieser Stelle der Diskussionen zur Metapher für die ganze Stadt. | |
Etwas mehr Feuer hatte die zweite Gesprächsrunde, als die Träumereien der | |
Kulturaktivisten auf die politischen Realitäten trafen. Katalin Gennburg | |
von den Linken sprach sich zwar dafür aus, mehr oder weniger schon morgen | |
den Zaun um den Spreepark abzureißen und das Gelände der Party- und | |
Kulturszene zu überlassen. Doch Ursula Renker aus der Senatsverwaltung für | |
Umwelt, Verkehr und Klimaschutz gab schnell die Spielverderberin. Genauso | |
wie Gregor Lütjens von Grün Berlin, der landeseigenen Firma, die mit der | |
Planung und Gestaltung des Spreeparks betraut wurde. Allein aus | |
Sicherheits- und Haftungsgründen könne man hier vorerst keine Partys oder | |
Ähnliches veranstalten, gaben die beiden zu bedenken. Ursula Renker wandte | |
sich lieber an Ikea und meinte, die hätten auf ihren Parkplätzen doch Platz | |
genug für Raves. „Ikea rettet die Clubkultur“, das wäre ein Slogan, den s… | |
sich gut vorstellen könnte, wohl eher als „Spreepark ist die neue | |
Partyzentrale Berlins“. | |
Marc Wohlrabe, Vorstand von LiveKomm, dem Bundesverband der | |
Musikspielstätten, zeigte sich dann noch misstrauisch, inwieweit überhaupt | |
einmal Platz für Open-Air-Musikveranstaltungen im Spreepark geschaffen | |
werden soll. | |
Er zitierte aus einer Infobroschüre zur Zukunft des Geländes, in der davon | |
die Rede ist, dass der Spreepark zuletzt als Kulisse für Festivals, | |
Konzerte und Theateraufführungen diente. Warum, so Wohlrabe, wurde das so | |
formuliert, als sei es mit dieser Kulisse nun vorbei? Und was soll der | |
nächste Satz in der Broschüre genau bedeuten: „Nun kehrt der neue Spreepark | |
als besondere Spielstätte zurück auf den Berliner Kulturkalender“? Wird es | |
auch in Zukunft mal laut werden dürfen auf dem Gelände? Wird etwas für den | |
Lärmschutz getan, um hier Partys veranstalten zu können, ohne dass die | |
Anwohner durchdrehen? Wirkliche Antworten gab es auf diese Fragen nicht auf | |
dem Podium. | |
11 Sep 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Spreepark-wird-Kulturpark/!5704137 | |
[2] https://gruen-berlin.de/nachricht/probebetrieb-startet-im-spreepark | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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