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# taz.de -- Anzeigenverkauf beim Weser-Kurier: Ein Fall für den Presserat?
> Die Werbeabteilung des Weser-Kurier bietet AnzeigenkundInnen bezahlte
> „journalistische Begleitung“ an. Das widerspricht journalistischen
> Prinzipien.
Bild: Wirbt gern für sich und für andere: Der Weser-Kurier
Bremen taz | Die Trennung von Redaktion und Verlag ist eines der ethischen
Grundprinzipien von journalistischer Arbeit. LeserInnen seriöser Zeitungen
sollen sich darauf verlassen können, dass Anzeigenkunden nicht mit Geld
Einfluss nehmen können auf die journalistische Berichterstattung. Um so
verwunderlicher ist es, wie der Weser-Kurier für die Leistungen seiner
Anzeigenabteilung wirbt.
„Tausende Werbebotschaften buhlen täglich um das Interesse potenzieller
Kunden. In Einheitsbrei, PR-Geschwafel und Werbesprech“, so drastisch
wertet die Anzeigenabteilung des Weser-Kurier ihre eigene Arbeit auf der
Webseite [1][wkmanufaktur.de.] Aber natürlich nur, um dann das besondere
Angebot seiner „Manufaktur“ anzupreisen: „Unsere Redakteure erzählen Ihre
Geschichte so fesselnd wie informativ, während unsere Grafiker gedruckten
und digitalen Formaten die Würze verleihen, die sie brauchen.“
RedakteurInnen erzählen die Geschichte der AnzeigenkundInnen? Die Webseite
erläutert: „Storytelling und Branded Content. Das sind die zwei Begriffe,
die in Kürze das repräsentieren, was Ihnen unsere Redakteure in Text,
Stand- und Bewegtbild zu bieten haben. Mit ihrer langjährigen Erfahrung im
Zeitungs- und Mediengeschäft hören sie zu, schreiben auf.“
Und nicht nur das. Die Werbeabteilung des Weser-Kurier bietet an: „Wir
organisieren Ihre Konferenz.“ Die „WK-Manufaktur“ bietet an, das Programm
auszuarbeiten, „inhaltlich wie gedruckt“ und besorgt ReferentInnen – und
dann kommt der Satz, der es in sich hat: „Ob Ticker oder Nachbericht – auch
die journalistische Begleitung übernehmen wir für Sie.“ Heißt das, dass
Veranstalter die Konferenz-Organisation mit anschließendem „Nachbericht“
angeboten wird?
## Wer ist die „Redaktion“?
Das wäre ein eindeutiger Fall für den Deutschen Presserat. Dieses Gremium
wacht über die ethischen Prinzipien des Journalismus und insbesondere über
die Trennung von Redaktion und Werbeabteilung des Verlages. Von ihm hat
sich der Weser-Kurier [2][im März des Jahres 2012 schon einmal eine Rüge]
eingefangen.
Denn auf seiner Immobilienseite standen Texte, die für den Kauf einer
Eigentumswohnung warben, gleich mit Telefonnummer der Ansprechpartner der
Immobilienfirma. Die kosteten je nach Platzierung einige tausend Euro, so
stand es in Werbeprospekten, die den Immobilienfirmen zugestellt worden
waren.
Nachdem der Fall in der taz öffentlich gemacht worden war, befasste der
Presserat sich damit – und kam zu dem Ergebnis, dass es sich um einen
eindeutigen Verstoß gegen das Gebot der Trennung von Werbung und Redaktion
handelte. Seitdem steht auf der Immobilienseite klein das Wort „Anzeige“.
Die Versprechen der „WK-Manufaktur“ könnten den Presserat wieder
interessieren. Der Verlagsleiter des Weser-Kurier, David Koopmann, erklärte
auf Anfrage der taz zwar, mit dem Wort „Redakteure“ seien
selbstverständlich „Sonderthemen-Redakteure“ gemeint. Und insofern würde
die Zeitung „hier viel besser als vielleicht andere Medienhäuser“ Redaktion
und Anzeigen-Akquisition trennen. Aber der Werbetext spricht ausdrücklich
von „Redaktion“ und erklärt nirgends, dass damit nicht die Redaktion des
Weser-Kurier gemeint sein soll.
Vor dem Bremer Landgericht hat der Weser-Kurier vor zwei Jahren schon
[3][einmal Probleme mit einer eigenwilligen Bezeichnung] gehabt. Er warb
für Beilagen mit einer hohen Zahl von „Abos“ – damit sei aber nicht die
Zahl der AbonnentInnen gemeint, erklärte er dem Gericht. Die Richter fanden
das nicht überzeugend und verurteilten ihn, solche Wettbewerbsverzerrungen
zu unterlassen.
27 Aug 2020
## LINKS
[1] https://wkmanufaktur.de/
[2] /Der-Presserat-kann-sich-nur-wundern/!5095545
[3] /Ueberhoehte-Abo-Zahlen/!5529850
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
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