# taz.de -- Pferderennen in Bremen: Die Gefahr rennt mit | |
> Auf der ehemaligen Bremer Galopprennbahn soll im September ein erstes | |
> Pferderennen stattfinden. Der Tierschutzverein protestiert. | |
Bild: Keine Seltenheit: Unfall beim Pferderennen wie hier im Januar in Wincanto… | |
BREMEN taz | Was aus dem Gelände der ehemaligen Bremer Galopprennbahn | |
zwischen Hemelingen und der Vahr einmal werden soll, ist noch ungewiss. Für | |
die Zwischenzeit werden trotzdem Pläne geschmiedet: Ein Schulgarten soll | |
angelegt werden, Bogenschütz*innen können die Fläche nutzen und im | |
September soll ein Bürgerfest stattfinden. Ebendieses Fest sorgt nun für | |
Ärger – denn Teil des Programms ist ein Pferderennen. Der Bremer | |
Tierschutzverein protestiert dagegen und fordert, ein „Bürgerfest ohne | |
Tierqual“ zu organisieren. | |
Nachdem im Mai letzten Jahres die Wohnbebauung der 30 Hektar großen Fläche | |
[1][per Volksentscheid abgelehnt] wurde, ist man auf der Suche nach einer | |
langfristigen Idee für das Areal. Im Juni kam deswegen zum ersten Mal ein | |
Runder Tisch zusammen, zu dem neben Vertreter*innen des Umwelt-, | |
Wirtschafts- und Sozialressorts auch Mitglieder der Bürgerinitiative | |
Rennbahngelände (BI) gehören. Die Gespräche werden sich voraussichtlich | |
über Jahre ziehen. Bis dahin kümmert sich die ZwischenZeitZentrale (ZZZ) um | |
die Nutzung des Geländes. | |
Die Bürgerinitiative lädt nun für den 19. September zum Bürgerfest samt | |
„Showrennen“ ein. Bei solchen Rennen, kritisiert der Tierschutzverein | |
Bremen, würden die oft sehr jungen Pferde unter enormem Stress und extremer | |
körperlicher Anstrengung leiden. Die Verletzungsgefahr für sie sei immens. | |
Vor über zwei Jahren fand das letzte Pferderennen auf der Galopprennbahn | |
statt. „Eigentlich waren wir froh, dass sich das Thema erledigt hatte“, | |
sagt Tanja Pollak vom Tierschutzverein. Tierschutz war aber nicht der Grund | |
für den Stopp der Rennen: 2016 hatte die Stadt den Pachtvertrag mit dem | |
Rennverein 1857 gekündigt, weil sie beabsichtigte, dort 1.000 Wohnungen zu | |
bauen. „Wir haben nicht freiwillig aufgehört, sondern auf Druck der | |
Regierung“, sagt Frank Lenk, Sprecher des Bremer Galopprennvereins. | |
Jetzt, nachdem klar ist, dass es keine Wohnungen geben wird, möchte der | |
Rennverein wieder mitspielen bei der Nutzung. Man sei im Gespräch mit der | |
ZZZ, sagt Lenk. Mittelfristig wolle man gerne wieder regelmäßige Rennen | |
dort veranstalten – das Bürgerfest soll nur der Auftakt sein. | |
„Ob das Fest überhaupt zustande kommt, müssen wir erst mal abwarten“, sagt | |
Pollak. Corona könne den Veranstaltern immer noch einen Strich durch die | |
Rechnung machen. Bei den Behörden angemeldet ist das Fest auch noch nicht. | |
Sollte es allerdings wie geplant stattfinden, werde der Tierschutzverein | |
aber „sicherlich mit einem Stand vertreten sein und die Leute aufklären“, | |
so Pollak. In einer Mitteilung appelliert der Verein „an die Veranstalter, | |
auf das Rennen zu verzichten“ und bittet Bürger*innen, „solch ein Fest | |
nicht zu besuchen.“ | |
Die Kritik am Pferderennsport ist nicht neu. L[2][aut der | |
ARD-Wissenschaftssendung Quarks und Caspers] sterben in Deutschland | |
jährlich 20 Pferde auf der Bahn oder direkt nach den Rennen. Wie viele im | |
Training getötet werden, ist unbekannt. Auf der Hamburger Rennbahn gab es | |
2018 und 2019 je zwei Todesfälle bei Rennen; auf der Bremer Bahn kam | |
zuletzt 2015 ein Pferd nach einem Beinbruch ums Leben – laut | |
Tierrechtsorganisation Peta die häufigste Todesursache bei Rennpferden. Die | |
Verletzungen sind meist so schwer, dass die Tiere noch auf der Bahn | |
eingeschläfert werden müssen. | |
Dazu kommt Kritik an den Trainingsbedingungen für die Tiere: Oft werden | |
schon zweijährige Pferde bei Rennen eingesetzt, bevor sie ausgewachsen | |
sind. Haltungsschäden und hoher Verschleiß der Gelenke können die Folge | |
sein, [3][so einige Tiermediziner*innen. Andere sehen] im frühen Training | |
durchaus auch eine hilfreiche Stärkung der Muskulatur. | |
Frank Lenk, seit sechs Jahren im Vorstand des Rennvereins Bremen, weist die | |
Kritik zurück. „Wir distanzieren uns ausdrücklich vom Vorwurf der | |
Tierquälerei“, so Lenk. „Das Wohl der Pferde und der Reiter hat für den | |
gesamten Galopprennsport oberste Priorität.“ An Renntagen befänden sich | |
Tierärzte und ein Tierschutzbeauftragter auf der Bahn. Galopprennen seien | |
für Pferde „die natürlichste sportliche Verwendung überhaupt.“ Jeder Spo… | |
bringe ein Verletzungsrisiko mit sich. | |
In seiner gesamten Zeit im Vorstand habe es weder Kontaktaufnahmen noch | |
Beanstandungen seitens des Tierschutzvereins gegeben. „Für einen | |
konstruktiven Austausch im Sinne des Tierwohls stehen wir jederzeit gern | |
zur Verfügung“, sagt er. Die aktuelle Kritik der Tierschützer*innen nehme | |
der Rennsportverein mit Verwunderung zur Kenntnis. | |
13 Aug 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Galopprennbahn-gegen-Wohnungen/!5599295/ | |
[2] https://www.youtube.com/watch?v=lR1JEUes6m0 | |
[3] /Ist-das-Derby-Tierquaelerei/!5317379/ | |
## AUTOREN | |
Mahé Crüsemann | |
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