# taz.de -- Paul Rusesabagina in Ruanda verhaftet: Filmheld unter Terrorverdacht | |
> Der Film „Hotel Ruanda“ machte Paul Rusesabagina als Retter von Tutsi im | |
> Völkermord berühmt. Jetzt wurde er unter Terrorverdacht verhaftet. | |
Bild: Retter oder Terrorist? Paul Rusesabagina auf einer Pressekonferenz seiner… | |
Berlin taz | Im preisgekrönten [1][Film „Hotel Ruanda“] wurde Paul | |
Rusesabagina, der ehemalige Vizemanager des Luxus-Hotels „Mille Collines“ | |
in Ruandas Hauptstadt Kigali, als Held gefeiert. Der Film aus dem Jahr 2004 | |
zeigte, wie Rusesabagina während des Völkermords an Ruandas Tutsi 1994 über | |
1.200 Menschen hinter den hohen Mauern seiner Hotelanlage vor den mordenden | |
Hutu-Milizen schützte. Das berühmte Hotel ist bis heute eine | |
Touristenattraktion und Treffpunkt der ruandischen Elite. | |
Am Montag wurde Rusesabagina in Ruanda festgenommen. Er werde verdächtigt, | |
„Gründer, Anführer, Sponsor sowie Mitglied einer gewalttätigen, bewaffneten | |
und extremistischen Terrorgruppe“ zu sein, erklärte die Ermittlungsbehörde | |
RIB. | |
Es geht um die MRCD (Ruandische Bewegung für demokratischen Wandel) sowie | |
die PDR-Ihumure (Partei für Demokratie) – beides [2][oppositionelle | |
Exilbewegungen gegen die Regierung des Präsidenten Paul Kagame]. | |
Rusesabagina gilt als Mitbegründer und Vorsitzender der MRCD. Deren | |
bewaffneter Flügel FNL (Nationale Befreiungsfront) hatte sich zu einem | |
[3][Überfall auf einen Bus im Nyungwe-Wald] im Süden Ruandas nahe der | |
Grenze zu Burundi im Jahr 2018 bekannt. Dabei wurden neun Passagiere | |
getötet. | |
Die FNL gehört, ebenso wie die von Rusesabigana gegründete PDR-Ihumure, zu | |
einer Vereinigung bewaffneter Exilgruppen, die sich im Osten der | |
Demokratischen Republik Kongo zusammengeschlossen haben, mit dem Ziel, | |
Kagames Regierung [4][mit Waffengewalt zu stürzen]. Dazu zählen auch Teile | |
der Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) sowie des | |
RNC (Ruandischer Nationalkongress). 2019 stellte Ruanda auf Rusesabagina | |
einen internationalen Haftbefehl aus. | |
## Zwei Deutungen | |
Wo er sich zuletzt aufhielt, war unklar. Rusesabagina lebt seit dem | |
Völkermord im Ausland: Als die Hutu-Milizen 1994 damit drohten, das Hotel | |
zu stürmen, schmuggelte er seine Familie mit einem Lastwagen zum Flughafen, | |
von wo sie ausgeflogen wurde. Sie lebt bis heute in Belgien. Er selbst | |
besitzt die belgische Staatsbürgerschaft und eine Aufenthaltserlaubnis in | |
den USA. | |
Kitty Kurth, Sprecherin der Hotel-Ruanda-Rusesabagina-Stiftung in Chicago, | |
erklärte, er habe noch vergangene Woche mit seiner Frau von Dubai aus | |
telefoniert. Dass er nun in Ruanda verhaftet wurde, gebe Rätsel auf. „Wir | |
glauben, er wurde gekidnappt“, so Kurth auf Facebook. | |
Rusesabaginas Geschichte steht für die unterschiedlichen Deutungen des | |
Völkermords 1994 international und in Ruanda selbst. Während der damalige | |
Hotelmanager, Sohn einer Tutsi-Mutter und eines Hutu-Vaters, im Film als | |
Retter dargestellt wird, deutet Ruandas staatliche Kommission zum Kampf | |
gegen Genozid (CNLG) seine damalige Rolle anders. | |
Rusesabagina habe als Spion für die völkermörderische Hutu-Regierung | |
gearbeitet, heißt es in einer [5][Erklärung der CNLG]: Die Geflüchteten in | |
seinem Hotel habe er erniedrigt und bestohlen. Dank seiner internationalen | |
Kontakte habe er sich später als Retter dargestellt, um als Ikone in die | |
Geschichte einzugehen. | |
1 Sep 2020 | |
## LINKS | |
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[3] /Ruanda-und-Burundi-im-Clinch/!5559045/ | |
[4] /Ueberfall-in-Ruanda/!5631382/ | |
[5] https://cnlg.gov.rw/index.php?id=87&tx_news_pi1%5Bnews%5D=4228&tx_n… | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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