# taz.de -- Schüsse auf Demonstrierende in Libyen: Aufstand gegen Kriegsführer | |
> In Libyens Hauptstadt Tripolis kommt es zu Protesten gegen alle | |
> Kriegsparteien. Plötzlich fallen Schüsse, vermummte Milizen feuern in die | |
> Menge. | |
Bild: Libyens Milizen sind immer wieder in Übergriffe auf Zivilisten verwickel… | |
Tunis taz | Die Poster zeigten Fotos der [1][verfeindeten Kriegsführer | |
Libyens]: General Haftar, Regierungschef Sarradsch, Parlamentschef Saleh | |
nebeneinander. Die Portraits waren durchgekreuzt und mit den Worten „Geht | |
endlich“ versehen. Hunderte Demonstranten kamen am Sonntagabend auf dem | |
zentralen Märtyrerplatz in Libyens Hauptstadt Tripolis zusammen und | |
forderten ein Ende von Korruption und Willkürherrschaft auf allen Seiten. | |
Obwohl die Demonstranten mit weißen Flaggen durch die Innenstadt zogen, um | |
keine der in Tripolis tonangebenden Milizen zu provozieren, fielen | |
plötzlich Schüsse. Vermummte Uniformierte feuerten von ihren Pick-ups, um | |
die Menge zu zerstreuen. | |
Videos von Demonstranten mit Schusswunden kursierten später auf sozialen | |
Netzwerken. Brennende Mülltonnen und in kleinen Gruppen durch die Stadt | |
ziehende Jugendliche erinnerten an den Beginn des Aufstandes gegen Gaddafi | |
2011. | |
Es ist unwahrscheinlich, dass die Sarradsch-Regierung den Einsatz von | |
scharfer Munition angeordnet hat. Das gewaltsame Vorgehen der | |
regierungsnahen Milizen zeigt nun aber, wie schwierig es sein wird, den am | |
Freitag verkündeten [2][Waffenstillstand] umzusetzen. | |
## Söldnertruppen wollen keinen Frieden | |
Die vier großen Hauptstadtmilizen, die von der [3][Türkei] aus Syrien | |
eingeflogenen Söldner und radikale Gruppen werden zwar vom Innen- oder | |
Verteidigungsministerium bezahlt, handeln aber oft nur in Eigeninteresse | |
und auf eigenes Kommando. Der 18-monatige Krieg um Tripolis war für die | |
ausländischen Kämpfer aus Syrien, Sudan und Russland ein lukratives | |
Geschäft. Der Frieden würde ihre Entwaffnung bedeuten. | |
Doch die Bevölkerung sehnt sich nach friedlichen Verhältnissen. Zwar gibt | |
es seit Juni kaum noch Kämpfe zwischen den Einheiten der Regierung im | |
Westen des Landes und den Truppen von General Haftar im Osten. Dafür aber | |
verschlechterten sich die Lebensumstände in vielen libyschen Städten | |
merklich. Bis zu zehn Stunden täglich fiel in den Sommermonaten in Teilen | |
von Tripolis die Wasser- und Stromversorgung aus, der Wert des Dinars sank | |
um ein Drittel. | |
Auch die monatlich auf rund 60 Euro begrenzte Auszahlung an Geldautomaten | |
und die langen Schlangen an den Tankstellen zerren an den Nerven vieler | |
Libyer. Noch warten in der Hauptstadt über 100.000 auf die Rückkehr in ihre | |
Häuser, die sie während der Kämpfe im Süden der Zweimillioneneinwohnerstadt | |
und des Beschusses durch die mittlerweile abgezogenen Haftar-Truppen | |
verlassen mussten. In der letzten Woche starben drei Rückkehrer bei der | |
Explosion von Landminen. | |
24 Aug 2020 | |
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## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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