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# taz.de -- SPD-Linke über Olaf Scholz' Kandidatur: „Nicht in Jubelorgien ei…
> Scholz wird Kanzlerkandidat – und plötzlich scheinen auch die
> Parteilinken zufrieden mit dem einstigen Intimfeind. Was ist da los,
> Hilde Mattheis?
Bild: Olaf Scholz verkündete seine Kanzlerkandidatur zusammen mit den SPD-Vors…
taz: Frau Mattheis, lange wurde spekuliert, jetzt kam es doch etwas
plötzlich: [1][Olaf Scholz ist SPD-Kanzlerkandidat.] Stehen Sie hinter
dieser Entscheidung?
Hilde Mattheis: Ich bin nicht im Bundesvorstand, habe also nicht
abgestimmt. Die Entscheidung ist gefallen. Jetzt gilt es, zu kommunizieren,
wie diese Entscheidung zustande kam. Gute persönliche Umfragewerte sind
nicht übertragbar auf bessere Umfragewerte der Partei. Das haben wir bei
vergangenen Kandidaturen schon erfahren.
Wie bei Peer Steinbrück in der Bundestagswahl 2013?
Ja, da wurde davon ausgegangen, dass sich seine hohen Umfragewerte auf die
Partei übertragen. Dem war nicht so. Deshalb werde ich nicht in diese
Jubelorgie einsteigen.
Die Entscheidung für Olaf Scholz wurde nicht besonders transparent
getroffen. Ist diese Vorgehensweise nicht schwierig, wenn man eigentlich
mehr Mitbestimmung anstrebt?
Wir haben uns vor einem Jahr auf den Weg gemacht, eine hohe Transparenz und
eine hohe Basisentscheidungsmöglichkeit zu organisieren. Das ist die Art
der Kommunikation, die versprochen wurde. Man hätte die Möglichkeit
eröffnen müssen, auch andere Kandidaturen zuzulassen. Aber das war ja eine
„closed-shop-Entscheidung“, nach dem Motto: Alle die jetzt noch kommen,
stören nur. Das entspricht nicht dem, was wir uns als Partei versprochen
haben.
Jetzt aber zur Person Olaf Scholz selbst: Was halten Sie von ihm?
Ich habe ihn in der Fraktion und als Vize-Kanzler als einen zuverlässigen,
bodenständigen und fairen Menschen kennengelernt. Das würde ich auch nie
relativieren. Aber die Kernfrage ist doch: Kann ein Kanzlerkandidat mit so
vielen Altlasten die Glaubwürdigkeit der Partei erhöhen?
Im August 2019 haben auch Sie ihre Kandidatur als SPD-Vorsitzende im Duo
mit Verdi-Gewerkschaftssekretär Dierk Hirschel bekannt gegeben. Im Oktober
haben Sie die Kandidatur aber zurückgezogen, weil sie eine linke Spitze
wahrscheinlicher machen wollten.
Diese Rechnung ist ja auch aufgegangen.
Die [2][Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans] waren
bisher um einen linken Kurs bemüht. Aber nun ist Agendapolitiker Olaf
Scholz Kanzlerkandidat. Glauben Sie, dass die Wähler*innen das
nachvollziehen können?
Das frage ich mich auch. Die richtige Vorgehensweise lautet: Personen
folgen Inhalten. Aber jetzt gibt es eine inhaltliche Diskrepanz. Wir haben
auf dem Weg der Erneuerung eine klare linke, sozialdemokratische
Profilierung angepeilt. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung wirkt die
Entscheidung für Scholz wie das Drücken der Reset-Taste – alles zurück auf
Anfang. Das finde ich sehr problematisch.
Wer hätte denn sonst antreten können?
Jetzt bringt es nichts über Namen zu sprechen, es ist ja schon entschieden.
Aber wenn Sie sich die Führungsriege der Partei anschauen, gibt es doch
etliche, die überzeugen. Das würde auch Olaf Scholz nicht bestreiten, dass
auch andere eine Kanzlerschaft gut ausgefüllt hätten.
Nennen Sie Namen?
Nein. Das bringt doch in dieser Situation nichts.
Bislang haben sich fast alle in der SPD hinter die „Entscheidung Scholz“
gestellt. Ist das nur Parteiräson oder knirscht es im Hintergrund?
Wenn sich alle dahinter stellen, dann knirscht es ja wohl nicht. Das Forum
Demokratische Linke 21 repräsentiert offenbar nicht die Mehrheit. Aber man
darf ja noch fragen dürfen: Wie ist die Entscheidung zustande gekommen und
war es die richtige Entscheidung? Es steht viel auf dem Spiel für die SPD.
Wir dümpeln bei 14, 15 Prozent. Daher möchte ich mir eigentlich nicht mit
ansehen, wie wir versuchen, mit der gleichen Methode andere Ergebnisse zu
bekommen. Das kann ich nicht nachvollziehen.
Wie kann es jetzt weitergehen?
Die Herausforderung für uns Linke ist es, was die Inhalte anbelangt eine
klare Aufstellung der Partei zu haben. Es darf nicht sein, dass die
Forderung von Steinbrück nach mehr „Beinfreiheit“, uns wieder unterbreitet
wird.
Wird das Programm der SPD zu Scholz passen oder umgekehrt?
Wenn das Programm nach dieser Personal-Entscheidung ausgerichtet werden
würde, wäre das der größte Fehler, den die SPD machen kann.
Macht denn die Entscheidung für Scholz ein Bündnis aus Grüne, SPD und Linke
wahrscheinlicher?
Nein.
11 Aug 2020
## LINKS
[1] /Olaf-Scholz-wird-SPD-Kanzlerkandidat/!5701994
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## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
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