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# taz.de -- Tennis und die Coronakrise: Das Flatterband vor dem Clubhaus
> Manchmal löst Corona sogar etwas Gutes aus: Im Tennis-Club wurde die
> Geschlechtertrennung aufgehoben. Aber deshalb gleich Polonaise tanzen?
Bild: Der Tennisverein macht ernst und schafft den pandemieresistentesten Ort i…
Als mein [1][Tennisverein unter Coronabedingungen] die Saison eröffnete,
wurde der zum wahrscheinlich pandemieresistentesten Ort in ganz Berlin
umgebaut. Alles wurde dichtgemacht, kein Zutritt in das Clubhaus, keiner in
die Umkleidekabinen, kein Aufenthalt vor und nach dem Spiel, keine sozialen
Kontakte außer zu seinem Mitspieler. Und bitte desinfiziert eure Hände nach
dem Sport!
Horrorgeschichten von anderen Vereinen wurden seitens des Vorstands
kolportiert, in denen sich angeblich irgendein Mitglied nicht an die Regeln
gehalten hatte und dann wieder alles geschlossen wurde. Das machte gehörig
Eindruck, denn eines wollten wir ja alle: endlich wieder [2][Tennis
spielen].
Als sich die Situation mit der Pandemie über den Sommer zunehmend
normalisierte und bei anderen Vereinen wahrscheinlich kein Mensch mehr beim
Tennisspielen an Corona dachte, war bei uns immer noch Alarmstufe Rot. Bis
heute wissen nur ein paar Eingeweihte, dass duschen wieder erlaubt ist.
Aber erst einmal können, wenn die Umkleiden ständig abgeschlossen sind. Und
immer noch weht vor dem Clubhaus ein Flatterband, das irgendetwas absperren
soll, wobei niemandem klar ist, was genau.
Nun aber konnte man in den letzten Wochen eine seltsame Art von Protest
gegen die vereinsinternen, ein wenig übertrieben wirkenden Coronamaßnahmen
beobachten. Nicht so Attila-Hildmann-mäßig, sondern dann doch um einiges
subtiler. Man kann sagen, dass plötzlich damit begonnen wurde, die
tradierte Ordnung des Spielbetriebs aufzulösen.
Guerillamäßig ins gemischte Doppel
Vor Corona war klar: Mann verabredet sich mit Mann zum Match, Frau mit
Frau, gespielt wird eineinhalb Stunden, vielleicht noch ein Bier danach,
das war's. Jetzt treffen ständig Männer auf Frauen auf den Plätzen und es
finden sich spontane Mixed-Doppel zusammen. Zudem wechseln Spieler und
Spielerinnen immer wieder auf den Plätzen hin und her, was es in
virusfreien Zeiten auch nicht gab. Es wirkt fast so, als wolle man in
seinem Bedürfnis, endlich wieder soziale Kontakte mit anderen aufzunehmen,
die konstruierten Barrieren [3][zwischen den Geschlechtern] beim Sport
gleich miteinreißen und gegen gewisse, als überkommen erkannte
Gepflogenheiten im Spielbetrieb rebellieren.
Alle Forderungen in den letzten Jahren, bei den Vereinsmeisterschaften
endlich nicht mehr Frauen getrennt von den Männern gegeneinander antreten
zu lassen, wurden stets abgelehnt. Getrennte Turniere: Das war schon immer
so, und das wird auch immer so bleiben.
Jetzt wurde guerillamäßig ein eigenes Spaßturnier organisiert, Frauen
spielten dabei ganz selbstverständlich gegen Männer, und manche von ihnen
gewannen dabei mehr, als es so manchem der Herren wahrscheinlich lieb war.
Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass dieser neue Status quo bei
den nächsten Clubmeisterschaften noch einmal zurückgedreht werden kann.
Wird das hier gerade einer dieser Texte, die belegen wollen, dass Corona
auch seine positiven Seiten haben kann? Ich befürchte es fast. Denn so
dynamisch war das Clubleben bei uns, obwohl es im klassischen Sinne so gut
wie gar nicht stattfindet, noch nie. Obwohl Stillstand verordnet wurde,
bewegen sich gerade alle aufeinander zu, und das in ganz neuen Bahnen – das
ist wohl wirklich etwas Gutes. Ausgelöst durch Corona.
Nur als dann nach besagtem Spaßturnier auch noch Polonaise auf dem
Center-Court getanzt wurde, dachte ich: Jetzt ist vielleicht doch mal
genug.
24 Aug 2020
## LINKS
[1] /Rueckkehrplaene-des-Tennis-Betriebs/!5696016&s=coronabedingungen/
[2] /Tennisstar--lesbische-Heldin/!5701042&s=Tennis/
[3] /Corona-und-der-Alltag/!5669280&s=Geschlechtertrennung/
## AUTOREN
Andreas Hartmann
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Tennis
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