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# taz.de -- Datenschutz bei Corona-Maßnahme: Groko will kein Gästelistengesetz
> Wer im Restaurant isst, muss wegen Corona seine Kontaktdaten hinterlegen.
> Darf die Polizei sie nutzen? Die Bundesregierung will dazu keine klaren
> Regeln.
Bild: Eine Goldgrube für polizeiliche Ermittlungen? Die Groko sieht keinen Bed…
Berlin/Mainz dpa | Das Bundesjustizministerium will den [1][Zugriff auf
Daten sogenannter Corona-Gästelisten] durch die Polizei aktuell nicht
gesetzlich regeln. Die Bundesregierung plane nicht, ein Begleitgesetz dazu
auf den Weg zu bringen, heißt es in einer Auskunft des Ministeriums an den
tourismuspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Marcel Klinge.
Sie liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
„Die Verwendung der Daten durch Ermittlungsbehörden zur Aufklärung von
Straftaten begegnet aus Sicht der Bundesregierung keinen Bedenken, wenn und
soweit die entsprechenden gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden“,
schreibt der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesjustizministeriums,
Christian Lange (SPD), in der auf den 27. Juli datierten Antwort. Der
Zugriff sei durch die Strafprozessordnung geregelt und benötige ohnehin die
Zustimmung eines Richters.
Die Beschlagnahmung und Auswertung sei nicht schon bei jeglichem
Anfangsverdacht einer Straftat statthaft, heißt es in dem Schreiben.
„Sondern nur dann, wenn die bei den Gastwirten gespeicherten Daten für die
Untersuchung, beispielsweise zur Ermittlung der Identität von Zeugen, von
Bedeutung sein können.“ Dabei müsse der Zugriff auch in einem angemessenen
Verhältnis zur Schwere der Tat stehen.
FDP-Politiker Klinge kritisierte: „Die Bundesregierung scheint nicht
verstanden zu haben, dass die Bürger ihre persönlichen Daten nicht einfach
so ungeregelt hergeben wollen.“ Damit sich Gäste sicher und vertrauensvoll
in der Gastronomie registrierten, müsse die Bundesregierung ein
Begleitgesetz auf den Weg bringen, das festlege, dass die Daten nur zur
Verfolgung von [2][Coronavirus]-Infektionen genutzt werden. „Wenn das
Vertrauen von Gästen und Wirten in die Corona-Gästelisten noch weiter
gestört wird, wird es mehr falsche Angaben geben. Damit ist niemandem
geholfen“, sagte Klinge.
Gaststätten sind verpflichtet, persönliche Daten ihrer Gäste zu sammeln,
damit die Gesundheitsämter mit deren Hilfe im Falle einer
Covid-19-Erkrankung weitere potenziell infizierte Personen identifizieren
können. Zuletzt wurden in mehreren Bundesländern Fälle bekannt, in denen
Gästedaten auch zur Strafverfolgung genutzt wurden.
Am Montag hatte der rheinland-pfälzische Datenschutzbeauftragte Dieter
Kugelmann gefordert, die Bundesregierung müsse dafür eine gesetzliche
Grundlage schaffen. Es brauche hohe Hürden für die Polizei, sagte Kugelmann
der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
„Wer im Biergarten sitzt, darf nicht später von der Polizei aufgrund des
Eintrags in eine Corona-Gästeliste befragt werden, wenn es um die
Aufklärung einer Ordnungswidrigkeit, einer kleineren Sachbeschädigung oder
eines Falschparkens in der Nähe geht“, betonte Kugelmann. „Dies könnte
unverhältnismäßig sein.“ Wenn die Polizei die Gästelisten etwa bei
Ermittlungen zu schweren Straftaten wie Mord oder Totschlag wirklich für
ihre Arbeit brauche, biete mit einem solchen Gesetz ein richterlicher
Beschluss Rechtssicherheit.
5 Aug 2020
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