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# taz.de -- Schulstart in Berlin: Mit gemischten Gefühlen
> Am 10. August beginnt der Schulbetrieb unter Corona-Bedingungen. Was
> sagen die Betroffenen dazu? Wir haben drei SchülerInnen um ihre Meinung
> gebeten.
Bild: Das Gebot der Stunde (in einem Flur einer Grundschule hängend)
Berlin taz | Ab 10. August 2020 können mehr als 335.000 SchülerInnen wieder
(fast) normal in die Schule gehen, etwa 37.000 Erstklässler starten am
Samstag, dem 15. August, darauf. Welche Vorgaben gibt es? Und wie sind die
Erwartungen unter den SchülerInnen? Drei von ihnen kommen hier zu Wort:
## Tomke: „Homeschooling ist auf jeden Fall besser“
Ich freu mich nicht auf die Schule, weil Schule einfach blöd ist, ziemliche
Zeitverschwendung. Homeschooling ist viel nicer, und vor allem viel
effizienter. Man fängt an, wann man will, kann sich selber was anlesen,
wenn man die Sachen nicht sofort kapiert und ist viel schneller fertig, als
wenn man die gleichen Sachen in der Schule machen würde. Also, in dem
Schulsystem, was es aktuell gibt, finde ich Homeschooling auf jeden Fall
besser.
In der ganzen Coronazeit hab ich fast alles gemacht, was wir von der Schule
über die Lernplattform und so bekommen haben. Ich hab pro Tag maximal eine
bis anderthalb Stunden gebraucht und manchmal hab ich drei Tage gar nichts
gemacht. In der Schule hätte ich jeden Tag sechs bis acht Stunden
verbracht, weil da immer total viel geredet und erklärt wird. Und dann
bekommt man auch immer jede Menge ziemlich sinnlose Arbeitsblätter, die man
da noch ausfüllen muss. Ich hatte das Gefühl, beim Homeschooling haben sich
die Lehrer mehr auf das Wesentliche konzentriert, also nur die Sachen
rumgeschickt, die wirklich wichtig waren.
Besser wäre freiwilliger Unterricht. Es gäbe pro Woche bestimmte Aufgaben,
die du machen musst. Wenn du schlau bist, kannst du dir das selber
erarbeiten. Aber wenn du irgendwas nicht kapierst oder in einem Fach
generell Probleme hast, kannst du dich für Präsenzunterricht anmelden und
dann erklärt das da noch mal jemand, so ganz klassisch. Das ist dann nicht
pro Klasse, sondern pro Jahrgang. Fremdsprachen sind Pflicht, da muss man
in den Unterricht. Aber nicht, um Arbeitsblätter auszufüllen, sondern um
sprechen und verstehen zu lernen und die Grammatikregeln.
Mit so einem System müsste man auch gar nicht so viel über Abstandsregeln
und Gruppengrößen zu reden, weil dann generell nie so viele auf einmal in
der Schule wären. Wer will, trägt sich dann halt für viele Kurse ein, wer
schlau ist, nur für wenige. Und alle, deren Eltern sich keinen PC für die
Kinder leisten können, würden einen von der Schule geliehen bekommen. Man
bräuchte dann auch viel weniger Schulbücher.
Aber so ist es ja leider alles nicht. Und auf das, was da nach den Ferien
kommt, freut sich von meinen Freunden keiner.
Protokoll: Gaby Coldewey
Tomke ist 14 Jahre alt und kommt in die 9. Klasse eines Pankower
Gymnasiums.
## Rosa: „Freunde wiederzusehen gibt Sicherheit“
Auf den Schulbeginn freue ich mich. Wir bekommen zwei neue Fächer, und
endlich sehe ich auch alle meine Freunde wieder, nicht nur die wenigen, die
ich in den Ferien ab und zu treffen konnte. Meine Mitschüler nicht zu sehen
war das deutlichste Zeichen, dass etwas gerade nicht in Ordnung ist. Sie
wiederzutreffen gibt mir ein Gefühl von Sicherheit.
