# taz.de -- Die Wahrheit: Kein Eis für Schlampen | |
> Der vom Bund ausgeschüttete „Kinderbonus“ ist ein „Bonus-Kindergeld“. | |
> Dass davon hauptsächlich Paare profitieren, ist gut durchdacht. | |
Bild: Futterneid treibt die Kleinen zu äußersten Maßnahmen | |
Ich persönlich muss hier einmal sagen, dass ich sehr froh und glücklich | |
bin, dass alleinerziehende Mütter in diesem Lande nur die Hälfte des | |
Kinderbonus bekommen werden! Zum Glück! Ich finde die Entscheidung super | |
und sehr wichtig, also super richtig. | |
Denn wir wissen alle, dass die Alleinerziehenden dieses Landes herzlose | |
Schlampen sind. Und, dass alleinerziehende Mütter, ganz anders als | |
verheiratete Frauen, die ihren Kindern immer Sachen kaufen müssen, so ganz | |
normale Sachen, wie ein Eis im Einkaufszentrum oder die Teilnahme an einem | |
Schwimmkurs oder eine neue Schultasche oder eine neue Brille oder neue | |
Winterstiefel oder vielleicht kieferorthopädische Behandlungen, dass diese | |
Frauen also Kinder haben, die nie Bedürfnisse haben, nie Hunger, nie Lust | |
auf ein Eis oder den Wunsch nach Schwimmunterricht oder irgendwas mit | |
Gesundheit. | |
Manche Leute, die nicht so gut in Mathe sind, könnten sagen, dass es unfair | |
ist, dass ausgerechnet Elternteile, die alles alleine stemmen müssen, auf | |
zusätzliches Geld verzichten müssen, aber wer so denkt, hat nicht zu Ende | |
gedacht. Oder vielleicht ist nicht gut genug geklärt, um was für herzlose, | |
nutzlose, geldgierige, unmütterliche Schlampen es sich dabei handelt. | |
Nur ein paar Stunden Recherche auf den Spielplätzen Berlins reicht, um uns | |
zu zeigen: Diese Entscheidung war fair, diese Entscheidung war richtig! | |
Diese Entscheidung war die einzig mögliche Entscheidung, die der deutsche | |
Staat treffen konnte: | |
## Lena aus Treptow | |
„Ich habe gar nicht vor, nur einen Cent für meinen Scheißbengel | |
auszugeben!“, so zum Beispiel Lena, 36-jährige Mama eines dreijährigen | |
Kindes aus Berlin-Treptow. „Er nervt nur! Warum soll ich das noch | |
finanziell unterstützen? Immer heult er voll laut rum, zum Beispiel, wenn | |
wir im Supermarkt sind, super lästig. Ich werde mir stattdessen nuttige | |
Stiefel kaufen, so schön rote Plastikstiefel, damit die Männer mir | |
hinterherrufen, wenn ich die Straße entlang gehe! Das Kind kann in Crocs | |
aus dem Second-Hand-Laden zur Schule gehen! Egal, ob bald Winter ist! Das | |
ewige Gejammer nervt doch einfach nur!“ | |
„Sex-Spielzeuge!“, sagt Lenas beste Freundin Veronika, alleinerziehende | |
Mutter von drei Kindern, aus Berlin-Pankow. Sie lacht mit Vorfreude auf | |
ihre kostenlose Geschenke vom deutschen Staat. „Sobald ich von diesem | |
wunderbaren Kinderbonus gehört habe, war ich mir ganz sicher – damit kann | |
man super viele Sex-Spielzeuge kaufen! Hauptsache, die Kinder kriegen nix | |
davon ab! Es gibt nichts, was mich wütender macht als die Idee, dass ich | |
Geld verschwenden sollte für meine eigenen Kinder! Da würde ich kotzen! | |
Nee, ich war gestern im Sex-Shop, ich weiß schon genau, was ich mir kaufe, | |
so einen Riesendildo und einen Womanizer, ich habe es genau ausgerechnet, | |
der Kinderbonus reicht dafür genau! Hihihi!“ | |
„Ich werde die ganzen 100 Euro“, so Tanja Müller, alleinerziehende Frisör… | |
aus Berlin-Steglitz, „für Wodka und Zigaretten ausgeben! Was haben wir arme | |
Frauen, wenn nicht Wodka und Zigaretten?“ | |
## Chantal aus Spandau | |
„Ein Gramm Koks!“, sagt Chantal aus Spandau. „Ich freue mich so sehr drau… | |
Eigentlich bin ich super happy, dass wir Alleinerziehende weniger bekommen | |
als die Frauen, die verheiratet sind! Denn bei zwei Gramm Koks kriege ich | |
immer Kopfschmerzen!“ | |
Wir wissen alle, dass Kinder von Paaren im Vergleich doppelt so teuer sind. | |
Aktivitäten, Hobbys, Musikunterricht, Logo- und andere -päden. Aber | |
Haushalte, die nur mit einem Einkommen existieren, sind dazu oft noch in | |
Armut gefangen. Das darf natürlich nicht unterstützt werden. Denn | |
Alleinerziehende würden die volle Summe nie in ihre Kinder investieren. Da | |
draußen gibt es einfach zu viele andere schöne Sachen, für die sie ihr Geld | |
viel lieber ausgeben würden. Man muss die alleinerziehende Mutter in | |
Deutschland wie eine Elster denken – sie holt ihr Kind von der Kita ab, das | |
Kind fragt nach Eis, aber sie wird abgelenkt von dem glänzenden Vibrator im | |
Schaufenster des nächsten Sex-Ladens. | |
Wäre es nicht überhaupt besser, wenn man diesen Schlampen gar kein Geld | |
geben würde? Warum nicht 450 Euro oder sogar 600 Euro für die Paare | |
Deutschlands, die sind ja schließlich noch zusammen und haben dadurch | |
vernunftbegabtes Handeln bewiesen – und gar nichts für die im Grunde | |
einfach nur egomanischen Alleinerziehenden? Wäre das nicht viel gerechter? | |
Muss die andauernde Subvention der Sex-Spielzeug-Industrie denn überhaupt | |
sein? | |
15 Sep 2020 | |
## AUTOREN | |
Jacinta Nandi | |
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