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# taz.de -- US-Wahlkampf nach Kenosha: Welche Botschaft kommt besser an?
> Während die Republikaner*innen die Gewaltanwendung weißer Milizen
> gutheißen, grenzt sich US-Demokrat Joe Biden von der Gewalt der
> Protestierenden ab.
Bild: Gehen gegen rassistische Polizeigewalt auf die Straße: US-Amerikaner*inn…
Die Ereignisse in Kenosha, Wisconsin, die jüngsten in einer ganzen Reihe
von intensiver Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA, haben auf dem seit
Montag laufenden republikanischen Nominierungsparteitag praktisch keine
Rolle gespielt. Die Proteste dagegen allerdings schon: Viele Redner*innen
beschworen die Gefahr, die von einem Wahlsieg des demokratischen
Herausforderers Joe Biden ausgehe: Dann nämlich würde der gewalttätige Mob,
der die US-amerikanischen Städte zerstöre, endgültig die Oberhand gewinnen.
[1][Auf den 17-jährigen Waffenfan, der mutmaßlich am Dienstag zwei Menschen
in Kenosha erschoss], ging beim Parteitag niemand ein. Das kann an den
zahlreichen, schon Tage zuvor aufgenommenen Videoclips gelegen haben, die
den virtuellen Parteitag ausmachten. Wahrscheinlicher aber ist, dass Kyle
R. Teil einer Wählergruppe ist, die Trump und die Republikaner auf keinen
Fall verschrecken wollen.
Auf Twitter etwa kommentierte die Rechts-außen-Publizistin Ann Coulter zu
einem Bild von Kyle R.: „Ich will ihn als Präsidenten!“ Und am zweiten Tag
des Parteitags war jenes Paar aus St. Louis geladen, das im Juni die
Teilnehmer*innen einer Black-Lives-Matter-Demonstration vor ihrer Haustür
mit Waffen bedroht hatte. Ihre Message: Schützt die Vorstädte vor dem Mob!
In diesem Punkt vereinigen sich drei – allesamt falsche – Botschaften, mit
denen die Republikaner*innen ihre Wähler*innenschaft zu mobilisieren
suchen: Die Demokrat*innen unterstützen Brandstiftung und Plünderungen, sie
wollen die Mittel für die Polizei streichen und den Leuten auch noch ihre
Waffen wegnehmen.
Was zu anderen Zeiten einfach nur plumpe Wahlkampfslogans wären, kann
derzeit allerdings tödlich enden: Wer die drei Botschaften ernst nimmt,
steht womöglich dann mit seinem Gewehr am Rande einer Demonstration gegen
Polizeigewalt, und am Schluss sind zwei Menschen tot und einer liegt schwer
verletzt im Krankenhaus. Fox-Moderator Tucker Carlson fragte rhetorisch, ob
sich irgendjemand darüber wundere, dass sich Kyle R. berufen fühle, für den
Schutz von Privateigentum bewaffnet auf die Straße zu gehen, wenn die
staatlichen Sicherheitskräfte ihren Job nicht machen würden.
## Verunsicherung auch auf demokratischer Seite
Die Schwarze Wahlbevölkerung scheinen die Republikaner*innen dabei völlig
aufgegeben zu haben. Laut der jüngsten Umfrage des
[2][Pew-Forschungsinstituts] lehnen 88 Prozent der Schwarzen Erwachsenen
Donald Trumps Amtsführung ab – und das dürfte sich durch diese unverhohlen
an die weiße Vorstadtbevölkerung gerichteten Wahlkampfbotschaften auch
nicht ändern.
Dennoch standen in den ersten Tagen des virtuellen Parteitags auch einige
Schwarze Redner*innen vor den Mikrofonen, um Trump zu loben, der in knapp
vier Jahren Amtszeit mehr für Schwarze getan habe als Joe Biden in 50
Jahren politischer Tätigkeit. Auf diesem Narrativ hatte Trump vor Beginn
der Coronapandemie eigentlich seinen Wahlkampf aufbauen wollen, als durch
eine gut laufende Wirtschaft die Arbeitslosigkeit der Schwarzen Bevölkerung
extrem niedrig war. Vorbei.
Heute und in Zeiten [3][gesteigerten Bewusstseins für den Umgang der
bewaffneten Staatsorgane mit Schwarzen] und People of Color klingen solche
Versicherungen nur noch hohl. Und die Einzige, die in den ersten drei Tagen
des republikanischen Parteitags offen aussprach, dass die USA mehr tun
müssten, um Ungerechtigkeiten zwischen Schwarz und Weiß zu überwinden, war
First Lady Melania Trump.
Die permanenten Attacken scheinen angesichts der heftigen Ausschreitungen
wie zuletzt in Kenosha auch auf demokratischer Seite zu Verunsicherung zu
führen. In einer am Mittwoch veröffentlichten Videobotschaft verurteilte
Präsidentschaftskandidat Joe Biden zwar die Polizeischüsse auf Jacob Blake,
mit dessen Familie er zuvor gesprochen hatte, wandte sich aber auch an die
Protestierenden und erklärte klar, Brandstiftungen und Sachbeschädigungen
sein einfach falsch.
Im Klartext: Während die Republikaner*innen die Gewaltanwendung weißer
Milizen recht offen gutheißen, sieht sich Biden gezwungen, sich klar von
jeder Gewalt der Protestierenden abzugrenzen. Ein Spiegel dessen, welche
Botschaft wohl gerade stärker ankommt.
27 Aug 2020
## LINKS
[1] /Festnahme-in-US-Stadt-Kenosha/!5710320&s=Kenosha/
[2] https://www.pewresearch.org/
[3] /Gewaltdarstellung-im-Journalismus/!5704426&s=Kenosha/
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Wisconsin
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Republikaner
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Schwerpunkt Rassismus
Ivanka Trump
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Gewalt
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gehen.
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