Dennoch habe ich eigentlich keine Angst wegen Corona. Ich frage mich aber,
ob meine Grundschule es schafft, für Hygiene zu sorgen. Vor den Ferien gab
es zum Beispiel kein Desinfektionsmittel auf den Toiletten. Für Kinder, die
etwas ängstlicher sind als ich, wäre das sehr wichtig.
Ich finde es nicht toll, aber okay, wenn wir auf dem Weg ins Klassenzimmer
einen Mundschutz tragen müssen. Ich bin aber froh, dass wir das nicht im
Klassenzimmer und im Unterricht tun müssen. Mir fällt damit das Atmen
schwerer, und wenn es jetzt 32 Grad zum Schulbeginn werden, schwitzt man
darunter total. Es ist auch wichtig, dass man im Unterricht nicht immer nur
an die Maske denken muss, ob sie auch richtig sitzt oder so.
Sicher wird es Kinder geben, die die Maskenpflicht nicht wichtig finden.
Sie haben keinen Respekt vor Menschen, die zur Risikogruppe gehören. Man
sollte ihnen klarmachen, dass es so nicht geht. Aber ich glaube, alle die,
die sich nicht unbedingt für einen Superhelden halten, werden die
Maskenpflicht befolgen.
Am Donnerstag hat mir die Schule mitgeteilt, dass der Unterricht für mich
erst um 8.25 beginnt. Da gehe ich dann mal hin.
Protokoll: Bert Schulz
Rosa (10), 5. Klasse einer Grundschule in Prenzlauer Berg.
## Melis: „Wenn Schulen wieder öffnen, dann richtig“
Ich freue mich mittelmäßig auf die Schule, weil es ziemlich schwierig ist,
sich wieder ans normale Leben zu gewöhnen. Das Positive daran ist aber,
dass ich meine Freunde nach fast fünf Monaten Isolation wiedersehen kann.
Ich finde es nicht gut, dass in den Klassenräumen weder auf Abstand
geachtet noch Maske getragen wird. Wenn man schon die Schulen wieder
öffnet, dann richtig und nicht so halbe Sachen. Als würde das Virus drum
herumgehen. Für Familien, die eine Person im Haushalt haben, die
vorerkrankt ist, finde ich das ziemlich unschlau gelöst. Während eine
Pandemie hier umherschwirrt, sollte sich jeder eher um sich, seine Familie
und die Gesundheit kümmern und nicht um Noten und die Arbeit. Und ich finde
immer noch, dass Homeschooling viel besser ist, weil man den Tag selbst
gestalten konnte.
Leider muss ich nochmal etwas bad vibes verbreiten, indem ich sage: Es gibt
noch Corona und die Zahlen steigen täglich. Also vielleicht das Bier im
Lieblingsrestaurant vermeiden und lieber zu Hause trinken?
Corona hat auch was Gutes an sich, denn jeder hat in der letzten Zeit über
sein Leben nachgedacht. Und mich hat es jedes Mal gefreut, wenn Menschen
erzählt haben, wie sie bedürftigen Menschen geholfen haben. Ich finde, das
Füreinander-da-Sein sollte man beibehalten.
Ich wünsche allen, die Corona besiegt haben oder noch dabei sind, ganz viel
Kraft. Allen anderen, die gesund sind: Bleibt es hoffentlich weiterhin und
lest, telefoniert mit euren Liebsten und ruht euch ganz viel aus.
Melis,13, Schülerin der 8. Klasse in Tempelhof-Schöneberg, hat diesen Text
selbst geschrieben.
9 Aug 2020
## AUTOREN
Gaby Coldewey
Bert Schulz
## TAGS
Schulstart
Maskenpflicht
Jugendliche
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Katrin Lompscher
Schwerpunkt Coronavirus
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Schwerpunkt Coronavirus
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