# taz.de -- Corona in Berlin: Wie geht's denn den Pflegenden? | |
> Bisher blieb eine Überlastung der medizinischen Kapazitäten aus. Jetzt | |
> läuft die Vorbereitung auf eine mögliche neue Infektionswelle. | |
Bild: Das neue Corona-Behandlungszentrum in Berlin blieb bislang leer | |
Zu Beginn der Coronapandemie standen Krankenhäuser im Fokus der | |
Aufmerksamkeit. Das hat stark nachgelassen – auch deshalb, weil es nie zur | |
Überlastung kam. Auf dem bisherigen Höhepunkt wurden rund 600 | |
Covid-19-Patienten auf Intensivstationen versorgt, Mitte vergangener Woche | |
waren es nur 15. | |
Da der Senat nun das neue Corona-Behandlungszentrum auf dem Messegelände | |
weiter ausbaut, obwohl noch keines der dort bereits vorhandenen 500 Betten | |
genutzt wurde, sinkt der Druck auf die Kliniken weiter. Trotzdem müssen sie | |
auf eine zweite Infektionswelle vorbereitet sein. | |
Beim landeseigenen Vivantes-Konzern sieht man sich gewappnet: Man habe | |
zusätzliche Intensivkapazitäten eingerichtet und Geräte beschafft, sagt | |
Sprecherin Mischa Moriceau. An fünf der neun Standorte wurden | |
spezialisierte „Beatmungszentren“ für CoronapatientInnen eingerichtet. Und | |
nicht nur das: „Wir haben Stationen umstrukturiert und Abläufe angepasst, | |
Schutzmaterialien bevorratet, Mitarbeitende geschult und eingestellt und | |
Teststellen etabliert.“ Bei PatientInnen und Personal würden systematisch | |
Abstriche gemacht. | |
Im Rahmen der „ersten Welle“ habe sich erwiesen, dass die unterschiedlichen | |
Bereiche und Berufsgruppen unbürokratisch zusammenarbeiteten und flexibel | |
reagieren könnten, so Moriceau. Eine Ausnahmesituation bleibt die Pandemie | |
dennoch: Der Zugang für BesucherInnen ist (nicht nur) bei Vivantes weiter | |
stark eingeschränkt: EineR pro Tag und PatientIn, lautet die Regel. Mit | |
akuter Atemwegserkrankung darf niemand ins Krankenhaus – es sei denn als | |
PatientIn. In Stationen mit Covid-19-Erkrankten gilt ein Besuchsverbot, | |
Ausnahmen gibt es bei Schwerstkranken und Sterbenden. | |
Deutlich gelockert wurden dagegen die Besuchsregeln in Pflegeeinrichtungen. | |
In der allgemeinen Eindämmungs-Verordnung tauchen sie nicht mehr auf, doch | |
müssen die Heime ihre Schutzkonzepte am Hygiene-Rahmenkonzept der | |
Gesundheitsverwaltung ausrichten. | |
## „Soziale Kontakte sind lebensnotwendig“ | |
Dessen Motto lautet explizit: „Infektionsschutz ist lebensnotwendig. | |
Soziale Kontakte sind es auch.“ Kurzzeitiges Verlassen der Einrichtungen | |
soll den BewohnerInnen ermöglicht werden, und solange sie nicht an | |
Atemwegsinfekte leiden, dürfen täglich bis zu drei Personen zu Besuch | |
kommen. | |
Die sieben Berliner Pflegeeinrichtungen der deutschlandweit tätigen Korian | |
AG können BesucherInnen nach vorheriger Terminvereinbarung betreten, wie | |
Unternehmenssprecherin Tanja Kurz bestätigt: „Zudem müssen sie sich | |
registrieren und gegebenenfalls einer Temperaturkontrolle unterziehen.“ Um | |
die Abstandsregelung gewährleisten zu können, habe man verschiedene | |
Besuchsbereiche eingerichtet. Auch im Freien könnten die Bewohnerinnen | |
Besuch empfangen. | |
Im Übrigen erleichterten digitale Technologien den Umgang mit der | |
Situation, sagt Kurz: Man habe mittlerweile zur Koordinierung der Besuche | |
eine eigene App entwickelt, die von MitarbeiterInnen wie Angehörigen | |
genutzt werde. „Mithilfe der dort erfassten Informationen sind wir im Fall | |
der Fälle auch in der Lage, die Kontaktpersonen schnell zu ermitteln.“ | |
Nicht nur beim Briefeschreiben oder Telefonieren, sondern auch bei | |
Skype-Anrufen würden die BewohnerInnen jetzt auf Wunsch unterstützt. | |
Etwas anders gelagert ist die Situation der ambulanten Dienste, die wie die | |
stationären Einrichtungen ungefähr ein Viertel der rund 112.500 | |
pflegebedürftigen BerlinerInnen betreuen. „Unsere Pflege im Haushalt ist | |
sehr persönlich“, sagt Jenny Pieper-Kempf vom Diakonie-Pflege Verbund | |
Berlin, mit fast 2.000 KundInnen einer der größten Berliner Anbieter: „Bei | |
Alleinlebenden sind die Pflegenden oft die wichtigsten Bezugspersonen.“ | |
Weil deshalb Zugewandtheit wichtig ist – etwa die zu pflegende Person | |
einmal in den Arm zu nehmen –, seien die Abstandsregeln eine ganz besondere | |
Herausforderung, so Pieper-Kempf. Natürlich gälten dennoch die | |
Hygieneregeln. „Unsere MitarbeiterInnen geben ihr Bestes, damit die Leute | |
sich in einer Situation wohlfühlen, die mit besonderen Ängsten verbunden | |
ist.“ | |
## Schutzbekleidung für 12 Wochen | |
Pieper-Kempf erinnert daran, wie prekär anfangs die Versorgung mit | |
Schutzmaterial war: „Dankenswerterweise haben wir viele private Spenden | |
bekommen, von der FFP2-Maske aus dem Baumarkt bis zum selbst genähten | |
Mund-Nase-Schutz.“ Sollte es zur „zweiten Welle“ kommen, reichten die | |
Vorräte für zwölf Wochen, dazu gehören auch Overalls, Visiere oder | |
Handschuhe, die nötig werden, wenn KundInnen an Covid-19 erkranken. | |
Tatsächlich habe es im Bereich des Diakonie-Pflege-Verbunds bis jetzt nur | |
einige Verdachtsfälle gegeben, die sich nicht bestätigten, weiß Jenny | |
Pieper-Kempf. Angesichts der aktuellen Entspannung starte man auch langsam | |
wieder die vom Jobcenter finanzierten Mobilitätshilfedienste – Begleitung | |
zum Arzt oder auf Spaziergängen –, die auf null gefahren worden waren. | |
Und dann ist da noch die Sache mit der gesellschaftlichen Wertschätzung. | |
Den Bonus von bis zu 1.000 Euro, den das Land den Pflegekräften aus | |
Bundesmitteln ausgezahlt hat, begrüßt Pieper-Kempf verhalten: „Wichtiger | |
ist langfristig eine deutlich bessere Vergütung durch die Pflegekassen“, | |
sagt sie. „Dafür muss die Politik sich einsetzen.“ In der Krankenpflege hat | |
es diesen Bonus bislang nicht gegeben. Allerdings zahlte das Land | |
Angestellten bei Vivantes und Charité dreimal bis zu 150 Euro. | |
22 Aug 2020 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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