| # taz.de -- ATP-Sieg deutscher Tennisprofi Zverev: Die Zukunft des Tennis ist s… | |
| > Alexander Zverev gewinnt als erster Deutscher seit Boris Becker die ATP | |
| > Finals. Er wird als künftiger Superstar umschwärmt. | |
| Bild: Der junge Hamburger schlug sogar den Tennis-Star Djokovic | |
| In gewisser Weise gibt es keinen schöneren Sieg als diesen. Wie gut muss es | |
| sein, nach dem allerletzten Turnier des Jahres in die Ferien zu fliegen, | |
| ohne Zwang und ohne Termin, stattdessen getragen von einer Luftschicht aus | |
| Glücksgefühlen, Stolz, Freude und Verwirrung. Sonst wartet nach großen | |
| Siegen ernüchternd schnell das nächste Turnier, doch dieser letzte Titel | |
| schenkt eine kleine Weile lang Freiheit. | |
| So schwebte Alexander Zverev am Montagmorgen in den Urlaub, wahrscheinlich | |
| wieder ohne Socken. Mit nackten Füßen in festen Schuhen war er vor Beginn | |
| des Turniers der Besten in die Tube eingestiegen, um zur Gala ins House of | |
| Parliaments zu fahren. Nach der Fahrt trug er diverse Pflaster, und die | |
| anderen machten sich lustig über seine hausgemachten Probleme. Doch nach | |
| dem großen Sieg im Finale gegen Novak Djokovic spricht davon niemand mehr. | |
| Als er vor drei Jahren mit 18 in London von der ATP als „Star of Tomorrow“ | |
| ausgezeichnet wurde, war allen klar, in welche Richtung der Weg des jungen | |
| Hamburgers führen würde. Nach oben, und zwar ziemlich steil. Im vergangenen | |
| Jahr gewann er die ersten beiden Titel bei den Masters-1000-Turnieren, der | |
| Kategorie unterhalb der Grand Slams, und kletterte auf Platz drei der | |
| Weltrangliste. | |
| In diesem Jahr gewann er im Frühling in Madrid Nummer drei bei den 1000ern, | |
| und nach dem Triumph bei den ATP Finals hat er auf Platz vier der | |
| Weltrangliste nur noch 35 Punkte Rückstand auf Roger Federer. Verbunden mit | |
| einer guten Chance, den Schweizer schon in den ersten Wochen des kommenden | |
| Jahres zu überholen. | |
| ## „Erst mal ein bisschen beruhigen“ | |
| Die überzeugende, selbstbewusste, ja fast in sich ruhende Art, in der er in | |
| London am Wochenende zuerst Federer und dann den zuletzt kaum zu | |
| besiegenden Djokovic schlug, kann man als Versprechen deuten. Djokovic | |
| sagt, er sehe bei Zverev viele Ähnlichkeiten zu seiner eigenen Karriere, | |
| und er hoffe, der werde ihn eines Tages überholen. | |
| Als Zverev darauf angesprochen wurde, lachte er herzhaft: „Oh, Jesus. | |
| Leute! Ich hab jetzt einen dieser Titel hier gewonnen, er hat fünf. Er hat | |
| ungefähr 148 Titel mehr als ich. Ich hoffe, ich kann große Dinge erreichen, | |
| aber jetzt sollten wir uns vielleicht erst mal ein bisschen beruhigen.“ | |
| Aber mit der Ruhe ist es natürlich nicht so leicht, wenn jemand wie Boris | |
| Becker, der anno ’95 als letzter deutscher Spieler den Titel bei diesem | |
| Turnier gewann, die großen verbalen Geschütze auffährt. | |
| In einem Gespräch mit der BBC verkündete er, der Sieg von Zverev bei den | |
| ATP Finals sei ein Moment, auf den die ganze Tenniswelt gewartet habe. | |
| „Seit Jahren sagen wir, dass Tennis neue Gesichter und starke neue Spieler | |
| braucht, und er hat bewiesen, dass er der Beste der nächsten Generation | |
| ist. Die Welt hat am Sonntag die Ankunft eines neuen Superstars gesehen.“ | |
| ## Mit großer Aufmerksamkeit beobachtet | |
| Zverev selbst stand am Abend seines größten Sieges nicht der Sinn nach | |
| staatstragenden Kommentaren. Was die Zukunft bringen kann? „Das ist zu | |
| kompliziert jetzt. Wir haben viele Jahre vor uns, da kann viel passieren.“ | |
| Es ist kein Geheimnis, dass er in nicht allzu ferner Zukunft der Beste sein | |
| will und dass er dazu auch alle Möglichkeiten hat. | |
| Aber er ist ja nicht der Einzige. Novak Djokovic verlor in der zweiten | |
| Hälfte des Jahres drei Spiele, gegen den Griechen Stefanos Tsitsipas, | |
| kürzlich im Finale von Paris gegen den Russen Karen Chatschanow und nun | |
| gegen Zverev in London, mithin gegen die Besten einer [1][neuen, | |
| hoffnungsvolle Generation]. | |
| In der Kabine sangen die Männer des Teams ziemlich schräg ein paar Töne des | |
| Klassikers „We are the Champions“. Mittendrin Altmeister Ivan Lendl, der | |
| seit August zum Team des jungen Deutschen gehört. | |
| Eine Verpflichtung, die mit großer Aufmerksamkeit beobachtet wurde und | |
| wird, aber an der Bedeutung der Grundfeste im Leben und in der Karriere von | |
| Alexander Zverev nicht geändert hat. „Mein Vater hat aus mir den Spieler | |
| gemacht, der ich bin. Und er hat aus mir die Person gemacht, die ich bin“, | |
| sagt er. „Bei allem Respekt für Ivan, aber mein Dad verdient die meiste | |
| Anerkennung.“ | |
| ## Er setzte ein funkelndes Ausrufezeichen | |
| Und dieser sehr gerührte Dad, der manchmal mit Tränen in den Augen über | |
| seinen Jüngsten spricht, vermittelt auch eine klare Sicht der Dinge. Zum | |
| Thema, wer im Team das letzte Wort habe und ob Lendl eher Chefcoach oder | |
| Berater sei, hatte er Folgendes zu sagen: „Ich bin mit Sascha 50 Wochen im | |
| Jahr unterwegs, Ivan ist vielleicht zwölf Wochen dabei. Sie dürfen selber | |
| entscheiden, welche Rolle Ivan hat und welche Rolle ich habe. Ich hoffe, | |
| dass Ivan als neues Mitglied unserer Mannschaft weiter eine gute Leistung | |
| bringt.“ | |
| Auf dem letzten Gruppenfoto des denkwürdigen Abends, an dem Alexander | |
| Zverev ein nicht zu übersehendes, funkelndes Ausrufezeichen ans Ende des | |
| [2][Tennisjahres 2018] setzte, war die ganze Truppe inklusive Pudel Lövik | |
| in losgelöster Stimmung auf dem Boot zu sehen, mit dem sie jeden Tag auf | |
| der Themse zur Arena gefahren waren. | |
| Der Rest kann warten. Grand-Slam-Turniere, Weltrangliste? Erst mal egal. | |
| Bis zum 2. Dezember, morgens um 9; da steht der Trainingsbeginn für das | |
| Jahr 2019 auf dem Plan. | |
| 19 Nov 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Doris Henkel | |
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